Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.identisch mit einem jetzt noch lebenden Fische wäre"; er fügt die wichtige Bemerkung hinzu: "daß in den unteren Tertiärgebilden, z. B. im Grobkalk und London Clay, 1/3 der fossilen Fische bereits ganz untergegangenen Geschlechtern zugehöre; unter der Kreide sei kein einziges Fischgeschlecht der heutigen Zeit mehr zu finden, und die wunderbare Familie der Sauroiden (Fische mit Schmelzschuppen, die in der Bildung sich fast den Reptilien nähern und von der Kohlenformation, in welcher die größten Arten liegen, bis zu der Kreide vereinzelt aufsteigen) verhalte sich zu den beiden Geschlechtern (Lepidosteus und Polypterus), welche die amerikanischen Flüsse und den Nil bevölkern, wie unsre jetzigen Elephanten und Tapire zu den Mastodonten und Anaplotherien der Urwelt."77 Kreideschichten aber, welche noch zwei dieser Sauroiden-Fische, und riesenhafte Reptilien, wie eine ganze bereits untergegangene Welt von Corallen und Muscheln darbieten, sind, nach Ehrenberg's schöner Entdeckung, aus microscopischen Polythalamien zusammengesetzt, deren viele noch heute in unseren Meeren, und zwar in mittleren Breiten, in der Nord- und Ostsee, leben. Die erste Gruppe der Tertiärformation über der Kreide, eine Gruppe, die man sich gewöhnt hatte durch den Namen: Schichten der Eocän-Periode zu bezeichnen, verdient also eigentlich diesen Namen nicht -- "da die Morgendämmerung der mit uns lebenden Natur viel tiefer in die Geschichte der Erde reicht, als man bisher geglaubt hatte."78 Wie die Fische, die ältesten aller Wirbelthiere, schon in silurischen Transitionsschichten sich zeigen und dann ununterbrochen durch alle Formationen durchgehn, bis in identisch mit einem jetzt noch lebenden Fische wäre“; er fügt die wichtige Bemerkung hinzu: „daß in den unteren Tertiärgebilden, z. B. im Grobkalk und London Clay, ⅓ der fossilen Fische bereits ganz untergegangenen Geschlechtern zugehöre; unter der Kreide sei kein einziges Fischgeschlecht der heutigen Zeit mehr zu finden, und die wunderbare Familie der Sauroiden (Fische mit Schmelzschuppen, die in der Bildung sich fast den Reptilien nähern und von der Kohlenformation, in welcher die größten Arten liegen, bis zu der Kreide vereinzelt aufsteigen) verhalte sich zu den beiden Geschlechtern (Lepidosteus und Polypterus), welche die amerikanischen Flüsse und den Nil bevölkern, wie unsre jetzigen Elephanten und Tapire zu den Mastodonten und Anaplotherien der Urwelt.“77 Kreideschichten aber, welche noch zwei dieser Sauroiden-Fische, und riesenhafte Reptilien, wie eine ganze bereits untergegangene Welt von Corallen und Muscheln darbieten, sind, nach Ehrenberg's schöner Entdeckung, aus microscopischen Polythalamien zusammengesetzt, deren viele noch heute in unseren Meeren, und zwar in mittleren Breiten, in der Nord- und Ostsee, leben. Die erste Gruppe der Tertiärformation über der Kreide, eine Gruppe, die man sich gewöhnt hatte durch den Namen: Schichten der Eocän-Periode zu bezeichnen, verdient also eigentlich diesen Namen nicht — „da die Morgendämmerung der mit uns lebenden Natur viel tiefer in die Geschichte der Erde reicht, als man bisher geglaubt hatte.“78 Wie die Fische, die ältesten aller Wirbelthiere, schon in silurischen Transitionsschichten sich zeigen und dann ununterbrochen durch alle Formationen durchgehn, bis in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0308" n="289"/> identisch mit einem jetzt noch lebenden Fische wäre“; er fügt die wichtige Bemerkung hinzu: „daß in den unteren Tertiärgebilden, z. 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identisch mit einem jetzt noch lebenden Fische wäre“; er fügt die wichtige Bemerkung hinzu: „daß in den unteren Tertiärgebilden, z. B. im Grobkalk und London Clay, ⅓ der fossilen Fische bereits ganz untergegangenen Geschlechtern zugehöre; unter der Kreide sei kein einziges Fischgeschlecht der heutigen Zeit mehr zu finden, und die wunderbare Familie der Sauroiden (Fische mit Schmelzschuppen, die in der Bildung sich fast den Reptilien nähern und von der Kohlenformation, in welcher die größten Arten liegen, bis zu der Kreide vereinzelt aufsteigen) verhalte sich zu den beiden Geschlechtern (Lepidosteus und Polypterus), welche die amerikanischen Flüsse und den Nil bevölkern, wie unsre jetzigen Elephanten und Tapire zu den Mastodonten und Anaplotherien der Urwelt.“
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Kreideschichten aber, welche noch zwei dieser Sauroiden-Fische, und riesenhafte Reptilien, wie eine ganze bereits untergegangene Welt von Corallen und Muscheln darbieten, sind, nach Ehrenberg's schöner Entdeckung, aus microscopischen Polythalamien zusammengesetzt, deren viele noch heute in unseren Meeren, und zwar in mittleren Breiten, in der Nord- und Ostsee, leben. Die erste Gruppe der Tertiärformation über der Kreide, eine Gruppe, die man sich gewöhnt hatte durch den Namen: Schichten der Eocän-Periode zu bezeichnen, verdient also eigentlich diesen Namen nicht — „da die Morgendämmerung der mit uns lebenden Natur viel tiefer in die Geschichte der Erde reicht, als man bisher geglaubt hatte.“
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Wie die Fische, die ältesten aller Wirbelthiere, schon in silurischen Transitionsschichten sich zeigen und dann ununterbrochen durch alle Formationen durchgehn, bis in
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Zitationshilfe: | Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/308>, abgerufen am 16.02.2025. |