Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.verschiedenen Zonen aufgelösten Dampfmenge, sondern der Art und Frequenz der Niederschläge als Thau, Nebel, Regen und Schnee, welche den Boden benetzen. Nach der Ermittelung des Drehungsgesetzes von Dove und den Ansichten dieses ausgezeichneten Physikers74 ist in unsrer nördlichen Zone "die Elasticität des Dampfes am größten bei Südwestwind, am kleinsten bei Nordostwind. Auf der Westseite der Windrose vermindert sie sich, und steigt hingegen auf der Ostseite. Auf der Westseite nämlich verdrängt der kalte, schwere, trockne Luftstrom den warmen, leichten, viel Wasserdampf enthaltenden: während auf der Ostseite dieser durch jenen verdrängt wird. Der Südweststrom ist der durchgedrungene Aequatorialstrom, der Nordoststrom der allein herrschende Polarstrom." Das anmuthig frische Grün vieler Bäume, welches man in solchen Gegenden der Tropenländer bemerkt, wo fünf bis sieben Monate lang kein Gewölk am Himmelsgewölbe aufsteigt, wo bemerkbar kein Thau und Regen fallen, beweist, daß die appendiculären Theile (die Blätter) durch einen eigenen Lebensproceß, welcher vielleicht nicht bloß der einer kälteerregenden Ausstrahlung ist, die Fähigkeit haben Wasser der Luft zu entziehen. Mit den regenlosen, dürren Ebenen von Cumana, Coro und Ceara (Nordbrasilien) contrastirt die Regenmenge, welche in anderen Tropengegenden fällt: z. B. in der Havana nach einem Durchschnitt von sechsjährigen Beobachtungen von Ramon de la Sagra im Mitteljahre 102 Pariser Zoll, vier- bis fünfmal so viel als in Paris und Genf75. An dem Abhange der Andeskette nimmt mit der Höhe, wie die Temperatur, so auch die Regenmenge76 ab. Sie ist von meinem verschiedenen Zonen aufgelösten Dampfmenge, sondern der Art und Frequenz der Niederschläge als Thau, Nebel, Regen und Schnee, welche den Boden benetzen. Nach der Ermittelung des Drehungsgesetzes von Dove und den Ansichten dieses ausgezeichneten Physikers74 ist in unsrer nördlichen Zone „die Elasticität des Dampfes am größten bei Südwestwind, am kleinsten bei Nordostwind. Auf der Westseite der Windrose vermindert sie sich, und steigt hingegen auf der Ostseite. Auf der Westseite nämlich verdrängt der kalte, schwere, trockne Luftstrom den warmen, leichten, viel Wasserdampf enthaltenden: während auf der Ostseite dieser durch jenen verdrängt wird. Der Südweststrom ist der durchgedrungene Aequatorialstrom, der Nordoststrom der allein herrschende Polarstrom.“ Das anmuthig frische Grün vieler Bäume, welches man in solchen Gegenden der Tropenländer bemerkt, wo fünf bis sieben Monate lang kein Gewölk am Himmelsgewölbe aufsteigt, wo bemerkbar kein Thau und Regen fallen, beweist, daß die appendiculären Theile (die Blätter) durch einen eigenen Lebensproceß, welcher vielleicht nicht bloß der einer kälteerregenden Ausstrahlung ist, die Fähigkeit haben Wasser der Luft zu entziehen. Mit den regenlosen, dürren Ebenen von Cumana, Coro und Ceara (Nordbrasilien) contrastirt die Regenmenge, welche in anderen Tropengegenden fällt: z. B. in der Havana nach einem Durchschnitt von sechsjährigen Beobachtungen von Ramon de la Sagra im Mitteljahre 102 Pariser Zoll, vier- bis fünfmal so viel als in Paris und Genf75. An dem Abhange der Andeskette nimmt mit der Höhe, wie die Temperatur, so auch die Regenmenge76 ab. Sie ist von meinem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0378" n="359"/> verschiedenen Zonen aufgelösten Dampfmenge, sondern der Art und Frequenz der Niederschläge als