Humboldt, Alexander von: [Ich über mich selbst. Mein Weg zum Naturwissenschaftler und Forschungsreisenden 1769–1790.] In: Ders.: Tagebücher der Amerikanischen Reise, VII a u. b, Bl. 134v–136v. S[anta] Fe [de Bogotá], 1801 [mit späteren Ergänzungen].221 welt zu versezen, reizten mich damals an. Dazu schien mir diesdas einzige Mittel sich dem Naturzustande zu nähern. und Fuß- reisen mit einem einseitigen aber genievollen Menschen Friedrich Hesse um Allmerode und Allendorf (1789) der romantische Zau- ber jener Felsenthäler hatten mich in eine poetische Stimung ver- sezt, die dieden Fortschritten meiner Urtheilskraft hätten gefährlich werden können. Alles was auf bürgerliche Verhältnisse Bezug hatte wurde mir verächtlich, jede Gemächlichkeit des häuslichen Lebens und der fei- neren Welt ekelte mich an. Ich lebte in einer Ideenwelt, die mich von der wirklichen abzog. Der Umgang roher Menschen, das Ordens- wesen der Unitisten interessirte mich auf eine sträfliche Weise. Wilhelms Abwesenheit (er war in Paris mit Campe) vermehrte die Crisis. Ich schrieb verrükte Briefe an meine Freunde und wurde mir selbst von Tage zu Tage unverständlicher. Meine Reise mit Forster in das Gebirge von Derbyshire ver- 221 welt zu versezen, reizten mich damals an. Dazu schien mir diesdas einzige Mittel sich dem Naturzustande zu nähern. und Fuß- reisen mit einem einseitigen aber genievollen Menschen Friedrich Hesse um Allmerode und Allendorf (1789) der romantische Zau- ber jener Felsenthäler hatten mich in eine poetische Stimung ver- sezt, die dieden Fortschritten meiner Urtheilskraft hätten gefährlich werden können. Alles was ⎡auf bürgerliche Verhältnisse Bezug hatte wurde mir verächtlich, jede Gemächlichkeit des häuslichen Lebens und der fei- neren Welt ekelte mich an. Ich lebte in einer Ideenwelt, die mich von der wirklichen abzog. Der Umgang roher Menschen, das Ordens- wesen der Unitisten interessirte mich auf eine sträfliche Weise. 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welt zu versezen, reizten mich damals an. Dazu schien mir dies
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reisen mit einem einseitigen aber genievollen Menschen Friedrich
Hesse um Allmerode u Allendorf (1789) der romantische Zau-
ber jener Felsenthäler hatten mich in eine poetische Stimung ver-
sezt, die dieden Fortschritten meiner Urtheilskraft hätten gefährlich
werden können. Alles was auf bürgerliche Verhältnisse Bezug hatte wurde
mir verächtlich, jede Gemächlichkeit des häuslichen Lebens u der fei-
neren Welt ekelte mich an. Ich lebte in einer Ideenwelt, die mich
von der wirklichen abzog. Der Umgang roher Menschen, das Ordens-
wesen der Unitisten interessirte mich auf eine sträfliche Weise. Wilhelms
Abwesenheit (er war in Paris mit Campe) vermehrte die Crisis. Ich
schrieb verrükte Briefe an meine Freunde u wurde mir selbst
von Tage zu Tage unverständlicher.
Meine Reise mit Forster in das Gebirge von Derbyshire ver-
mehrte jene melancholische Stimung. Das Dunkel der Castleto-
ner Hölen verbreitete sich über meine Phantasie. Ich weinte oft
ohne zu wissen warum u der arme Forster quälte sich zu ergrün-
den, was so dunkel in meiner Seele lag. Mit dieser Stimm-
ung kehrte ich über Paris nach Mainz zurük. Ich hatte entfern-
te Pläne geschmiedet.
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Zitationshilfe: | Humboldt, Alexander von: [Ich über mich selbst. Mein Weg zum Naturwissenschaftler und Forschungsreisenden 1769–1790.] In: Ders.: Tagebücher der Amerikanischen Reise, VII a u. b, Bl. 134v–136v. S[anta] Fe [de Bogotá], 1801 [mit späteren Ergänzungen], S. 136v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_ich_1804/5>, abgerufen am 08.07.2024. |