Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.Gemüthes ist es daher ein Bedürfniß, die physischen Erscheinungen auf der Erde bis zu ihrem äußersten Gipfel, bis zur Formentwickelung der Vegetabilien und der sich selbst bestimmenden Bewegung im thierischen Organismus zu verfolgen. So schließt sich die Geographie des Organisch-Lebendigen (Geographie der Pflanzen und Thiere) an die Schilderung der anorganischen Naturerscheinungen des Erdkörpers an. Ohne hier die schwierige Frage zu erörtern über das "sich selbst Bewegende", d. h. über den Unterschied des vegetabilischen und thierischen Lebens, müssen wir zuerst nur darauf aufmerksam machen, daß, wenn wir von Natur mit microscopischer Sehkraft begabt, wenn die Integumente der Pflanzen vollkommen durchsichtig wären, das Gewächsreich uns nicht den Anblick von Unbeweglichkeit und Ruhe darbieten würde, in welcher es jetzt unseren Sinnen erscheint. Die inneren Theile des Zellenbaues der Organe sind unaufhörlich durch die verschiedenartigsten Strömungen belebt. Es sind: Rotations-Strömungen, auf- und absteigend, sich verzweigend, ihre Richtungen verändernd, durch die Bewegung körnigen Schleims offenbart, in Wasserpflanzen (Najaden, Characeen, Hydrochariden) und in den Haaren phanerogamischer Landpflanzen; eine wimmelnde, von dem großen Botaniker Robert Brown entdeckte Molecularbewegung, welche freilich außerhalb der Organe bei jeder äußersten Theilung der Materie ebenfalls bemerkbar wird; die kreisende Strömung der Milchsaft-Kügelchen (Cyclose) in einem System eigener Gefäße; endlich die sonderbaren, sich entrollenden, gegliederten Fadengefäße in den Antheridien der Chara und den Reproductions-Organen der Lebermoose und Tang-Arten, Gemüthes ist es daher ein Bedürfniß, die physischen Erscheinungen auf der Erde bis zu ihrem äußersten Gipfel, bis zur Formentwickelung der Vegetabilien und der sich selbst bestimmenden Bewegung im thierischen Organismus zu verfolgen. So schließt sich die Geographie des Organisch-Lebendigen (Geographie der Pflanzen und Thiere) an die Schilderung der anorganischen Naturerscheinungen des Erdkörpers an. Ohne hier die schwierige Frage zu erörtern über das „sich selbst Bewegende“, d. h. über den Unterschied des vegetabilischen und thierischen Lebens, müssen wir zuerst nur darauf aufmerksam machen, daß, wenn wir von Natur mit microscopischer Sehkraft begabt, wenn die Integumente der Pflanzen vollkommen durchsichtig wären, das Gewächsreich uns nicht den Anblick von Unbeweglichkeit und Ruhe darbieten würde, in welcher es jetzt unseren Sinnen erscheint. Die inneren Theile des Zellenbaues der Organe sind unaufhörlich durch die verschiedenartigsten Strömungen belebt. Es sind: Rotations-Strömungen, auf- und absteigend, sich verzweigend, ihre Richtungen verändernd, durch die Bewegung körnigen Schleims offenbart, in Wasserpflanzen (Najaden, Characeen, Hydrochariden) und in den Haaren phanerogamischer Landpflanzen; eine wimmelnde, von dem großen Botaniker Robert Brown entdeckte Molecularbewegung, welche freilich außerhalb der Organe bei jeder äußersten Theilung der Materie ebenfalls bemerkbar wird; die kreisende Strömung der Milchsaft-Kügelchen (Cyclose) in einem System eigener Gefäße; endlich die sonderbaren, sich entrollenden, gegliederten Fadengefäße in den Antheridien der Chara und den Reproductions-Organen der Lebermoose und Tang-Arten, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0387" n="368"/> Gemüthes ist es daher ein Bedürfniß, die physischen Erscheinungen auf der Erde bis zu ihrem äußersten Gipfel, bis zur Formentwickelung der Vegetabilien und der <hi rendition="#g">sich selbst bestimmenden</hi> Bewegung im thierischen Organismus zu verfolgen. 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Gemüthes ist es daher ein Bedürfniß, die physischen Erscheinungen auf der Erde bis zu ihrem äußersten Gipfel, bis zur Formentwickelung der Vegetabilien und der sich selbst bestimmenden Bewegung im thierischen Organismus zu verfolgen. So schließt sich die Geographie des Organisch-Lebendigen (Geographie der Pflanzen und Thiere) an die Schilderung der anorganischen Naturerscheinungen des Erdkörpers an.
Ohne hier die schwierige Frage zu erörtern über das „sich selbst Bewegende“, d. h. über den Unterschied des vegetabilischen und thierischen Lebens, müssen wir zuerst nur darauf aufmerksam machen, daß, wenn wir von Natur mit microscopischer Sehkraft begabt, wenn die Integumente der Pflanzen vollkommen durchsichtig wären, das Gewächsreich uns nicht den Anblick von Unbeweglichkeit und Ruhe darbieten würde, in welcher es jetzt unseren Sinnen erscheint. Die inneren Theile des Zellenbaues der Organe sind unaufhörlich durch die verschiedenartigsten Strömungen belebt. Es sind: Rotations-Strömungen, auf- und absteigend, sich verzweigend, ihre Richtungen verändernd, durch die Bewegung körnigen Schleims offenbart, in Wasserpflanzen (Najaden, Characeen, Hydrochariden) und in den Haaren phanerogamischer Landpflanzen; eine wimmelnde, von dem großen Botaniker Robert Brown entdeckte Molecularbewegung, welche freilich außerhalb der Organe bei jeder äußersten Theilung der Materie ebenfalls bemerkbar wird; die kreisende Strömung der Milchsaft-Kügelchen (Cyclose) in einem System eigener Gefäße; endlich die sonderbaren, sich entrollenden, gegliederten Fadengefäße in den Antheridien der Chara und den Reproductions-Organen der Lebermoose und Tang-Arten,
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