Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

beitragen, daß sie bei den furchtbarsten Ausbrüchen feuriger Schlacken, unter Detonationen, die über hundert Meilen weit vernommen werden, keine Lavaströme erzeugen88. So die Vulkane von Popayan, der Hochebene von Los Pastos, und der Andes von Quito, vielleicht unter den letzteren den einzigen Vulkan von Antisana ausgenommen.

Die Höhe des Aschenkegels und die Größe und Form des Kraters sind Elemente der Gestaltung, welche vorzugsweise den Vulkanen einen individuellen Charakter geben; aber beide, Aschenkegel und Krater, sind von der Dimension des ganzen Berges völlig unabhängig. Der Vesuv ist mehr als dreimal niedriger als der Pic von Teneriffa, und sein Aschenkegel erhebt sich doch zu 1/3 der ganzen Höhe des Berges, während der Aschenkegel des Pics nur 1/22 derselben beträgt. Bei einem viel höheren Vulkan als dem von Teneriffa, bei dem Rucu-Pichincha, tritt dagegen ein Verhältniß ein, das wiederum dem des Vesuvs näher kommt. Unter allen Vulkanen, die ich in beiden Hemisphären gesehen, ist die Kegelform des Cotopaxi die schönste und regelmäßigste. Ein plötzliches Schmelzen des Schnees an seinem Aschenkegel verkündigt die Nähe des Ausbruchs. Ehe noch Rauch sichtbar wird in den dünnen Luftschichten, die den Gipfel und die Krateröffnung umgeben, sind bisweilen die Wände des Aschenkegels von innen durchglüht, und der ganze Berg bietet dann den grausenvollsten, unheilverkündigenden Anblick der Schwärze dar.

Der Krater, welcher, sehr seltene Fälle ausgenommen, stets den Gipfel der Vulkane einnimmt, bildet ein tiefes, oft zugängliches Kesselthal, dessen Boden beständigen Veränderungen unterworfen ist. Die größere oder geringere

beitragen, daß sie bei den furchtbarsten Ausbrüchen feuriger Schlacken, unter Detonationen, die über hundert Meilen weit vernommen werden, keine Lavaströme erzeugen88. So die Vulkane von Popayan, der Hochebene von Los Pastos, und der Andes von Quito, vielleicht unter den letzteren den einzigen Vulkan von Antisana ausgenommen.

Die Höhe des Aschenkegels und die Größe und Form des Kraters sind Elemente der Gestaltung, welche vorzugsweise den Vulkanen einen individuellen Charakter geben; aber beide, Aschenkegel und Krater, sind von der Dimension des ganzen Berges völlig unabhängig. Der Vesuv ist mehr als dreimal niedriger als der Pic von Teneriffa, und sein Aschenkegel erhebt sich doch zu ⅓ der ganzen Höhe des Berges, während der Aschenkegel des Pics nur 1/22 derselben beträgt. Bei einem viel höheren Vulkan als dem von Teneriffa, bei dem Rucu-Pichincha, tritt dagegen ein Verhältniß ein, das wiederum dem des Vesuvs näher kommt. Unter allen Vulkanen, die ich in beiden Hemisphären gesehen, ist die Kegelform des Cotopaxi die schönste und regelmäßigste. Ein plötzliches Schmelzen des Schnees an seinem Aschenkegel verkündigt die Nähe des Ausbruchs. Ehe noch Rauch sichtbar wird in den dünnen Luftschichten, die den Gipfel und die Krateröffnung umgeben, sind bisweilen die Wände des Aschenkegels von innen durchglüht, und der ganze Berg bietet dann den grausenvollsten, unheilverkündigenden Anblick der Schwärze dar.

