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Humboldt, Alexander von: Über die Chinawälder in Südamerika. In: Magazin für die neusten Entdeckungen in der gesammten Naturkunde, 1. Jg. (1807), S. 57-68, 104-120.

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2. C. lancifolia foliis lanceolatis acutis utrinque glaberrimis.
Mutis Period. de St. Fe, p. 465. (et Flor. Bogot. Mss.) In Santa Fe un-
ter dem Namen Quina naranjanda, Quinquina orange oder pommeran-
zenfarbige China bekannt. Nächst der C. Condaminea die fieberheilend-
ste aller China-Arten, die Species, welche Herr Mutis in seiner Quino-
logia die Quina primitiva directamente febrifuga nennt, weil er sie den
folgenden drei Arten vorzieht und weil er glaubt, was freilich unrichtig
ist, die feine China von Uritusinga sei, mit der Quina naranjada von
Neu-Grenada identisch. Die C. lancifolia hat kleinere Blätter als alle
andere Arten corollis tomentosis. Auch sind dieselben stets glatt, da
hingegen bei der gelben und weißen Fieberrinde der Standort Varietäten
mit haarigen Blättern erzeugt.

Die Quina naranjada liebt ein rauhes Klima. Sie wächst zwischen
dem 4ten und 5ten Grade N. Br. auf Gebirgsabhängen, die 700 bis 1500
Toisen hoch sind. Die mittlere Temperatur dieses Standorts ist ohnge-
fähr der von von Rom gleich. Sie beträgt 13° R., doch sind die Fieber-
rindenbäume, welche am höchsten gegen den Gipfel der Gebirge auf-
steigen, meist eine Temperatur von 8 bis 9° ausgesetzt. Bei nächtlicher
Kälte sinkt das Thermometer in diesen Alpenwäldern stundenlang bis
zum Gefrierpunkt herab, doch fällt bis 1500 Toisen Höhe kein Schnee
in dieser Breite.

Die Quina naranjada gehört mit der C. Condaminea zu den seltenen
China-Arten. Die Natur hat sie selbst im Königreich Neu-Grenada in
viel geringerer Menge als die rothe und gelbe Fieberrinde hervorge-
bracht, welche letztere hie und da fast zusammenhängende Gebüsche
bilden. C. lancifolia dagegen steht immer einzeln, und was bei einem
so kostbaren Erzeugniß sehr zu bedauern ist, sie vermehrt sich minder
leicht durch Wurzelsprößlinge als C. cordifolia und C. oblongifolia.

In Vahls nnd Lamberts Monographien ist der Art naranjada von S. Fe
nicht erwähnt. Ein unbestreitbares Synonymum hingegen ist Cinchona
angustifolia Ruiz,
Suppl. a la Quinologia, p. 21., wo eine vortreffliche
Abbildung gegeben wird. Es ist in der That zu verwundern, daß ein
so genauer Botaniker als Herr Ruiz den alten Mutisischen Namen C.
lancifolia
in C. angustifolia umändert, da derselbe bis jetzt von Swartz*)
einer bekannten Insel-Cinchone cor. glabris staminibus longe exsertis ge-
geben worden ist.

Herr Professor Zea glaubt, und wie mir scheint mit vollem Recht,
daß mehrere Species der Flora Peruviana bloß verschiedene Zustände
der Quina naranjada bezeichnen, Zustände, welche von Alter, Klima und

*) Flor. Ind. occ. I. p. 380. Lambert p. 29. Pl. 9.

2. C. lancifolia foliis lanceolatis acutis utrinque glaberrimis.
Mutis Period. de St. Fe, p. 465. (et Flor. Bogot. Mss.) In Santa Fe un-
ter dem Namen Quina naranjanda, Quinquina orangé oder pommeran-
zenfarbige China bekannt. Nächst der C. Condaminea die fieberheilend-
ste aller China-Arten, die Species, welche Herr Mutis in seiner Quino-
logia die Quina primitiva directamente febrifuga nennt, weil er sie den
folgenden drei Arten vorzieht und weil er glaubt, was freilich unrichtig
ist, die feine China von Uritusinga sei, mit der Quina naranjada von
Neu-Grenada identisch. Die C. lancifolia hat kleinere Blätter als alle
andere Arten corollis tomentosis. Auch sind dieselben stets glatt, da
hingegen bei der gelben und weißen Fieberrinde der Standort Varietäten
mit haarigen Blättern erzeugt.

Die Quina naranjada liebt ein rauhes Klima. Sie wächst zwischen
dem 4ten und 5ten Grade N. Br. auf Gebirgsabhängen, die 700 bis 1500
Toisen hoch sind. Die mittlere Temperatur dieses Standorts ist ohnge-
fähr der von von Rom gleich. Sie beträgt 13° R., doch sind die Fieber-
rindenbäume, welche am höchsten gegen den Gipfel der Gebirge auf-
steigen, meist eine Temperatur von 8 bis 9° ausgesetzt. Bei nächtlicher
Kälte sinkt das Thermometer in diesen Alpenwäldern stundenlang bis
zum Gefrierpunkt herab, doch fällt bis 1500 Toisen Höhe kein Schnee
in dieser Breite.

