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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.

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keitsbestimmer dienen kann. Wichtige Witterungsveränderungen haben nicht eine örtliche Ursach an dem Beobachtungsorte selbst; sie sind Folgen einer Begebenheit, die in weiter Ferne durch Störung des Gleichgewichts in den Luftströmungen begonnen hat, meist nicht an der Oberfläche der Erde, sondern in den höchsten Regionen: kalte oder warme, trockene oder feuchte Luft herbeiführend, die Durchsichtigkeit der Luft trübend oder aufheiternd, die gethürmte Haufenwolke in zartgefiederten Cirrus umwandelnd. Weil also Unzugänglichkeit der Erscheinungen sich zu der Vervielfältigung und Complication der Störungen gesellt, hat es mir immer geschienen, daß die Meteorologie ihr Heil und ihre Wurzel wohl zuerst in der heißen Zone suchen müsse: in jener glücklichen Region, wo stets dieselben Lüfte wehen, wo Ebbe und Fluth des atmosphärischen Druckes, wo der Gang der Hydrometeore, wo das Eintreten electrischer Explosionen periodisch wiederkehrend sind.

Nachdem wir, den ganzen Umfang des anorganischen Erdenlebens durchlaufend, den Planeten in seiner Gestaltung, seiner inneren Wärme, seiner electro-magnetischen Ladung, seinem Lichtprocesse an den Polen, seiner Vulcanismus genannten Reaction gegen die starre, mannigfach zusammengesetzte, äußere Rinde, endlich in den Erscheinungen seiner zwiefachen äußeren Hüllen (des Oceans und des Luftmeers) mit wenigen Zügen geschildert haben; könnte nach der älteren Behandlung der physischen Erdbeschreibung das Naturbild als vollendet betrachtet werden. Wo aber die Weltansicht zu einem höheren Standpunkte sich zu erheben strebt, würde jenes Naturbild seines anmuthigsten Reizes beraubt erscheinen,

keitsbestimmer dienen kann. Wichtige Witterungsveränderungen haben nicht eine örtliche Ursach an dem Beobachtungsorte selbst; sie sind Folgen einer Begebenheit, die in weiter Ferne durch Störung des Gleichgewichts in den Luftströmungen begonnen hat, meist nicht an der Oberfläche der Erde, sondern in den höchsten Regionen: kalte oder warme, trockene oder feuchte Luft herbeiführend, die Durchsichtigkeit der Luft trübend oder aufheiternd, die gethürmte Haufenwolke in zartgefiederten Cirrus umwandelnd. Weil also Unzugänglichkeit der Erscheinungen sich zu der Vervielfältigung und Complication der Störungen gesellt, hat es mir immer geschienen, daß die Meteorologie ihr Heil und ihre Wurzel wohl zuerst in der heißen Zone suchen müsse: in jener glücklichen Region, wo stets dieselben Lüfte wehen, wo Ebbe und Fluth des atmosphärischen Druckes, wo der Gang der Hydrometeore, wo das Eintreten electrischer Explosionen periodisch wiederkehrend sind.

Nachdem wir, den ganzen Umfang des anorganischen Erdenlebens durchlaufend, den Planeten in seiner Gestaltung, seiner inneren Wärme, seiner electro-magnetischen Ladung, seinem Lichtprocesse an den Polen, seiner Vulcanismus genannten Reaction gegen die starre, mannigfach zusammengesetzte, äußere Rinde, endlich in den Erscheinungen seiner zwiefachen äußeren Hüllen (des Oceans und des Luftmeers) mit wenigen Zügen geschildert haben; könnte nach der älteren Behandlung der physischen Erdbeschreibung das Naturbild als vollendet betrachtet werden. Wo aber die Weltansicht zu einem höheren Standpunkte sich zu erheben strebt, würde jenes Naturbild seines anmuthigsten Reizes beraubt erscheinen,

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[366/0385] keitsbestimmer dienen kann. Wichtige Witterungsveränderungen haben nicht eine örtliche Ursach an dem Beobachtungsorte selbst; sie sind Folgen einer Begebenheit, die in weiter Ferne durch Störung des Gleichgewichts in den Luftströmungen begonnen hat, meist nicht an der Oberfläche der Erde, sondern in den höchsten Regionen: kalte oder warme, trockene oder feuchte Luft herbeiführend, die Durchsichtigkeit der Luft trübend oder aufheiternd, die gethürmte Haufenwolke in zartgefiederten Cirrus umwandelnd. Weil also Unzugänglichkeit der Erscheinungen sich zu der Vervielfältigung und Complication der Störungen gesellt, hat es mir immer geschienen, daß die Meteorologie ihr Heil und ihre Wurzel wohl zuerst in der heißen Zone suchen müsse: in jener glücklichen Region, wo stets dieselben Lüfte wehen, wo Ebbe und Fluth des atmosphärischen Druckes, wo der Gang der Hydrometeore, wo das Eintreten electrischer Explosionen periodisch wiederkehrend sind. Nachdem wir, den ganzen Umfang des anorganischen Erdenlebens durchlaufend, den Planeten in seiner Gestaltung, seiner inneren Wärme, seiner electro-magnetischen Ladung, seinem Lichtprocesse an den Polen, seiner Vulcanismus genannten Reaction gegen die starre, mannigfach zusammengesetzte, äußere Rinde, endlich in den Erscheinungen seiner zwiefachen äußeren Hüllen (des Oceans und des Luftmeers) mit wenigen Zügen geschildert haben; könnte nach der älteren Behandlung der physischen Erdbeschreibung das Naturbild als vollendet betrachtet werden. Wo aber die Weltansicht zu einem höheren Standpunkte sich zu erheben strebt, würde jenes Naturbild seines anmuthigsten Reizes beraubt erscheinen,

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/385>, abgerufen am 01.09.2024.