Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

nördlich oder südlich von einem Hafen befindet14, in den er einlaufen soll.

Wenn die plötzlich in ihrem stündlichen Gange gestörte Nadel das Dasein eines magnetischen Ungewitters verkündigt, so bleibt der Sitz der Perturbations-Ursach, ob sie in der Erdrinde selbst oder im oberen Luftkreise zu suchen sei, leider! für uns noch unentschieden. Betrachten wir die Erde als einen wirklichen Magnet, so sind wir genöthigt, nach dem Ausspruch des tiefsinnigen Gründers einer allgemeinen Theorie des Erdmagnetismus, Friedrich Gauß, durchschnittlich wenigstens jedem Theile der Erde, der ein Achtel Cubikmeter, d. i. 3 7/10 Cubikfuß, groß ist, eine eben so starke Magnetisirung beizulegen, als ein einpfündiger Magnetstab enthält15. Wenn Eisen und Nickel, wahrscheinlich auch Kobalt (nicht Chrom16, wie man lange geglaubt hat), die alleinigen Substanzen sind, welche dauernd magnetisch werden und die Polarität durch eine gewisse Coercitivkraft zurückhalten, so beweisen dagegen die Erscheinungen von Arago's Rotations-Magnetismus und Faraday's inducirten Strömen, daß wahrscheinlich alle tellurischen Stoffe vorübergehend sich magnetisch verhalten können. Nach den Versuchen des ersteren der eben genannten großen Physiker wirken auf die Schwingungen einer Nadel Wasser, Eis17, Glas und Kohle ganz wie Quecksilber in den Rotations-Versuchen. Fast alle Stoffe zeigen sich in einem gewissen Grade magnetisch, wenn sie leitend sind, d. h. von der Electricität durchströmt werden.

So uralt auch bei den westlichen Völkern die Kenntniß der Ziehkraft natürlicher Eisen-Magnete zu sein scheint, so war doch (und diese historisch sehr fest begründete

nördlich oder südlich von einem Hafen befindet14, in den er einlaufen soll.

Wenn die plötzlich in ihrem stündlichen Gange gestörte Nadel das Dasein eines magnetischen Ungewitters verkündigt, so bleibt der Sitz der Perturbations-Ursach, ob sie in der Erdrinde selbst oder im oberen Luftkreise zu suchen sei, leider! für uns noch unentschieden. Betrachten wir die Erde als einen wirklichen Magnet, so sind wir genöthigt, nach dem Ausspruch des tiefsinnigen Gründers einer allgemeinen Theorie des Erdmagnetismus, Friedrich Gauß, durchschnittlich wenigstens jedem Theile der Erde, der ein Achtel Cubikmeter, d. i. 3 7/10 Cubikfuß, groß ist, eine eben so starke Magnetisirung beizulegen, als ein einpfündiger Magnetstab enthält15. Wenn Eisen und Nickel, wahrscheinlich auch Kobalt (nicht Chrom16, wie man lange geglaubt hat), die alleinigen Substanzen sind, welche dauernd magnetisch werden und die Polarität durch eine gewisse Coercitivkraft zurückhalten, so beweisen dagegen die Erscheinungen von Arago's Rotations-Magnetismus und Faraday's inducirten Strömen, daß wahrscheinlich alle tellurischen Stoffe vorübergehend sich magnetisch verhalten können. Nach den Versuchen des ersteren der eben genannten großen Physiker wirken auf die Schwingungen einer Nadel Wasser, Eis17, Glas und Kohle ganz wie Quecksilber in den Rotations-Versuchen. Fast alle Stoffe zeigen sich in einem gewissen Grade magnetisch, wenn sie leitend sind, d. h. von der Electricität durchströmt werden.

