Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Über die Chinawälder in Südamerika. In: Magazin für die neusten Entdeckungen in der gesammten Naturkunde, 1. Jg. (1807), S. 57-68, 104-120.

Bild:
<< vorherige Seite

Uber die Chinawälder
bens Michaux*) hervor, ein Baum, den ich mit C. caribaea in dem
vortrefflichen botanischen Garten des Herrn Hamilton bei Philadelphia
kultivirt gefunden habe. Die Pinkneya wächst am Marienflusse in der
Provinz Georgia, und ist von Bartram bereits propter calycis laciniam
unicam foliaceam bracteaeformem, unter dem Namen Mussaenda brac-
teolata
beschrieben. Die fieberheilenden Kräfte dieser dem genus Cin-
chona nahe verwandten, ausserhalb der Tropenwelt wachsenden Pflanze
sind noch nicht untersucht worden. Dagegen hat Herr Walker in zwei
schönen Abhandlungen gezeigt, dass die Rinde von Cornus florida aus
Virginien und von C. sericea aus Pensylvanien und Süd-Carolina, ja selbst
der Tulpenbaum (Liriodendron Tulipifera) als fieberheilende Mittel mit
Vortheil in Nordamerika gebraucht werden können**). Im Königreich
Neu-Spanien, wo bisher keine Art der Cinchona entdeckt worden ist,
kann, wie mich der Aufseher des akademischen botanischen Gartens zu
Mexico versichert hat, die von Sesse aufgefundene noch unbeschriebene
Portlandia mexicana die Fieberrinde von Loxa ersetzen; in Ostindien
.(nach D. Klein in Tranquebar) kann es die von Roxburgh abgebildete
Switenia febrifuga. Eine mit Portlandia nahe verwandte Pflanze, Swar-
zens und Jacquin's Portlandia hexandra, (Aublets Coutaria speciosa)
liefert die Chinarinde der französischen Guyana, welche in Frankreich
unter dem Namen ecorce febrifuge de Cayenne***) bekannt ist, und
welche so wenig als die China von Cumana oder die Cuspare der An-
gostura von einer Cinchona herstammt.

So viel über die generischen Kennzeichen der Gewächse, welche
an Cinchona grenzen und alle zu der grossen Familie der Rubiacien ge-
hören. Wir sehen, dass so wie Caoutchouc****) aus dem Safte der ver-
schiedenartigsten Pflanzen in Menge abgeschieden wird, am Orinoco und
in Cayenne aus der Hevea, am Canno Pimichin der in den Rio Negro
fällt, aus dem Baume Jacio, im Königreich Neu-Grenada aus einer
neuen Art von Ficus in der Provinz Popayan bei dem indianischen Dorfe
la Cruz aus einer von uns zu beschreibenden Lobelia, in Bengalen aus
der im 5ten Bande der Asiat. Rescarches abgebildeten Urecola elastica,
in Madagascar aus Commiphora madagascarensis; so bietet auch die Natur
das fieberheilende Prinzip der China oder diejenige gerbestoffhaltige, Sauer-

*) Flor. americana I. p. 105.
**) Walker on the virtues of the Cornus and the Cinchona compared. Philad. 1803. Rogers
Difs on the properties of the Liriodendron Phil.
1802.
***) Ventenat Tableau du regne vegetal. T. II. p. 578.
****) Man nennr häufig die Cecropia peltata als einen Baum, der einen Theil des amerikanischen
Caoutchucs liefere. Ich zweifle aber dass man in einem Theile des neuen Continents sich die
ses schwer zu verdickenden Saftes bediene.