Die Quina naranjada gehört mit der C. Condaminea zu den seltenen
China-Arten. Die Natur hat sie selbst im Königreich Neu-Grenada in
viel geringerer Menge als die rothe und gelbe Fieberrinde hervorge-
bracht, welche letztere hie und da fast zusammenhängende Gebüsche
bilden. C. lancifolia dagegen steht immer einzeln, und was bei einem
so kostbaren Erzeugniß sehr zu bedauern ist, sie vermehrt sich minder
leicht durch Wurzelsprößlinge als C. cordifolia und C. oblongifolia.

In Vahls nnd Lamberts Monographien ist der Art naranjada von S. Fe
nicht erwähnt. Ein unbestreitbares Synonymum hingegen ist Cinchona
angustifolia Ruiz,
Suppl. à la Quinologia, p. 21., wo eine vortreffliche
Abbildung gegeben wird. Es ist in der That zu verwundern, daß ein
so genauer Botaniker als Herr Ruiz den alten Mutisischen Namen C.
lancifolia
in C. angustifolia umändert, da derselbe bis jetzt von Swartz*)
einer bekannten Insel-Cinchone cor. glabris staminibus longe exsertis ge-
geben worden ist.

Herr Professor Zea glaubt, und wie mir scheint mit vollem Recht,
daß mehrere Species der Flora Peruviana bloß verschiedene Zustände
der Quina naranjada bezeichnen, Zustände, welche von Alter, Klima und

*) Flor. Ind. occ. I. p. 380. Lambert p. 29. Pl. 9.
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[116/0026] 2. C. lancifolia foliis lanceolatis acutis utrinque glaberrimis. Mutis Period. de St. Fe, p. 465. (et Flor. Bogot. Mss.) In Santa Fe un- ter dem Namen Quina naranjanda, Quinquina orangé oder pommeran- zenfarbige China bekannt. Nächst der C. Condaminea die fieberheilend- ste aller China-Arten, die Species, welche Herr Mutis in seiner Quino- logia die Quina primitiva directamente febrifuga nennt, weil er sie den folgenden drei Arten vorzieht und weil er glaubt, was freilich unrichtig ist, die feine China von Uritusinga sei, mit der Quina naranjada von Neu-Grenada identisch. Die C. lancifolia hat kleinere Blätter als alle andere Arten corollis tomentosis. Auch sind dieselben stets glatt, da hingegen bei der gelben und weißen Fieberrinde der Standort Varietäten mit haarigen Blättern erzeugt. Die Quina naranjada liebt ein rauhes Klima. Sie wächst zwischen dem 4ten und 5ten Grade N. Br. auf Gebirgsabhängen, die 700 bis 1500 Toisen hoch sind. Die mittlere Temperatur dieses Standorts ist ohnge- fähr der von von Rom gleich. Sie beträgt 13° R., doch sind die Fieber- rindenbäume, welche am höchsten gegen den Gipfel der Gebirge auf- steigen, meist eine Temperatur von 8 bis 9° ausgesetzt. Bei nächtlicher Kälte sinkt das Thermometer in diesen Alpenwäldern stundenlang bis zum Gefrierpunkt herab, doch fällt bis 1500 Toisen Höhe kein Schnee in dieser Breite. Die Quina naranjada gehört mit der C. Condaminea zu den seltenen China-Arten. Die Natur hat sie selbst im Königreich Neu-Grenada in viel geringerer Menge als die rothe und gelbe Fieberrinde hervorge- bracht, welche letztere hie und da fast zusammenhängende Gebüsche bilden. C. lancifolia dagegen steht immer einzeln, und was bei einem so kostbaren Erzeugniß sehr zu bedauern ist, sie vermehrt sich minder leicht durch Wurzelsprößlinge als C. cordifolia und C. oblongifolia. In Vahls nnd Lamberts Monographien ist der Art naranjada von S. Fe nicht erwähnt. Ein unbestreitbares Synonymum hingegen ist Cinchona angustifolia Ruiz, Suppl. à la Quinologia, p. 21., wo eine vortreffliche Abbildung gegeben wird. Es ist in der That zu verwundern, daß ein so genauer Botaniker als Herr Ruiz den alten Mutisischen Namen C. lancifolia in C. angustifolia umändert, da derselbe bis jetzt von Swartz *) einer bekannten Insel-Cinchone cor. glabris staminibus longe exsertis ge- geben worden ist. Herr Professor Zea glaubt, und wie mir scheint mit vollem Recht, daß mehrere Species der Flora Peruviana bloß verschiedene Zustände der Quina naranjada bezeichnen, Zustände, welche von Alter, Klima und *) Flor. Ind. occ. I. p. 380. Lambert p. 29. Pl. 9.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Über die Chinawälder in Südamerika. In: Magazin für die neusten Entdeckungen in der gesammten Naturkunde, 1. Jg. (1807), S. 57-68, 104-120, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_chinawaelder_1807/26>, abgerufen am 29.03.2024.