Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.Vergleicht man den Weltraum mit einem der inselreichen Meere unseres Planeten, so kann man sich die Materie gruppenweise vertheilt denken: bald in unauflösliche Nebelflecke von verschiedenem Alter, um einen oder um mehrere Kerne verdichtet, bald schon in Sternhaufen oder isolirte Sporaden geballt. Unser Sternhaufen, die Weltinsel, zu der wir gehören, bildet eine linsenförmig abgeplattete, überall abgesonderte Schicht, deren große Axe zu sieben- bis achthundert, die kleine zu hundert und funfzig Siriusweiten geschätzt wird. In der Voraussetzung, daß die Parallaxe des Sirius nicht größer ist als die genau bestimmte des glänzendsten Sternes im Centaur (0",9128), durchläuft das Licht eine Siriusweite in drei Jahren, während aus Bessel's vortrefflicher früheren Arbeit4 über die Parallaxe des merkwürdigen 61sten Sternes im Schwan (0",3483), dessen beträchtliche eigene Bewegung auf eine große Nähe hätte schließen lassen, folgt, daß von diesem Sterne das Licht zu uns erst in 91/4 Jahren gelangt. Unsere Sternschicht, eine Scheibe von geringer Dicke, ist zu einem Drittel in zwei Arme getheilt; man glaubt, wir stehen dieser Theilung nahe, ja der Gegend des Sirius näher als dem Sternbild des Adlers, fast in der Mitte der körperlichen Ausdehnung der Schicht, ihrer Dicke oder kleinen Axe nach. Dieser Ort unsres Sonnensystems und die Gestaltung der ganzen Linse sind aus Stern-Aichungen, d. h. aus jenen Sternzählungen geschlossen, deren ich oben bereits erwähnte und die sich auf gleich große Abtheilungen des telescopischen Gesichtsfeldes beziehen. Die zu- und abnehmende Sternmenge mißt die Tiefe der Schicht nach verschiedenen Richtungen hin. So geben die Aichungen die Vergleicht man den Weltraum mit einem der inselreichen Meere unseres Planeten, so kann man sich die Materie gruppenweise vertheilt denken: bald in unauflösliche Nebelflecke von verschiedenem Alter, um einen oder um mehrere Kerne verdichtet, bald schon in Sternhaufen oder isolirte Sporaden geballt. Unser Sternhaufen, die Weltinsel, zu der wir gehören, bildet eine linsenförmig abgeplattete, überall abgesonderte Schicht, deren große Axe zu sieben- bis achthundert, die kleine zu hundert und funfzig Siriusweiten geschätzt wird. In der Voraussetzung, daß die Parallaxe des Sirius nicht größer ist als die genau bestimmte des glänzendsten Sternes im Centaur (0″,9128), durchläuft das Licht eine Siriusweite in drei Jahren, während aus Bessel's vortrefflicher früheren Arbeit4 über die Parallaxe des merkwürdigen 61sten Sternes im Schwan (0″,3483), dessen beträchtliche eigene Bewegung auf eine große Nähe hätte schließen lassen, folgt, daß von diesem Sterne das Licht zu uns erst in 9¼ Jahren gelangt. Unsere Sternschicht, eine Scheibe von geringer Dicke, ist zu einem Drittel in zwei Arme getheilt; man glaubt, wir stehen dieser Theilung nahe, ja der Gegend des Sirius näher als dem Sternbild des Adlers, fast in der Mitte der körperlichen Ausdehnung der Schicht, ihrer Dicke oder kleinen Axe nach. Dieser Ort unsres Sonnensystems und die Gestaltung der ganzen Linse sind aus Stern-Aichungen, d. h. aus jenen Sternzählungen geschlossen, deren ich oben bereits erwähnte und die sich auf gleich große Abtheilungen des telescopischen Gesichtsfeldes beziehen. Die zu- und abnehmende Sternmenge mißt die Tiefe der Schicht nach verschiedenen Richtungen hin. So geben die Aichungen die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0111" n="92"/> <p>Vergleicht man den Weltraum mit einem der inselreichen Meere unseres Planeten, so kann man sich die Materie <hi rendition="#g">gruppenweise</hi> vertheilt denken: bald in unauflösliche Nebelflecke von verschiedenem Alter, um einen oder um mehrere Kerne verdichtet, bald schon in Sternhaufen oder isolirte Sporaden geballt. 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Unsere Sternschicht, eine Scheibe von geringer Dicke, ist zu einem Drittel in zwei Arme getheilt; man glaubt, wir stehen dieser Theilung nahe, ja der Gegend des Sirius näher als dem Sternbild des Adlers, fast in der Mitte der körperlichen Ausdehnung der Schicht, ihrer Dicke oder kleinen Axe nach.</p> <p>Dieser Ort unsres Sonnensystems und die Gestaltung der ganzen Linse sind aus <hi rendition="#g">Stern-Aichungen,</hi> d. h. aus jenen Sternzählungen geschlossen, deren ich oben bereits erwähnte und die sich auf gleich große Abtheilungen des telescopischen Gesichtsfeldes beziehen. Die zu- und abnehmende Sternmenge mißt die <hi rendition="#g">Tiefe</hi> der Schicht nach verschiedenen Richtungen hin. So geben die Aichungen die </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [92/0111]
Vergleicht man den Weltraum mit einem der inselreichen Meere unseres Planeten, so kann man sich die Materie gruppenweise vertheilt denken: bald in unauflösliche Nebelflecke von verschiedenem Alter, um einen oder um mehrere Kerne verdichtet, bald schon in Sternhaufen oder isolirte Sporaden geballt. Unser Sternhaufen, die Weltinsel, zu der wir gehören, bildet eine linsenförmig abgeplattete, überall abgesonderte Schicht, deren große Axe zu sieben- bis achthundert, die kleine zu hundert und funfzig Siriusweiten geschätzt wird. In der Voraussetzung, daß die Parallaxe des Sirius nicht größer ist als die genau bestimmte des glänzendsten Sternes im Centaur (0″,9128), durchläuft das Licht eine Siriusweite in drei Jahren, während aus Bessel's vortrefflicher früheren Arbeit
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über die Parallaxe des merkwürdigen 61sten Sternes im Schwan (0″,3483), dessen beträchtliche eigene Bewegung auf eine große Nähe hätte schließen lassen, folgt, daß von diesem Sterne das Licht zu uns erst in 9¼ Jahren gelangt. Unsere Sternschicht, eine Scheibe von geringer Dicke, ist zu einem Drittel in zwei Arme getheilt; man glaubt, wir stehen dieser Theilung nahe, ja der Gegend des Sirius näher als dem Sternbild des Adlers, fast in der Mitte der körperlichen Ausdehnung der Schicht, ihrer Dicke oder kleinen Axe nach.
Dieser Ort unsres Sonnensystems und die Gestaltung der ganzen Linse sind aus Stern-Aichungen, d. h. aus jenen Sternzählungen geschlossen, deren ich oben bereits erwähnte und die sich auf gleich große Abtheilungen des telescopischen Gesichtsfeldes beziehen. Die zu- und abnehmende Sternmenge mißt die Tiefe der Schicht nach verschiedenen Richtungen hin. So geben die Aichungen die
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