Uber die Chinawälder
bens Michaux*) hervor, ein Baum, den ich mit C. caribaea in dem
vortrefflichen botanischen Garten des Herrn Hamilton bei Philadelphia
kultivirt gefunden habe. Die Pinkneya wächst am Marienflusse in der
Provinz Georgia, und ist von Bartram bereits propter calycis laciniam
unicam foliaceam bracteaeformem, unter dem Namen Mussaenda brac-
teolata
beschrieben. Die fieberheilenden Kräfte dieser dem genus Cin-
chona nahe verwandten, auſserhalb der Tropenwelt wachsenden Pflanze
sind noch nicht untersucht worden. Dagegen hat Herr Walker in zwei
schönen Abhandlungen gezeigt, daſs die Rinde von Cornus florida aus
Virginien und von C. sericea aus Pensylvanien und Süd-Carolina, ja selbst
der Tulpenbaum (Liriodendron Tulipifera) als fieberheilende Mittel mit
Vortheil in Nordamerika gebraucht werden können**). Im Königreich
Neu-Spanien, wo bisher keine Art der Cinchona entdeckt worden ist,
kann, wie mich der Aufseher des akademischen botanischen Gartens zu
Mexico versichert hat, die von Sesse aufgefundene noch unbeschriebene
Portlandia mexicana die Fieberrinde von Loxa ersetzen; in Ostindien
.(nach D. Klein in Tranquebar) kann es die von Roxburgh abgebildete
Switenia febrifuga. Eine mit Portlandia nahe verwandte Pflanze, Swar-
zens und Jacquin's Portlandia hexandra, (Aublets Coutaria speciosa)
liefert die Chinarinde der französischen Guyana, welche in Frankreich
unter dem Namen écorce fébrifuge de Cayenne***) bekannt ist, und
welche so wenig als die China von Cumana oder die Cuspare der An-
gostura von einer Cinchona herstammt.

So viel über die generischen Kennzeichen der Gewächse, welche
an Cinchona grenzen und alle zu der groſsen Familie der Rubiacien ge-
hören. Wir sehen, daſs so wie Caoutchouc****) aus dem Safte der ver-
schiedenartigsten Pflanzen in Menge abgeschieden wird, am Orinoco und
in Cayenne aus der Hevea, am Canno Pimichin der in den Rio Negro
fällt, aus dem Baume Jacio, im Königreich Neu-Grenada aus einer
neuen Art von Ficus in der Provinz Popayan bei dem indianischen Dorfe
la Cruz aus einer von uns zu beschreibenden Lobelia, in Bengalen aus
der im 5ten Bande der Asiat. Rescarches abgebildeten Urecola elastica,
in Madagascar aus Commiphora madagascarensis; so bietet auch die Natur
das fieberheilende Prinzip der China oder diejenige gerbestoffhaltige, Sauer-