So uralt auch bei den westlichen Völkern die Kenntniß der Ziehkraft natürlicher Eisen-Magnete zu sein scheint, so war doch (und diese historisch sehr fest begründete

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0205" n="186"/>
nördlich oder südlich von einem Hafen befindet<note place="end" n="14" xml:id="ftn144" next="#ftn144-text"/>, in den er einlaufen soll.</p>
          <p>Wenn die plötzlich in ihrem stündlichen Gange gestörte Nadel das Dasein eines magnetischen Ungewitters verkündigt, so bleibt der Sitz der Perturbations-Ursach, ob sie in der Erdrinde selbst oder im oberen Luftkreise zu suchen sei, leider! für uns noch unentschieden. Betrachten wir die Erde als einen wirklichen Magnet, so sind wir genöthigt, nach dem Ausspruch des tiefsinnigen Gründers einer allgemeinen Theorie des Erdmagnetismus, Friedrich Gauß, durchschnittlich <hi rendition="#g">wenigstens</hi> jedem Theile der Erde, der ein Achtel Cubikmeter, d. i. 3 7/10 Cubikfuß, groß ist, eine eben so starke Magnetisirung beizulegen, als ein einpfündiger Magnetstab enthält<note place="end" n="15" xml:id="ftn145" next="#ftn145-text"/>. Wenn Eisen und Nickel, wahrscheinlich auch Kobalt (nicht Chrom<note place="end" n="16" xml:id="ftn146" next="#ftn146-text"/>, wie man lange geglaubt hat), die alleinigen Substanzen sind, welche <hi rendition="#g">dauernd</hi> magnetisch werden und die Polarität durch eine gewisse Coercitivkraft zurückhalten, so beweisen dagegen die Erscheinungen von Arago's Rotations-Magnetismus und Faraday's inducirten Strömen, daß wahrscheinlich alle tellurischen Stoffe <hi rendition="#g">vorübergehend</hi> sich magnetisch verhalten können. Nach den Versuchen des ersteren der eben genannten großen Physiker wirken auf die Schwingungen einer Nadel Wasser, Eis<note place="end" n="17" xml:id="ftn147" next="#ftn147-text"/>, Glas und Kohle ganz wie Quecksilber in den Rotations-Versuchen. Fast alle Stoffe zeigen sich in einem gewissen Grade magnetisch, wenn sie leitend sind, d. h. von der Electricität durchströmt werden.</p>
          <p>So uralt auch bei den westlichen Völkern die Kenntniß der <hi rendition="#g">Ziehkraft</hi> natürlicher Eisen-Magnete zu sein scheint, so war doch (und diese historisch sehr fest begründete
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[186/0205] nördlich oder südlich von einem Hafen befindet ¹⁴ , in den er einlaufen soll. Wenn die plötzlich in ihrem stündlichen Gange gestörte Nadel das Dasein eines magnetischen Ungewitters verkündigt, so bleibt der Sitz der Perturbations-Ursach, ob sie in der Erdrinde selbst oder im oberen Luftkreise zu suchen sei, leider! für uns noch unentschieden. Betrachten wir die Erde als einen wirklichen Magnet, so sind wir genöthigt, nach dem Ausspruch des tiefsinnigen Gründers einer allgemeinen Theorie des Erdmagnetismus, Friedrich Gauß, durchschnittlich wenigstens jedem Theile der Erde, der ein Achtel Cubikmeter, d. i. 3 7/10 Cubikfuß, groß ist, eine eben so starke Magnetisirung beizulegen, als ein einpfündiger Magnetstab enthält ¹⁵ . Wenn Eisen und Nickel, wahrscheinlich auch Kobalt (nicht Chrom ¹⁶ , wie man lange geglaubt hat), die alleinigen Substanzen sind, welche dauernd magnetisch werden und die Polarität durch eine gewisse Coercitivkraft zurückhalten, so beweisen dagegen die Erscheinungen von Arago's Rotations-Magnetismus und Faraday's inducirten Strömen, daß wahrscheinlich alle tellurischen Stoffe vorübergehend sich magnetisch verhalten können. Nach den Versuchen des ersteren der eben genannten großen Physiker wirken auf die Schwingungen einer Nadel Wasser, Eis ¹⁷ , Glas und Kohle ganz wie Quecksilber in den Rotations-Versuchen. Fast alle Stoffe zeigen sich in einem gewissen Grade magnetisch, wenn sie leitend sind, d. h. von der Electricität durchströmt werden. So uralt auch bei den westlichen Völkern die Kenntniß der Ziehkraft natürlicher Eisen-Magnete zu sein scheint, so war doch (und diese historisch sehr fest begründete

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/205
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/205>, abgerufen am 22.11.2024.