Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.entfernt, als es die Erde von der Sonne ist. Stände der Nebelstern also an der Stelle unserer Sonne, so würde seine Atmosphäre nicht bloß die Uranusbahn einschließen, sondern sich noch achtmal weiter als diese erstrecken65. Unter der eben geschilderten engen Begrenzung der Sonnen-Atmosphäre, ist mit vieler Wahrscheinlichkeit als materielle Ursach des Zodiacallichtes die Existenz eines zwischen der Venus- und Marsbahn frei im Weltraume kreisenden, sehr abgeplatteten Ringes66 dunstartiger Materie zu betrachten. Von seinen eigentlichen körperlichen Dimensionen, von seiner Vergrößerung67 durch Ausströmung der Schweife vieler Myriaden von Cometen, die in die Sonnennähe kommen, von der sonderbaren Veränderlichkeit seiner Ausdehnung, da er bisweilen sich nicht über unsere Erdbahn hinaus zu erstrecken scheint, endlich von seinem muthmaßlichen inneren Zusammenhange mit dem in der Nähe der Sonne mehr condensirten Weltdunste ist wohl für jetzt nichts sicheres zu berichten. Die dunstförmigen Theilchen, aus welchen der Ring besteht und die nach planetarischen Gesetzen um die Sonne circuliren, können entweder selbstleuchtend oder von der Sonne erleuchtet sein. Selbst ein irdischer Nebel (und diese Thatsache ist sehr merkwürdig) hat sich 1743, zur Zeit des Neumondes, mitten in der Nacht so phosphorisch erwiesen, daß man Gegenstände in 600 Fuß Entfernung68 deutlich erkennen konnte. In dem Tropenklima von Süd-Amerika hat mich bisweilen die veränderliche Lichtstärke des Zodiacalscheins in Erstaunen gesetzt. Da ich mehrere Monate lang, an den Flußufern und in den Grasebenen (Llanos), die heiteren Nächte in freier Luft zubrachte, so hatte ich Gelegenheit, entfernt, als es die Erde von der Sonne ist. Stände der Nebelstern also an der Stelle unserer Sonne, so würde seine Atmosphäre nicht bloß die Uranusbahn einschließen, sondern sich noch achtmal weiter als diese erstrecken65. Unter der eben geschilderten engen Begrenzung der Sonnen-Atmosphäre, ist mit vieler Wahrscheinlichkeit als materielle Ursach des Zodiacallichtes die Existenz eines zwischen der Venus- und Marsbahn frei im Weltraume kreisenden, sehr abgeplatteten Ringes66 dunstartiger Materie zu betrachten. Von seinen eigentlichen körperlichen Dimensionen, von seiner Vergrößerung67 durch Ausströmung der Schweife vieler Myriaden von Cometen, die in die Sonnennähe kommen, von der sonderbaren Veränderlichkeit seiner Ausdehnung, da er bisweilen sich nicht über unsere Erdbahn hinaus zu erstrecken scheint, endlich von seinem muthmaßlichen inneren Zusammenhange mit dem in der Nähe der Sonne mehr condensirten Weltdunste ist wohl für jetzt nichts sicheres zu berichten. Die dunstförmigen Theilchen, aus welchen der Ring besteht und die nach planetarischen Gesetzen um die Sonne circuliren, können entweder selbstleuchtend oder von der Sonne erleuchtet sein. Selbst ein irdischer Nebel (und diese Thatsache ist sehr merkwürdig) hat sich 1743, zur Zeit des Neumondes, mitten in der Nacht so phosphorisch erwiesen, daß man Gegenstände in 600 Fuß Entfernung68 deutlich erkennen konnte. In dem Tropenklima von Süd-Amerika hat mich bisweilen die veränderliche Lichtstärke des Zodiacalscheins in Erstaunen gesetzt. 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entfernt, als es die Erde von der Sonne ist. Stände der Nebelstern also an der Stelle unserer Sonne, so würde seine Atmosphäre nicht bloß die Uranusbahn einschließen, sondern sich noch achtmal weiter als diese erstrecken
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Unter der eben geschilderten engen Begrenzung der Sonnen-Atmosphäre, ist mit vieler Wahrscheinlichkeit als materielle Ursach des Zodiacallichtes die Existenz eines zwischen der Venus- und Marsbahn frei im Weltraume kreisenden, sehr abgeplatteten Ringes
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dunstartiger Materie zu betrachten. Von seinen eigentlichen körperlichen Dimensionen, von seiner Vergrößerung
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durch Ausströmung der Schweife vieler Myriaden von Cometen, die in die Sonnennähe kommen, von der sonderbaren Veränderlichkeit seiner Ausdehnung, da er bisweilen sich nicht über unsere Erdbahn hinaus zu erstrecken scheint, endlich von seinem muthmaßlichen inneren Zusammenhange mit dem in der Nähe der Sonne mehr condensirten Weltdunste ist wohl für jetzt nichts sicheres zu berichten. Die dunstförmigen Theilchen, aus welchen der Ring besteht und die nach planetarischen Gesetzen um die Sonne circuliren, können entweder selbstleuchtend oder von der Sonne erleuchtet sein. Selbst ein irdischer Nebel (und diese Thatsache ist sehr merkwürdig) hat sich 1743, zur Zeit des Neumondes, mitten in der Nacht so phosphorisch erwiesen, daß man Gegenstände in 600 Fuß Entfernung
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deutlich erkennen konnte.
In dem Tropenklima von Süd-Amerika hat mich bisweilen die veränderliche Lichtstärke des Zodiacalscheins in Erstaunen gesetzt. Da ich mehrere Monate lang, an den Flußufern und in den Grasebenen (Llanos), die heiteren Nächte in freier Luft zubrachte, so hatte ich Gelegenheit,
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Zitationshilfe: | Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/165>, abgerufen am 27.07.2024. |