*) Flor. americana I. p. 105.
**) Walker on the virtues of the Cornus and the Cinchona compared. Philad. 1803. Rogers
Difs on the properties of the Liriodendron Phil.
1802.
***) Ventenat Tableau du regne végétal. T. II. p. 578.
****) Man nennr häufig die Cecropia peltata als einen Baum, der einen Theil des amerikanischen
Caoutchucs liefere. Ich zweifle aber daſs man in einem Theile des neuen Continents sich die
ses schwer zu verdickenden Saftes bediene.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><hi rendition="#i"><pb facs="#f0020" n="110"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#k">Uber die Chinawälder</hi></fw>bens Michaux</hi><note place="foot" n="*)"><hi rendition="#i">Flor. americana</hi> I. p. 105.</note> hervor, ein Baum, den ich mit <hi rendition="#i">C. caribaea</hi> in dem<lb/>
vortrefflichen botanischen Garten des Herrn Hamilton bei Philadelphia<lb/>
kultivirt gefunden habe. Die <hi rendition="#i">Pinkneya</hi> wächst am Marienflusse in der<lb/>
Provinz Georgia, und ist von Bartram bereits propter calycis laciniam<lb/>
unicam foliaceam bracteaeformem, unter dem Namen <hi rendition="#i">Mussaenda brac-<lb/>
teolata</hi> beschrieben. Die fieberheilenden Kräfte dieser dem genus Cin-<lb/>
chona nahe verwandten, au&#x017F;serhalb der Tropenwelt wachsenden Pflanze<lb/>
sind noch nicht untersucht worden. Dagegen hat Herr Walker in zwei<lb/>
schönen Abhandlungen gezeigt, da&#x017F;s die Rinde von <hi rendition="#i">Cornus florida</hi> aus<lb/>
Virginien und von C. <hi rendition="#i">sericea</hi> aus Pensylvanien und Süd-Carolina, ja selbst<lb/>
der Tulpenbaum <hi rendition="#i">(Liriodendron Tulipifera)</hi> als fieberheilende Mittel mit<lb/>
Vortheil in Nordamerika gebraucht werden können<note place="foot" n="**)"><hi rendition="#i">Walker on the virtues of the Cornus and the Cinchona compared. Philad.</hi> 1803. <hi rendition="#i">Rogers<lb/>
Difs on the properties of the Liriodendron Phil.</hi> 1802.</note>. Im Königreich<lb/>
Neu-Spanien, wo bisher keine Art der Cinchona entdeckt worden ist,<lb/>
kann, wie mich der Aufseher des akademischen botanischen Gartens zu<lb/>
Mexico versichert hat, die von Sesse aufgefundene noch unbeschriebene<lb/><hi rendition="#i">Portlandia mexicana</hi> die Fieberrinde von Loxa ersetzen; in Ostindien<lb/>
.(nach D. Klein in Tranquebar) kann es die von Roxburgh abgebildete<lb/><hi rendition="#i">Switenia febrifuga</hi>. Eine mit Portlandia nahe verwandte Pflanze, Swar-<lb/>
zens und Jacquin's <hi rendition="#i">Portlandia hexandra,</hi> (Aublets <hi rendition="#i">Coutaria speciosa</hi>)<lb/>
liefert die Chinarinde der französischen Guyana, welche in Frankreich<lb/>
unter dem Namen écorce fébrifuge de Cayenne<note place="foot" n="***)"><hi rendition="#i">Ventenat Tableau du regne végétal.</hi> T. II. p. 578.</note> bekannt ist, und<lb/>
welche so wenig als die China von Cumana oder die Cuspare der An-<lb/>
gostura von einer Cinchona herstammt.</p><lb/>
          <p>So viel über die generischen Kennzeichen der Gewächse, welche<lb/>
an <hi rendition="#i">Cinchona</hi> grenzen und alle zu der gro&#x017F;sen Familie der <hi rendition="#i">Rubiacien</hi> ge-<lb/>
hören. Wir sehen, da&#x017F;s so wie Caoutchouc<note place="foot" n="****)">Man nennr häufig die <hi rendition="#i">Cecropia peltata</hi> als einen Baum, der einen Theil des amerikanischen<lb/><hi rendition="#i">Caoutchucs</hi> liefere. Ich zweifle aber da&#x017F;s man in einem Theile des neuen Continents sich die<lb/>
ses schwer zu verdickenden Saftes bediene.</note> aus dem Safte der ver-<lb/>
schiedenartigsten Pflanzen in Menge abgeschieden wird, am Orinoco und<lb/>
in Cayenne aus der <hi rendition="#i">Hevea</hi>, am Canno Pimichin der in den Rio Negro<lb/>
fällt, aus dem Baume <hi rendition="#i">Jacio,</hi> im Königreich Neu-Grenada aus einer<lb/>
