Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.überzufließen. Geschieht aber ein solcher Durchbruch, so fließt die neueröffnete Erdquelle meist dergestalt ruhig und auf so bestimmten Wegen, daß das große Kesselthal, welches man Krater nennt, selbst in dieser Eruptions-Epoche besucht werden kann. Ohne eine genaue Darstellung von der Gestaltung, gleichsam dem Normalbau der feuerspeienden Berge können Erscheinungen nicht richtig aufgefaßt werden, die durch phantastische Beschreibungen und durch die Vieldeutigkeit oder vielmehr durch den so unbestimmten Sprachgebrauch der Wörter Krater, Ausbruchkegel und Vulkan lange verunstaltet worden sind. Die Ränder des Kraters zeigen sich theilweise weit weniger veränderlich, als man es vermuthen sollte. Saussure's Messungen, mit den meinigen verglichen, haben z. B. am Vesuv das merkwürdige Resultat gegeben, daß in 49 Jahren (1773-1822) der nordwestliche Rand des Vulkans (Rocca del Palo) in seiner Höhe über der Meeresfläche in den Grenzen der Genauigkeit unserer Messungen als fast unverändert betrachtet werden darf89. Vulkane, welche, wie die der Andeskette, ihren Gipfel hoch über die Grenze des ewigen Schnees erheben, bieten eigenthümliche Erscheinungen dar. Die Schneemassen erregen nicht bloß durch plötzliches Schmelzen während der Eruption furchtbare Ueberschwemmungen, Wasserströme, in denen dampfende Schlacken auf dicken Eismassen schwimmen; sie wirken auch ununterbrochen, während der Vulkan in vollkommener Ruhe ist, durch Infiltration in die Spalten des Trachytgesteins. Höhlungen, welche sich an dem Abhange oder am Fuß der Feuerberge befinden, werden so allmälig in unterirdische Wasserbehälter verwandelt, die überzufließen. Geschieht aber ein solcher Durchbruch, so fließt die neueröffnete Erdquelle meist dergestalt ruhig und auf so bestimmten Wegen, daß das große Kesselthal, welches man Krater nennt, selbst in dieser Eruptions-Epoche besucht werden kann. Ohne eine genaue Darstellung von der Gestaltung, gleichsam dem Normalbau der feuerspeienden Berge können Erscheinungen nicht richtig aufgefaßt werden, die durch phantastische Beschreibungen und durch die Vieldeutigkeit oder vielmehr durch den so unbestimmten Sprachgebrauch der Wörter Krater, Ausbruchkegel und Vulkan lange verunstaltet worden sind. Die Ränder des Kraters zeigen sich theilweise weit weniger veränderlich, als man es vermuthen sollte. Saussure's Messungen, mit den meinigen verglichen, haben z. B. am Vesuv das merkwürdige Resultat gegeben, daß in 49 Jahren (1773–1822) der nordwestliche Rand des Vulkans (Rocca del Palo) in seiner Höhe über der Meeresfläche in den Grenzen der Genauigkeit unserer Messungen als fast unverändert betrachtet werden darf89. Vulkane, welche, wie die der Andeskette, ihren Gipfel hoch über die Grenze des ewigen Schnees erheben, bieten eigenthümliche Erscheinungen dar. Die Schneemassen erregen nicht bloß durch plötzliches Schmelzen während der Eruption furchtbare Ueberschwemmungen, Wasserströme, in denen dampfende Schlacken auf dicken Eismassen schwimmen; sie wirken auch ununterbrochen, während der Vulkan in vollkommener Ruhe ist, durch Infiltration in die Spalten des Trachytgesteins. Höhlungen, welche sich an dem Abhange oder am Fuß der Feuerberge befinden, werden so allmälig in unterirdische Wasserbehälter verwandelt, die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0261" n="242"/> überzufließen. 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überzufließen. Geschieht aber ein solcher Durchbruch, so fließt die neueröffnete Erdquelle meist dergestalt ruhig und auf so bestimmten Wegen, daß das große Kesselthal, welches man Krater nennt, selbst in dieser Eruptions-Epoche besucht werden kann. Ohne eine genaue Darstellung von der Gestaltung, gleichsam dem Normalbau der feuerspeienden Berge können Erscheinungen nicht richtig aufgefaßt werden, die durch phantastische Beschreibungen und durch die Vieldeutigkeit oder vielmehr durch den so unbestimmten Sprachgebrauch der Wörter Krater, Ausbruchkegel und Vulkan lange verunstaltet worden sind. Die Ränder des Kraters zeigen sich theilweise weit weniger veränderlich, als man es vermuthen sollte. Saussure's Messungen, mit den meinigen verglichen, haben z. B. am Vesuv das merkwürdige Resultat gegeben, daß in 49 Jahren (1773–1822) der nordwestliche Rand des Vulkans (Rocca del Palo) in seiner Höhe über der Meeresfläche in den Grenzen der Genauigkeit unserer Messungen als fast unverändert betrachtet werden darf
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Vulkane, welche, wie die der Andeskette, ihren Gipfel hoch über die Grenze des ewigen Schnees erheben, bieten eigenthümliche Erscheinungen dar. Die Schneemassen erregen nicht bloß durch plötzliches Schmelzen während der Eruption furchtbare Ueberschwemmungen, Wasserströme, in denen dampfende Schlacken auf dicken Eismassen schwimmen; sie wirken auch ununterbrochen, während der Vulkan in vollkommener Ruhe ist, durch Infiltration in die Spalten des Trachytgesteins. Höhlungen, welche sich an dem Abhange oder am Fuß der Feuerberge befinden, werden so allmälig in unterirdische Wasserbehälter verwandelt, die
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