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Humboldt, Wilhelm von: Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen. Breslau, 1851.

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zur Aufsuchung der Verbrechen. Da könnte sie unstreitig zu
nichts andrem dienen, als Furcht vor solchen Mitteln zu erre-
gen, die der Staat selbst nicht anwenden zu dürfen glaubt, und
nie muss der Staat durch eine Furcht wirken wollen, welche
nichts anders unterhalten kann, als Unwissenheit der Bürger
über ihre Rechte, oder Mistrauen gegen seine Achtung derselben.

Ich ziehe nunmehr aus dem bisher vorgetragenen Raisonne-
ment folgende höchste Grundsätze jedes Kriminalrechts über-
haupt:
1. Eins der vorzüglichsten Mittel zur Erhaltung der
Sicherheit ist die Bestrafung der Uebertreter der Gesetze
des Staats. Der Staat darf jede Handlung mit einer Strafe
belegen, welche die Rechte der Bürger kränkt, und insofern
er selbst allein aus diesem Gesichtspunkt Gesetze anord-
net, jede, wodurch eines seiner Gesetze übertreten wird.
2. Die härteste Strafe darf keine andre, als die nach
den individuellen Zeit- und Ortverhältnissen möglichst
gelinde sein. Nach dieser müssen alle übrige gerade in
dem Verhältniss bestimmt sein, in welchem die Verbrechen,
gegen welche sie gerichtet sind, Nichtachtung des fremden
Rechts bei dem Verbrecher voraussetzen. So muss daher
die härteste Strafe denjenigen treffen, welcher das wichtigste
Recht des Staats selbst, eine minder harte denjenigen,
welcher nur ein gleich wichtiges Recht eines einzelnen
Bürgers gekränkt, eine noch gelindere endlich denjenigen,
welcher blos ein Gesetz übertreten hatte, dessen Absicht
es war, eine solche, blos mögliche Kränkung zu verhindern.
3. Jedes Strafgesetz kann nur auf denjenigen angewen-
det werden, welcher dasselbe mit Vorsatz, oder mit Schuld
übertrat, und nur in dem Grade, in welchem er dadurch
Nichtachtung des fremden Rechts bewies.
4. Bei der Untersuchung begangener Verbrechen darf
der Staat zwar jedes dem Endzweck angemessene Mittel

zur Aufsuchung der Verbrechen. Da könnte sie unstreitig zu
nichts andrem dienen, als Furcht vor solchen Mitteln zu erre-
gen, die der Staat selbst nicht anwenden zu dürfen glaubt, und
nie muss der Staat durch eine Furcht wirken wollen, welche
nichts anders unterhalten kann, als Unwissenheit der Bürger
über ihre Rechte, oder Mistrauen gegen seine Achtung derselben.

Ich ziehe nunmehr aus dem bisher vorgetragenen Raisonne-
ment folgende höchste Grundsätze jedes Kriminalrechts über-
haupt:
1. Eins der vorzüglichsten Mittel zur Erhaltung der
Sicherheit ist die Bestrafung der Uebertreter der Gesetze
des Staats. Der Staat darf jede Handlung mit einer Strafe
belegen, welche die Rechte der Bürger kränkt, und insofern
er selbst allein aus diesem Gesichtspunkt Gesetze anord-
net, jede, wodurch eines seiner Gesetze übertreten wird.
2. Die härteste Strafe darf keine andre, als die nach
den individuellen Zeit- und Ortverhältnissen möglichst
gelinde sein. Nach dieser müssen alle übrige gerade in
dem Verhältniss bestimmt sein, in welchem die Verbrechen,
gegen welche sie gerichtet sind, Nichtachtung des fremden
Rechts bei dem Verbrecher voraussetzen. So muss daher
die härteste Strafe denjenigen treffen, welcher das wichtigste
Recht des Staats selbst, eine minder harte denjenigen,
welcher nur ein gleich wichtiges Recht eines einzelnen
Bürgers gekränkt, eine noch gelindere endlich denjenigen,
welcher blos ein Gesetz übertreten hatte, dessen Absicht
es war, eine solche, blos mögliche Kränkung zu verhindern.
3. Jedes Strafgesetz kann nur auf denjenigen angewen-
det werden, welcher dasselbe mit Vorsatz, oder mit Schuld
übertrat, und nur in dem Grade, in welchem er dadurch
Nichtachtung des fremden Rechts bewies.
4. Bei der Untersuchung begangener Verbrechen darf
der Staat zwar jedes dem Endzweck angemessene Mittel

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[160/0196] zur Aufsuchung der Verbrechen. Da könnte sie unstreitig zu nichts andrem dienen, als Furcht vor solchen Mitteln zu erre- gen, die der Staat selbst nicht anwenden zu dürfen glaubt, und nie muss der Staat durch eine Furcht wirken wollen, welche nichts anders unterhalten kann, als Unwissenheit der Bürger über ihre Rechte, oder Mistrauen gegen seine Achtung derselben. Ich ziehe nunmehr aus dem bisher vorgetragenen Raisonne- ment folgende höchste Grundsätze jedes Kriminalrechts über- haupt: 1. Eins der vorzüglichsten Mittel zur Erhaltung der Sicherheit ist die Bestrafung der Uebertreter der Gesetze des Staats. Der Staat darf jede Handlung mit einer Strafe belegen, welche die Rechte der Bürger kränkt, und insofern er selbst allein aus diesem Gesichtspunkt Gesetze anord- net, jede, wodurch eines seiner Gesetze übertreten wird. 2. Die härteste Strafe darf keine andre, als die nach den individuellen Zeit- und Ortverhältnissen möglichst gelinde sein. Nach dieser müssen alle übrige gerade in dem Verhältniss bestimmt sein, in welchem die Verbrechen, gegen welche sie gerichtet sind, Nichtachtung des fremden Rechts bei dem Verbrecher voraussetzen. So muss daher die härteste Strafe denjenigen treffen, welcher das wichtigste Recht des Staats selbst, eine minder harte denjenigen, welcher nur ein gleich wichtiges Recht eines einzelnen Bürgers gekränkt, eine noch gelindere endlich denjenigen, welcher blos ein Gesetz übertreten hatte, dessen Absicht es war, eine solche, blos mögliche Kränkung zu verhindern. 3. Jedes Strafgesetz kann nur auf denjenigen angewen- det werden, welcher dasselbe mit Vorsatz, oder mit Schuld übertrat, und nur in dem Grade, in welchem er dadurch Nichtachtung des fremden Rechts bewies. 4. Bei der Untersuchung begangener Verbrechen darf der Staat zwar jedes dem Endzweck angemessene Mittel

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Zitationshilfe: Humboldt, Wilhelm von: Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen. Breslau, 1851, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_grenzen_1851/196>, abgerufen am 28.11.2024.