Humboldt, Alexander von: Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. [Tübingen], [1806].Grabstätte der Pflanzen und Thiere, so verkündi- Wir beginnen mit den Palmen, der höch- Grabstätte der Pflanzen und Thiere, so verkündi- Wir beginnen mit den Palmen, der höch- <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0017" n="18"/> Grabstätte der Pflanzen und Thiere, so verkündi-<lb/> gen uns die Versteinerungen nicht bloß eine Ver-<lb/> theilung der Formen, die mit den jetzigen Klima-<lb/> ten in Widerspruch steht; nein, sie zeigen uns<lb/> auch kolossale Gestalten, welche mit den klein-<lb/> lichen, die uns gegenwärtig umgeben, nicht min-<lb/> der contrastiren, als die einfache Heldennatur der<lb/> Griechen gegen die Charaktergröße neuerer Zeit.<lb/> Hat die Temperatur des Erdkörpers beträchtliche,<lb/> vielleicht periodisch wiederkehrende Veränderun-<lb/> gen erlitten; ist das Verhältniß zwischen Meer<lb/> und Land, ja selbst die Höhe des Luftozeans und<lb/> sein Druck nicht immer derselbe gewesen: so<lb/> muß die Physiognomie der Natur, so müssen<lb/> Größe und Gestalt des Organismus, ebenfalls<lb/> schon manchem Wechsel unterworfen gewesen<lb/> sein. Unfähig, diese Physiognomie des alternden<lb/> Planeten nach ihren gegenwärtigen Zügen voll-<lb/> ständig zu schildern, wage ich nur diejenigen Cha-<lb/> raktere auszuheben, welche jeder Pflanzengruppe<lb/> vorzüglich zukommen. Bei allem Reichthum und<lb/> aller Biegsamkeit unserer vaterländischen Sprache,<lb/> ist es ein schwieriges Unternehmen, mit Worten<lb/> zu bezeichnen, was eigentlich nur der nachah-<lb/> menden Kunst des Malers darzustellen geziemt.<lb/> Auch wünschte ich, das Ermüdende des Eindrucks<lb/> zu vermeiden, das jede Aufzählung einzelner<lb/> Formen unausbleiblich erregen muß.</p><lb/> <p>Wir beginnen mit den <hi rendition="#g">Palmen</hi>, der höch-<lb/> sten und edelsten aller Pflanzengestalten. Denn<lb/> ihr haben stets die Völker (und die früheste Men-<lb/></p> </body> </text> </TEI> [18/0017]
Grabstätte der Pflanzen und Thiere, so verkündi-
gen uns die Versteinerungen nicht bloß eine Ver-
theilung der Formen, die mit den jetzigen Klima-
ten in Widerspruch steht; nein, sie zeigen uns
auch kolossale Gestalten, welche mit den klein-
lichen, die uns gegenwärtig umgeben, nicht min-
der contrastiren, als die einfache Heldennatur der
Griechen gegen die Charaktergröße neuerer Zeit.
Hat die Temperatur des Erdkörpers beträchtliche,
vielleicht periodisch wiederkehrende Veränderun-
gen erlitten; ist das Verhältniß zwischen Meer
und Land, ja selbst die Höhe des Luftozeans und
sein Druck nicht immer derselbe gewesen: so
muß die Physiognomie der Natur, so müssen
Größe und Gestalt des Organismus, ebenfalls
schon manchem Wechsel unterworfen gewesen
sein. Unfähig, diese Physiognomie des alternden
Planeten nach ihren gegenwärtigen Zügen voll-
ständig zu schildern, wage ich nur diejenigen Cha-
raktere auszuheben, welche jeder Pflanzengruppe
vorzüglich zukommen. Bei allem Reichthum und
aller Biegsamkeit unserer vaterländischen Sprache,
ist es ein schwieriges Unternehmen, mit Worten
zu bezeichnen, was eigentlich nur der nachah-
menden Kunst des Malers darzustellen geziemt.
Auch wünschte ich, das Ermüdende des Eindrucks
zu vermeiden, das jede Aufzählung einzelner
Formen unausbleiblich erregen muß.
Wir beginnen mit den Palmen, der höch-
sten und edelsten aller Pflanzengestalten. Denn
ihr haben stets die Völker (und die früheste Men-
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Zitationshilfe: | Humboldt, Alexander von: Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. [Tübingen], [1806], S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_ideen_1806/17>, abgerufen am 08.07.2024. |