Der Krater, welcher, sehr seltene Fälle ausgenommen, stets den Gipfel der Vulkane einnimmt, bildet ein tiefes, oft zugängliches Kesselthal, dessen Boden beständigen Veränderungen unterworfen ist. Die größere oder geringere

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0259" n="240"/>
beitragen, daß sie bei den furchtbarsten Ausbrüchen feuriger Schlacken, unter Detonationen, die über hundert Meilen weit vernommen werden, <hi rendition="#g">keine Lavaströme</hi> erzeugen<note xml:id="ftn218" next="ftn218-text" place="end" n="88"/>. So die Vulkane von Popayan, der Hochebene von Los Pastos, und der Andes von Quito, vielleicht unter den letzteren den einzigen Vulkan von Antisana ausgenommen.</p>
          <p>Die Höhe des <hi rendition="#g">Aschenkegels</hi> und die Größe und Form des <hi rendition="#g">Kraters</hi> sind Elemente der Gestaltung, welche vorzugsweise den Vulkanen einen individuellen Charakter geben; aber beide, Aschenkegel und Krater, sind von der Dimension des ganzen Berges völlig unabhängig. Der Vesuv ist mehr als dreimal niedriger als der Pic von Teneriffa, und sein Aschenkegel erhebt sich doch zu &#x2153; der ganzen Höhe des Berges, während der Aschenkegel des Pics nur 1/22 derselben beträgt. Bei einem viel höheren Vulkan als dem von Teneriffa, bei dem Rucu-Pichincha, tritt dagegen ein Verhältniß ein, das wiederum dem des Vesuvs näher kommt. Unter allen Vulkanen, die ich in beiden Hemisphären gesehen, ist die <hi rendition="#g">Kegelform</hi> des Cotopaxi die schönste und regelmäßigste. Ein plötzliches Schmelzen des Schnees an seinem Aschenkegel verkündigt die Nähe des Ausbruchs. Ehe noch Rauch sichtbar wird in den dünnen Luftschichten, die den Gipfel und die Krateröffnung umgeben, sind bisweilen die Wände des Aschenkegels von innen durchglüht, und der ganze Berg bietet dann den grausenvollsten, unheilverkündigenden Anblick der Schwärze dar.</p>
          <p>Der Krater, welcher, sehr seltene Fälle ausgenommen, stets den <hi rendition="#g">Gipfel</hi> der Vulkane einnimmt, bildet ein tiefes, oft zugängliches <hi rendition="#g">Kesselthal,</hi> dessen Boden beständigen Veränderungen unterworfen ist. Die größere oder geringere
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[240/0259] beitragen, daß sie bei den furchtbarsten Ausbrüchen feuriger Schlacken, unter Detonationen, die über hundert Meilen weit vernommen werden, keine Lavaströme erzeugen ⁸⁸ . So die Vulkane von Popayan, der Hochebene von Los Pastos, und der Andes von Quito, vielleicht unter den letzteren den einzigen Vulkan von Antisana ausgenommen. Die Höhe des Aschenkegels und die Größe und Form des Kraters sind Elemente der Gestaltung, welche vorzugsweise den Vulkanen einen individuellen Charakter geben; aber beide, Aschenkegel und Krater, sind von der Dimension des ganzen Berges völlig unabhängig. Der Vesuv ist mehr als dreimal niedriger als der Pic von Teneriffa, und sein Aschenkegel erhebt sich doch zu ⅓ der ganzen Höhe des Berges, während der Aschenkegel des Pics nur 1/22 derselben beträgt. Bei einem viel höheren Vulkan als dem von Teneriffa, bei dem Rucu-Pichincha, tritt dagegen ein Verhältniß ein, das wiederum dem des Vesuvs näher kommt. Unter allen Vulkanen, die ich in beiden Hemisphären gesehen, ist die Kegelform des Cotopaxi die schönste und regelmäßigste. Ein plötzliches Schmelzen des Schnees an seinem Aschenkegel verkündigt die Nähe des Ausbruchs. Ehe noch Rauch sichtbar wird in den dünnen Luftschichten, die den Gipfel und die Krateröffnung umgeben, sind bisweilen die Wände des Aschenkegels von innen durchglüht, und der ganze Berg bietet dann den grausenvollsten, unheilverkündigenden Anblick der Schwärze dar. Der Krater, welcher, sehr seltene Fälle ausgenommen, stets den Gipfel der Vulkane einnimmt, bildet ein tiefes, oft zugängliches Kesselthal, dessen Boden beständigen Veränderungen unterworfen ist. Die größere oder geringere

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/259
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/259>, abgerufen am 26.06.2024.