Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

dem persischen Meerbusen und dem indischen Ocean hinziehen. Ein solches fast rechtwinkliges Durchkreuzen geodäsischer Linien hat einen mächtigen Einfluß ausgeübt auf die Handelsverhältnisse von Europa mit Asien und dem nordwestlichen Afrika, wie auf den Gang der Civilisation an den vormals glücklicheren Ufern des Mittelmeers.29

Wenn mächtige und hohe Gebirgsketten als Zeugen großer Erdrevolutionen, als Grenzscheiden der Klimate, als Wasser-Vertheiler oder als Träger einer anderen Pflanzenwelt unsere Einbildungskraft beschäftigen; so ist es um so nothwendiger, durch eine richtige numerische Schätzung ihres Volums zu zeigen, wie gering im ganzen die Quantität der gehobenen Massen im Vergleich mit dem Areal ganzer Länder ist. Die Masse der Pyrenäen z. B., einer Kette, von der die mittlere Höhe des Rückens und der Flächeninhalt der Basis, welche sie bedeckt, durch genaue Messungen bekannt sind, würde, auf das Areal von Frankreich gestreut, letzteres Land nur um 108 Fuß erhöhen. Die Masse der östlichen und westlichen Alpenkette würde in ähnlichem Sinne die Höhe des Flachlandes von Europa nur um 20 Fuß vermehren. Durch eine mühevolle Arbeit30, die aber ihrer Natur nach nur eine obere Grenze, d. i. eine Zahl giebt, welche wohl kleiner, aber nicht größer sein kann, habe ich gefunden, daß der Schwerpunkt des Volums der über dem jetzigen Meeresspiegel gehobenen Länder in Europa und Nordamerika 630 und 702, in Asien und Südamerika 1062 und 1080 Fuß hoch liegt. Diese Schätzungen bezeichnen die Niedrigkeit der nördlichen Regionen: die großen Steppen des Flachlandes von Sibirien werden durch die ungeheure Anschwellung des asiatischen

dem persischen Meerbusen und dem indischen Ocean hinziehen. Ein solches fast rechtwinkliges Durchkreuzen geodäsischer Linien hat einen mächtigen Einfluß ausgeübt auf die Handelsverhältnisse von Europa mit Asien und dem nordwestlichen Afrika, wie auf den Gang der Civilisation an den vormals glücklicheren Ufern des Mittelmeers.29