Thau, Nebel, Regen und Schnee, welche den Boden benetzen. Nach der Ermittelung des Drehungsgesetzes von Dove und den Ansichten dieses ausgezeichneten Physikers<note xml:id="ftn404" next="ftn404-text" place="end" n="74"/> ist in unsrer nördlichen Zone „die Elasticität des Dampfes am größten bei Südwestwind, am kleinsten bei Nordostwind. Auf der Westseite der Windrose vermindert sie sich, und steigt hingegen auf der Ostseite. Auf der Westseite nämlich verdrängt der kalte, schwere, trockne Luftstrom den warmen, leichten, viel Wasserdampf enthaltenden: während auf der Ostseite dieser durch jenen verdrängt wird. Der Südweststrom ist der durchgedrungene Aequatorialstrom, der Nordoststrom der allein herrschende Polarstrom.“</p> <p>Das anmuthig frische Grün vieler Bäume, welches man in solchen Gegenden der Tropenländer bemerkt, wo fünf bis sieben Monate lang kein Gewölk am Himmelsgewölbe aufsteigt, wo bemerkbar <hi rendition="#g">kein Thau</hi> und Regen fallen, beweist, daß die appendiculären Theile (die Blätter) durch einen eigenen Lebensproceß, welcher vielleicht nicht bloß der einer kälteerregenden Ausstrahlung ist, die Fähigkeit haben Wasser der Luft zu entziehen. Mit den regenlosen, dürren Ebenen von Cumana, Coro und Ceara (Nordbrasilien) contrastirt die Regenmenge, welche in anderen Tropengegenden fällt: z. B. in der Havana nach einem Durchschnitt von sechsjährigen Beobachtungen von Ramon de la Sagra im Mitteljahre 102 Pariser Zoll, vier- bis fünfmal so viel als in Paris und Genf<note xml:id="ftn405" next="ftn405-text" place="end" n="75"/>. 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verschiedenen Zonen aufgelösten Dampfmenge, sondern der Art und Frequenz der Niederschläge als Thau, Nebel, Regen und Schnee, welche den Boden benetzen. Nach der Ermittelung des Drehungsgesetzes von Dove und den Ansichten dieses ausgezeichneten Physikers
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ist in unsrer nördlichen Zone „die Elasticität des Dampfes am größten bei Südwestwind, am kleinsten bei Nordostwind. Auf der Westseite der Windrose vermindert sie sich, und steigt hingegen auf der Ostseite. Auf der Westseite nämlich verdrängt der kalte, schwere, trockne Luftstrom den warmen, leichten, viel Wasserdampf enthaltenden: während auf der Ostseite dieser durch jenen verdrängt wird. Der Südweststrom ist der durchgedrungene Aequatorialstrom, der Nordoststrom der allein herrschende Polarstrom.“
Das anmuthig frische Grün vieler Bäume, welches man in solchen Gegenden der Tropenländer bemerkt, wo fünf bis sieben Monate lang kein Gewölk am Himmelsgewölbe aufsteigt, wo bemerkbar kein Thau und Regen fallen, beweist, daß die appendiculären Theile (die Blätter) durch einen eigenen Lebensproceß, welcher vielleicht nicht bloß der einer kälteerregenden Ausstrahlung ist, die Fähigkeit haben Wasser der Luft zu entziehen. Mit den regenlosen, dürren Ebenen von Cumana, Coro und Ceara (Nordbrasilien) contrastirt die Regenmenge, welche in anderen Tropengegenden fällt: z. B. in der Havana nach einem Durchschnitt von sechsjährigen Beobachtungen von Ramon de la Sagra im Mitteljahre 102 Pariser Zoll, vier- bis fünfmal so viel als in Paris und Genf
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. An dem Abhange der Andeskette nimmt mit der Höhe, wie die Temperatur, so auch die Regenmenge
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Zitationshilfe: | Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/378>, abgerufen am 16.06.2024. |