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Humboldt, Wilhelm von: Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen. Breslau, 1851.

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der freien und natürlichen Aeusserung der Kräfte, bringt bis
ins Unendliche gehend neue Verhältnisse hervor, und so lässt
sich die Menge der folgenden, welche sie nach sich zieht, (selbst
den gleichmässigsten Gang der Begebenheiten angenommen,
und alle irgend wichtige unvermuthete Zufälle, die doch nie
fehlen, abgerechnet) nicht voraussehen. Jeder, der sich mit
der höheren Staatsverwaltung zu beschäftigen Gelegenheit hat,
fühlt gewiss aus Erfahrung, wie wenig Maassregeln eigentlich
eine unmittelbare, absolute, wie viele hingegen eine bloss rela-
tive, mittelbare, von andern vorhergegangenen abhängende
Nothwendigkeit haben. Dadurch wird daher eine bei weitem
grössere Menge von Mitteln nothwendig, und eben diese Mit-
tel werden der Erreichung des eigentlichen Zweckes ent-
zogen. Nicht allein dass ein solcher Staat grösserer Einkünfte
bedarf, sondern er erfordert auch künstlichere Anstalten zur
Erhaltung der eigentlichen politischen Sicherheit, die Theile
hängen weniger von selbst fest zusammen, die Sorgfalt des
Staats muss bei weitem thätiger sein. Daraus entspringt nun
eine gleich schwierige, und leider nur zu oft vernachlässigte
Berechnung, ob die natürlichen Kräfte des Staats zu Herbei-
schaffung aller nothwendig erforderlichen Mittel hinreichend
sind? und fällt diese Berechnung unrichtig aus, ist ein wahres
Missverhältniss vorhanden, so müssen neue künstliche Veran-
staltungen die Kräfte überspannen, ein Uebel, an welchem nur
zu viele neuere Staaten, wenn gleich nicht allein aus dieser
Ursache, kranken.

Vorzüglich ist hiebei ein Schade nicht zu übersehen, weil
er den Menschen und seine Bildung so nahe betrifft, nämlich
dass die eigentliche Verwaltung der Staatsgeschäfte dadurch
eine Verflechtung erhält, welche, um nicht Verwirrung zu
werden, eine unglaubliche Menge detaillirter Einrichtungen
bedarf und eben so viele Personen beschäftigt. Von diesen
haben indess doch die meisten nur mit Zeichen und Formeln

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der freien und natürlichen Aeusserung der Kräfte, bringt bis
ins Unendliche gehend neue Verhältnisse hervor, und so lässt
sich die Menge der folgenden, welche sie nach sich zieht, (selbst
den gleichmässigsten Gang der Begebenheiten angenommen,
und alle irgend wichtige unvermuthete Zufälle, die doch nie
fehlen, abgerechnet) nicht voraussehen. Jeder, der sich mit
der höheren Staatsverwaltung zu beschäftigen Gelegenheit hat,
fühlt gewiss aus Erfahrung, wie wenig Maassregeln eigentlich
eine unmittelbare, absolute, wie viele hingegen eine bloss rela-
tive, mittelbare, von andern vorhergegangenen abhängende
Nothwendigkeit haben. Dadurch wird daher eine bei weitem
grössere Menge von Mitteln nothwendig, und eben diese Mit-
tel werden der Erreichung des eigentlichen Zweckes ent-
zogen. Nicht allein dass ein solcher Staat grösserer Einkünfte
bedarf, sondern er erfordert auch künstlichere Anstalten zur
Erhaltung der eigentlichen politischen Sicherheit, die Theile
hängen weniger von selbst fest zusammen, die Sorgfalt des
Staats muss bei weitem thätiger sein. Daraus entspringt nun
eine gleich schwierige, und leider nur zu oft vernachlässigte
Berechnung, ob die natürlichen Kräfte des Staats zu Herbei-
schaffung aller nothwendig erforderlichen Mittel hinreichend
sind? und fällt diese Berechnung unrichtig aus, ist ein wahres
Missverhältniss vorhanden, so müssen neue künstliche Veran-
staltungen die Kräfte überspannen, ein Uebel, an welchem nur
zu viele neuere Staaten, wenn gleich nicht allein aus dieser
Ursache, kranken.

Vorzüglich ist hiebei ein Schade nicht zu übersehen, weil
er den Menschen und seine Bildung so nahe betrifft, nämlich
dass die eigentliche Verwaltung der Staatsgeschäfte dadurch
eine Verflechtung erhält, welche, um nicht Verwirrung zu
werden, eine unglaubliche Menge detaillirter Einrichtungen
bedarf und eben so viele Personen beschäftigt. Von diesen
haben indess doch die meisten nur mit Zeichen und Formeln

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[33/0069] der freien und natürlichen Aeusserung der Kräfte, bringt bis ins Unendliche gehend neue Verhältnisse hervor, und so lässt sich die Menge der folgenden, welche sie nach sich zieht, (selbst den gleichmässigsten Gang der Begebenheiten angenommen, und alle irgend wichtige unvermuthete Zufälle, die doch nie fehlen, abgerechnet) nicht voraussehen. Jeder, der sich mit der höheren Staatsverwaltung zu beschäftigen Gelegenheit hat, fühlt gewiss aus Erfahrung, wie wenig Maassregeln eigentlich eine unmittelbare, absolute, wie viele hingegen eine bloss rela- tive, mittelbare, von andern vorhergegangenen abhängende Nothwendigkeit haben. Dadurch wird daher eine bei weitem grössere Menge von Mitteln nothwendig, und eben diese Mit- tel werden der Erreichung des eigentlichen Zweckes ent- zogen. Nicht allein dass ein solcher Staat grösserer Einkünfte bedarf, sondern er erfordert auch künstlichere Anstalten zur Erhaltung der eigentlichen politischen Sicherheit, die Theile hängen weniger von selbst fest zusammen, die Sorgfalt des Staats muss bei weitem thätiger sein. Daraus entspringt nun eine gleich schwierige, und leider nur zu oft vernachlässigte Berechnung, ob die natürlichen Kräfte des Staats zu Herbei- schaffung aller nothwendig erforderlichen Mittel hinreichend sind? und fällt diese Berechnung unrichtig aus, ist ein wahres Missverhältniss vorhanden, so müssen neue künstliche Veran- staltungen die Kräfte überspannen, ein Uebel, an welchem nur zu viele neuere Staaten, wenn gleich nicht allein aus dieser Ursache, kranken. Vorzüglich ist hiebei ein Schade nicht zu übersehen, weil er den Menschen und seine Bildung so nahe betrifft, nämlich dass die eigentliche Verwaltung der Staatsgeschäfte dadurch eine Verflechtung erhält, welche, um nicht Verwirrung zu werden, eine unglaubliche Menge detaillirter Einrichtungen bedarf und eben so viele Personen beschäftigt. Von diesen haben indess doch die meisten nur mit Zeichen und Formeln 3

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Zitationshilfe: Humboldt, Wilhelm von: Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen. Breslau, 1851, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_grenzen_1851/69>, abgerufen am 24.11.2024.