neuen Art von Ficus in der Provinz Popayan bei dem indianischen Dorfe<lb/>
la Cruz aus einer von uns zu beschreibenden Lobelia, in Bengalen aus<lb/>
der im 5ten Bande der <hi rendition="#i">Asiat. Rescarches</hi> abgebildeten <hi rendition="#i">Urecola elastica,</hi><lb/>
in Madagascar aus <hi rendition="#i">Commiphora madagascarensis;</hi> so bietet auch die Natur<lb/>
das fieberheilende Prinzip der China oder diejenige gerbestoffhaltige, Sauer-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0020] Uber die Chinawälder bens Michaux *) hervor, ein Baum, den ich mit C. caribaea in dem vortrefflichen botanischen Garten des Herrn Hamilton bei Philadelphia kultivirt gefunden habe. Die Pinkneya wächst am Marienflusse in der Provinz Georgia, und ist von Bartram bereits propter calycis laciniam unicam foliaceam bracteaeformem, unter dem Namen Mussaenda brac- teolata beschrieben. Die fieberheilenden Kräfte dieser dem genus Cin- chona nahe verwandten, auſserhalb der Tropenwelt wachsenden Pflanze sind noch nicht untersucht worden. Dagegen hat Herr Walker in zwei schönen Abhandlungen gezeigt, daſs die Rinde von Cornus florida aus Virginien und von C. sericea aus Pensylvanien und Süd-Carolina, ja selbst der Tulpenbaum (Liriodendron Tulipifera) als fieberheilende Mittel mit Vortheil in Nordamerika gebraucht werden können **). Im Königreich Neu-Spanien, wo bisher keine Art der Cinchona entdeckt worden ist, kann, wie mich der Aufseher des akademischen botanischen Gartens zu Mexico versichert hat, die von Sesse aufgefundene noch unbeschriebene Portlandia mexicana die Fieberrinde von Loxa ersetzen; in Ostindien .(nach D. Klein in Tranquebar) kann es die von Roxburgh abgebildete Switenia febrifuga. Eine mit Portlandia nahe verwandte Pflanze, Swar- zens und Jacquin's Portlandia hexandra, (Aublets Coutaria speciosa) liefert die Chinarinde der französischen Guyana, welche in Frankreich unter dem Namen écorce fébrifuge de Cayenne ***) bekannt ist, und welche so wenig als die China von Cumana oder die Cuspare der An- gostura von einer Cinchona herstammt. So viel über die generischen Kennzeichen der Gewächse, welche an Cinchona grenzen und alle zu der groſsen Familie der Rubiacien ge- hören. Wir sehen, daſs so wie Caoutchouc ****) aus dem Safte der ver- schiedenartigsten Pflanzen in Menge abgeschieden wird, am Orinoco und in Cayenne aus der Hevea, am Canno Pimichin der in den Rio Negro fällt, aus dem Baume Jacio, im Königreich Neu-Grenada aus einer neuen Art von Ficus in der Provinz Popayan bei dem indianischen Dorfe la Cruz aus einer von uns zu beschreibenden Lobelia, in Bengalen aus der im 5ten Bande der Asiat. Rescarches abgebildeten Urecola elastica, in Madagascar aus Commiphora madagascarensis; so bietet auch die Natur das fieberheilende Prinzip der China oder diejenige gerbestoffhaltige, Sauer- *) Flor. americana I. p. 105. **) Walker on the virtues of the Cornus and the Cinchona compared. Philad. 1803. Rogers Difs on the properties of the Liriodendron Phil. 1802. ***) Ventenat Tableau du regne végétal. T. II. p. 578. ****) Man nennr häufig die Cecropia peltata als einen Baum, der einen Theil des amerikanischen Caoutchucs liefere. Ich zweifle aber daſs man in einem Theile des neuen Continents sich die ses schwer zu verdickenden Saftes bediene.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Eine weitere Fassung dieses Textes finden Sie in der Ausgabe Sämtliche Schriften digital (2021 ff.) der Universität Bern.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_chinawaelder_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_chinawaelder_1807/20
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Über die Chinawälder in Südamerika. In: Magazin für die neusten Entdeckungen in der gesammten Naturkunde, 1. Jg. (1807), S. 57-68, 104-120, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_chinawaelder_1807/20>, abgerufen am 26.04.2024.