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Humboldt, Wilhelm von: Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen. Breslau, 1851.

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dass die Erhaltung der Sicherheit sowohl gegen auswär-
tige Feinde, als innerliche Zwistigkeiten den Zweck des
Staats ausmachen, und seine Wirksamkeit beschäftigen
muss;

da ich bisher nur negativ zu bestimmen versuchte, dass er die
Gränzen seiner Sorgfalt wenigstens nicht weiter ausdehnen
dürfe.

Diese Behauptung wird auch durch die Geschichte so sehr
bestätigt, dass in allen früheren Nationen die Könige nichts
andres waren, als Anführer im Kriege, oder Richter im Frieden.
Ich sage die Könige. Denn -- wenn mir diese Abschweifung
erlaubt ist -- die Geschichte zeigt uns, wie sonderbar es auch
scheint, gerade in der Epoche, wo dem Menschen, welcher, mit
noch sehr wenigem Eigenthum versehen, nur persönliche Kraft
kennt und schätzt, und in die ungestörteste Ausübung der-
selben den höchsten Genuss setzt, das Gefühl seiner Freiheit
das theuerste ist, nichts als Könige und Monarchien. So alle
Staatsverfassungen Asiens, so die ältesten Griechenlands, Ita-
liens, und der freiheitliebendsten Stämme, der germanischen 1).
Denkt man über die Gründe hiervon nach, so wird man gleich-
sam von der Wahrheit überrascht, dass gerade die Wahl einer
Monarchie ein Beweis der höchsten Freiheit der Wählenden
ist. Der Gedanke eines Befehlshabers entsteht, wie oben
gesagt, nur durch das Gefühl der Nothwendigkeit eines An-
führers, oder eines Schiedsrichters. Nun ist Ein Führer oder
Entscheider unstreitig das Zweckmässigste. Die Besorgniss,
dass der Eine aus einem Führer und Schiedsrichter ein Herr-
scher werden möchte, kennt der wahrhaft freie Mann, die Möglich-
keit selbst ahnet er nicht; er traut keinem Menschen die

1) Reges (nam in terris nomen imperii id primum fuit) cet. Sallustius in
Catilina. c. 2. Kat arkhas apasa polis Ellas ebasileueto. Dion. Halicarn.
Antiquit. Rom. 1. 5. (Zuerst wurden alle griechische Städte von Königen
beherrscht u. s. f.)

dass die Erhaltung der Sicherheit sowohl gegen auswär-
tige Feinde, als innerliche Zwistigkeiten den Zweck des
Staats ausmachen, und seine Wirksamkeit beschäftigen
muss;

da ich bisher nur negativ zu bestimmen versuchte, dass er die
Gränzen seiner Sorgfalt wenigstens nicht weiter ausdehnen
dürfe.

Diese Behauptung wird auch durch die Geschichte so sehr
bestätigt, dass in allen früheren Nationen die Könige nichts
andres waren, als Anführer im Kriege, oder Richter im Frieden.
Ich sage die Könige. Denn — wenn mir diese Abschweifung
erlaubt ist — die Geschichte zeigt uns, wie sonderbar es auch
scheint, gerade in der Epoche, wo dem Menschen, welcher, mit
noch sehr wenigem Eigenthum versehen, nur persönliche Kraft
kennt und schätzt, und in die ungestörteste Ausübung der-
selben den höchsten Genuss setzt, das Gefühl seiner Freiheit
das theuerste ist, nichts als Könige und Monarchien. So alle
Staatsverfassungen Asiens, so die ältesten Griechenlands, Ita-
liens, und der freiheitliebendsten Stämme, der germanischen 1).
Denkt man über die Gründe hiervon nach, so wird man gleich-
sam von der Wahrheit überrascht, dass gerade die Wahl einer
Monarchie ein Beweis der höchsten Freiheit der Wählenden
ist. Der Gedanke eines Befehlshabers entsteht, wie oben
gesagt, nur durch das Gefühl der Nothwendigkeit eines An-
führers, oder eines Schiedsrichters. Nun ist Ein Führer oder
Entscheider unstreitig das Zweckmässigste. Die Besorgniss,
dass der Eine aus einem Führer und Schiedsrichter ein Herr-
scher werden möchte, kennt der wahrhaft freie Mann, die Möglich-
keit selbst ahnet er nicht; er traut keinem Menschen die

1) Reges (nam in terris nomen imperii id primum fuit) cet. Sallustius in
Catilina. c. 2. Κατ̕ αϱχας ἁπασα πολις Ελλας εβασιλευετο. Dion. Halicarn.
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[46/0082] dass die Erhaltung der Sicherheit sowohl gegen auswär- tige Feinde, als innerliche Zwistigkeiten den Zweck des Staats ausmachen, und seine Wirksamkeit beschäftigen muss; da ich bisher nur negativ zu bestimmen versuchte, dass er die Gränzen seiner Sorgfalt wenigstens nicht weiter ausdehnen dürfe. Diese Behauptung wird auch durch die Geschichte so sehr bestätigt, dass in allen früheren Nationen die Könige nichts andres waren, als Anführer im Kriege, oder Richter im Frieden. Ich sage die Könige. Denn — wenn mir diese Abschweifung erlaubt ist — die Geschichte zeigt uns, wie sonderbar es auch scheint, gerade in der Epoche, wo dem Menschen, welcher, mit noch sehr wenigem Eigenthum versehen, nur persönliche Kraft kennt und schätzt, und in die ungestörteste Ausübung der- selben den höchsten Genuss setzt, das Gefühl seiner Freiheit das theuerste ist, nichts als Könige und Monarchien. So alle Staatsverfassungen Asiens, so die ältesten Griechenlands, Ita- liens, und der freiheitliebendsten Stämme, der germanischen 1). Denkt man über die Gründe hiervon nach, so wird man gleich- sam von der Wahrheit überrascht, dass gerade die Wahl einer Monarchie ein Beweis der höchsten Freiheit der Wählenden ist. Der Gedanke eines Befehlshabers entsteht, wie oben gesagt, nur durch das Gefühl der Nothwendigkeit eines An- führers, oder eines Schiedsrichters. Nun ist Ein Führer oder Entscheider unstreitig das Zweckmässigste. Die Besorgniss, dass der Eine aus einem Führer und Schiedsrichter ein Herr- scher werden möchte, kennt der wahrhaft freie Mann, die Möglich- keit selbst ahnet er nicht; er traut keinem Menschen die 1) Reges (nam in terris nomen imperii id primum fuit) cet. Sallustius in Catilina. c. 2. Κατ̕ αϱχας ἁπασα πολις Ελλας εβασιλευετο. Dion. Halicarn. Antiquit. Rom. 1. 5. (Zuerst wurden alle griechische Städte von Königen beherrscht u. s. f.)

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Zitationshilfe: Humboldt, Wilhelm von: Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen. Breslau, 1851, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_grenzen_1851/82>, abgerufen am 22.11.2024.