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Humboldt, Wilhelm von: Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen. Breslau, 1851.

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ben, auf der er in der letzten Epoche seines Lebens häufig
verweilte, und die nach seinem Tode seinen Söhnen zufiel1), ist
es kürzlich zum Vorschein gekommen. Es liegt der gegen-
wärtigen Veröffentlichung zu Grunde.

Dass wir wirklich das Original vor uns haben, darüber kann
kein Zweifel sein. Erstlich zeigt die in gewissen Einzelheiten
sehr charakteristische Handschrift die vollständigste Ueberein-
stimmung mit unzweifelhaft Humboldtschen Schriftzügen,
namentlich mit denen des kürzlich vor den "Briefen an eine
Freundin" im Facsimile mitgetheilten Stammbuchsblattes vom
Jahre 1788. Aber auch wenn man die unwahrscheinliche An-
nahme machen wollte, dass die Abschrift ebenfalls von Hum-
boldt selbst hergerührt habe, würde man bei dem ersten An-
blicke unsres Manuscripts namentlich durch die Natur der häufig
in demselben vorkommenden Correkturen genöthigt sein anzu-
erkennen, dass die Worte desselben nicht nach einer vorliegen-
den Urschrift copirt, sondern nur unmittelbar aus dem Geiste
in die Feder des Schreibenden geflossen sein können. Endlich
liegt der schlagendste Beweis in einem übrigens sehr beklagens-
werthen Umstande, nämlich in der Lücke, die sich in unsrem
Manuscripte findet. -- Sechs Bogen fehlen, -- vom dritten bis
zum achten, -- dieselben, denen das in der Thalia gedruckte
Stück des Aufsatzes entnommen ist. Es ist also klar, dass
wir es mit demjenigen Manuscripte zu thun haben, welches
sich in Schillers Händen befunden hat, und welches Humboldt
sehr bestimmt als Urschrift von der Abschrift unterscheidet,--
und dass die fehlenden Bogen von Schiller überhaupt nicht an
Humboldt zurückgekommen sind.

Was nun die Lücke selbst betrifft, so ist sie trotz des Ab-
drucks in der Thalia in hohem Grade zu bedauern. Einmal
ist der Abdruck kein durchaus getreuer gewesen. Vielmehr

1) Vergl. Schlesier. Erinnerungen II, 322 u. 561.

ben, auf der er in der letzten Epoche seines Lebens häufig
verweilte, und die nach seinem Tode seinen Söhnen zufiel1), ist
es kürzlich zum Vorschein gekommen. Es liegt der gegen-
wärtigen Veröffentlichung zu Grunde.

Dass wir wirklich das Original vor uns haben, darüber kann
kein Zweifel sein. Erstlich zeigt die in gewissen Einzelheiten
sehr charakteristische Handschrift die vollständigste Ueberein-
stimmung mit unzweifelhaft Humboldtschen Schriftzügen,
namentlich mit denen des kürzlich vor den „Briefen an eine
Freundin“ im Facsimile mitgetheilten Stammbuchsblattes vom
Jahre 1788. Aber auch wenn man die unwahrscheinliche An-
nahme machen wollte, dass die Abschrift ebenfalls von Hum-
boldt selbst hergerührt habe, würde man bei dem ersten An-
blicke unsres Manuscripts namentlich durch die Natur der häufig
in demselben vorkommenden Correkturen genöthigt sein anzu-
erkennen, dass die Worte desselben nicht nach einer vorliegen-
den Urschrift copirt, sondern nur unmittelbar aus dem Geiste
in die Feder des Schreibenden geflossen sein können. Endlich
liegt der schlagendste Beweis in einem übrigens sehr beklagens-
werthen Umstande, nämlich in der Lücke, die sich in unsrem
Manuscripte findet. — Sechs Bogen fehlen, — vom dritten bis
zum achten, — dieselben, denen das in der Thalia gedruckte
Stück des Aufsatzes entnommen ist. Es ist also klar, dass
wir es mit demjenigen Manuscripte zu thun haben, welches
sich in Schillers Händen befunden hat, und welches Humboldt
sehr bestimmt als Urschrift von der Abschrift unterscheidet,—
und dass die fehlenden Bogen von Schiller überhaupt nicht an
Humboldt zurückgekommen sind.

Was nun die Lücke selbst betrifft, so ist sie trotz des Ab-
drucks in der Thalia in hohem Grade zu bedauern. Einmal
ist der Abdruck kein durchaus getreuer gewesen. Vielmehr

1) Vergl. Schlesier. Erinnerungen II, 322 u. 561.
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[XIII/0021] ben, auf der er in der letzten Epoche seines Lebens häufig verweilte, und die nach seinem Tode seinen Söhnen zufiel 1), ist es kürzlich zum Vorschein gekommen. Es liegt der gegen- wärtigen Veröffentlichung zu Grunde. Dass wir wirklich das Original vor uns haben, darüber kann kein Zweifel sein. Erstlich zeigt die in gewissen Einzelheiten sehr charakteristische Handschrift die vollständigste Ueberein- stimmung mit unzweifelhaft Humboldtschen Schriftzügen, namentlich mit denen des kürzlich vor den „Briefen an eine Freundin“ im Facsimile mitgetheilten Stammbuchsblattes vom Jahre 1788. Aber auch wenn man die unwahrscheinliche An- nahme machen wollte, dass die Abschrift ebenfalls von Hum- boldt selbst hergerührt habe, würde man bei dem ersten An- blicke unsres Manuscripts namentlich durch die Natur der häufig in demselben vorkommenden Correkturen genöthigt sein anzu- erkennen, dass die Worte desselben nicht nach einer vorliegen- den Urschrift copirt, sondern nur unmittelbar aus dem Geiste in die Feder des Schreibenden geflossen sein können. Endlich liegt der schlagendste Beweis in einem übrigens sehr beklagens- werthen Umstande, nämlich in der Lücke, die sich in unsrem Manuscripte findet. — Sechs Bogen fehlen, — vom dritten bis zum achten, — dieselben, denen das in der Thalia gedruckte Stück des Aufsatzes entnommen ist. Es ist also klar, dass wir es mit demjenigen Manuscripte zu thun haben, welches sich in Schillers Händen befunden hat, und welches Humboldt sehr bestimmt als Urschrift von der Abschrift unterscheidet,— und dass die fehlenden Bogen von Schiller überhaupt nicht an Humboldt zurückgekommen sind. Was nun die Lücke selbst betrifft, so ist sie trotz des Ab- drucks in der Thalia in hohem Grade zu bedauern. Einmal ist der Abdruck kein durchaus getreuer gewesen. Vielmehr 1) Vergl. Schlesier. Erinnerungen II, 322 u. 561.

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Zitationshilfe: Humboldt, Wilhelm von: Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen. Breslau, 1851, S. XIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_grenzen_1851/21>, abgerufen am 19.04.2024.