Wenn mächtige und hohe Gebirgsketten als Zeugen großer Erdrevolutionen, als Grenzscheiden der Klimate, als Wasser-Vertheiler oder als Träger einer anderen Pflanzenwelt unsere Einbildungskraft beschäftigen; so ist es um so nothwendiger, durch eine richtige numerische Schätzung ihres Volums zu zeigen, wie gering im ganzen die Quantität der gehobenen Massen im Vergleich mit dem Areal ganzer Länder ist. Die Masse der Pyrenäen z. B., einer Kette, von der die mittlere Höhe des Rückens und der Flächeninhalt der Basis, welche sie bedeckt, durch genaue Messungen bekannt sind, würde, auf das Areal von Frankreich gestreut, letzteres Land nur um 108 Fuß erhöhen. Die Masse der östlichen und westlichen Alpenkette würde in ähnlichem Sinne die Höhe des Flachlandes von Europa nur um 20 Fuß vermehren. Durch eine mühevolle Arbeit30, die aber ihrer Natur nach nur eine obere Grenze, d. i. eine Zahl giebt, welche wohl kleiner, aber nicht größer sein kann, habe ich gefunden, daß der Schwerpunkt des Volums der über dem jetzigen Meeresspiegel gehobenen Länder in Europa und Nordamerika 630 und 702, in Asien und Südamerika 1062 und 1080 Fuß hoch liegt. Diese Schätzungen bezeichnen die Niedrigkeit der nördlichen Regionen: die großen Steppen des Flachlandes von Sibirien werden durch die ungeheure Anschwellung des asiatischen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0338" n="319"/>
dem persischen Meerbusen und dem indischen Ocean hinziehen. Ein solches fast rechtwinkliges Durchkreuzen geodäsischer Linien hat einen mächtigen Einfluß ausgeübt auf die Handelsverhältnisse von Europa mit Asien und dem nordwestlichen Afrika, wie auf den Gang der Civilisation an den vormals glücklicheren Ufern des Mittelmeers.<note xml:id="ftn359" next="ftn359-text" place="end" n="29"/>           </p>
          <p>Wenn mächtige und hohe Gebirgsketten als Zeugen großer Erdrevolutionen, als Grenzscheiden der Klimate, als Wasser-Vertheiler oder als Träger einer anderen Pflanzenwelt unsere Einbildungskraft beschäftigen; so ist es um so nothwendiger, durch eine richtige numerische Schätzung ihres Volums zu zeigen, wie gering im ganzen die Quantität der gehobenen Massen im Vergleich mit dem Areal ganzer Länder ist. Die Masse der Pyrenäen z. B., einer Kette, von der die mittlere Höhe des Rückens und der Flächeninhalt der Basis, welche sie bedeckt, durch genaue Messungen bekannt sind, würde, auf das Areal von Frankreich gestreut, letzteres Land nur um 108 Fuß erhöhen. Die Masse der östlichen und westlichen Alpenkette würde in ähnlichem Sinne die Höhe des Flachlandes von Europa nur um 20 Fuß vermehren. Durch eine mühevolle Arbeit<note xml:id="ftn360" next="ftn360-text" place="end" n="30"/>, die aber ihrer Natur nach nur eine obere Grenze, d. i. eine Zahl giebt, welche wohl kleiner, aber nicht größer sein kann, habe ich gefunden, daß der <hi rendition="#g">Schwerpunkt des Volums</hi> der über dem jetzigen Meeresspiegel gehobenen Länder in Europa und Nordamerika 630 und 702, in Asien und Südamerika 1062 und 1080 Fuß hoch liegt. Diese Schätzungen bezeichnen die Niedrigkeit der nördlichen Regionen: die großen Steppen des Flachlandes von Sibirien werden durch die ungeheure Anschwellung des asiatischen
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[319/0338] dem persischen Meerbusen und dem indischen Ocean hinziehen. Ein solches fast rechtwinkliges Durchkreuzen geodäsischer Linien hat einen mächtigen Einfluß ausgeübt auf die Handelsverhältnisse von Europa mit Asien und dem nordwestlichen Afrika, wie auf den Gang der Civilisation an den vormals glücklicheren Ufern des Mittelmeers. ²⁹ Wenn mächtige und hohe Gebirgsketten als Zeugen großer Erdrevolutionen, als Grenzscheiden der Klimate, als Wasser-Vertheiler oder als Träger einer anderen Pflanzenwelt unsere Einbildungskraft beschäftigen; so ist es um so nothwendiger, durch eine richtige numerische Schätzung ihres Volums zu zeigen, wie gering im ganzen die Quantität der gehobenen Massen im Vergleich mit dem Areal ganzer Länder ist. Die Masse der Pyrenäen z. B., einer Kette, von der die mittlere Höhe des Rückens und der Flächeninhalt der Basis, welche sie bedeckt, durch genaue Messungen bekannt sind, würde, auf das Areal von Frankreich gestreut, letzteres Land nur um 108 Fuß erhöhen. Die Masse der östlichen und westlichen Alpenkette würde in ähnlichem Sinne die Höhe des Flachlandes von Europa nur um 20 Fuß vermehren. Durch eine mühevolle Arbeit ³⁰ , die aber ihrer Natur nach nur eine obere Grenze, d. i. eine Zahl giebt, welche wohl kleiner, aber nicht größer sein kann, habe ich gefunden, daß der Schwerpunkt des Volums der über dem jetzigen Meeresspiegel gehobenen Länder in Europa und Nordamerika 630 und 702, in Asien und Südamerika 1062 und 1080 Fuß hoch liegt. Diese Schätzungen bezeichnen die Niedrigkeit der nördlichen Regionen: die großen Steppen des Flachlandes von Sibirien werden durch die ungeheure Anschwellung des asiatischen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/338
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/338>, abgerufen am 15.06.2024.