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Humboldt, Alexander von: Über die Chinawälder in Südamerika. In: Magazin für die neusten Entdeckungen in der gesammten Naturkunde, 1. Jg. (1807), S. 57-68, 104-120.

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Über die Chinawälder

Dagegen wäre es vielleicht rathsam die Chinabäume mit langen aus
der Röhre der Blumenkrone weit hervorragenden Staubfäden, wie Jao-
quin's C. caribaea, Swarzens C. angustifolia, C. brachycarpa und C.
floribunda
in ein eigenes fünftes, den Cinchonen nahe verwandtes genus
zu vereinigen. Die sieben dazu gehörigen Arten haben das Eigenthüm-
liche, dass sie alle, bis auf eine Ausnahme, der Inselwelt, nemlich den
philippinischen, westindischen und Südseeinseln zugehören, und heisse
Thäler, ja selbst Ebenen dem hohen Gebirgsstande vorziehen. Auf dem
südamerikanischen Continent kenne ich nur zwei Arten, welche stamina
exserta haben, Lambert's C. longiflora aus der französischen Guyana,
und der noch nicht beschriebenen Cinchona dissimiliflora Mut. (sta-
minibus longe exsertis, corollae laciniis tubo longioribus, foliis cordato
oblongis),
welche im Königreich Neu-Grenada vom Gebirgsabhange ge-
gen die Ebene bis zu 200 Toisen über die Meeresfläche herabsteigt. In
Westindien findet sich C. caribaea und C. angustifolia an noch tiefern
Punkten, ja in Gegenden, die warm genug für die Kultur des Zuckerrohrs
sind. Alle diese Insel-Cinchonen, staminibus exsertis, haben glatte Co-
rollen. Alle bis auf die einzige C. philippica*) pedunculis biternato
corymbosis, welche Nee zu Santa Cruz de la Laguna bei Manilla ent-
deckt hat, haben Stigma capitatum oder obtusum. Dagegen bemerkt
man in allen Cinchonen staminibus inclusis ein getheiltes Stigma. Die Blu-
menkrone der letztern ist bald glatt, bald mit Filz bedeckt. Schon Mutis
schlägt in der Litt. Zeit. von Santa Fe vor, die Cinchonen mit langen vor-
stehenden Staubfäden von den übrigen zu trennen. "Ich weiss nicht," sagt
er, "was mein Freund Linne von der Fieberrinde der Südsee gehalten
"hat, denn die Aufnahme im Supplement beweist nur die Gunst des
"Sohnes, dessen Meinung für mich nicht das Gewicht der Meinungen
"des Vaters haben." Die Verfasser der Flora peruviana wollen jene
Insel-Cinchonen zu Portlandien**) machen, aber Herr Swarz beweist
mit Recht in Schraders Journal für die Botanik***) dass bei den Insel-
Cinchonen wie bei denen des festen Landes die Capsel ein dissepimen-
tum loculorum exacte parallelum und bei Portlandia ein dissepimen-
tum vere contrarium existirt. Ruizens Portlandia corymbosa ist daher
keine Portlandia, sondern gehört zu den Cinchonen filamentis e basi
tubi ortis, zu C. caribaea, C. floribunda und C. brachycarpa, eine
Pflanzengruppe, welche Herr Swartz ebenfalls der Blüthe, aber nicht der
Frucht wegen in ein eigenes genus vereinigen möchte. Die in Ostindien
entdeckte C. excelsa mit ungeheuer langen oft 12 Zoll langen und 5 Zoll

*) Cavanilles Icon. T. IV. p. 15. t. 329.
**) Flor. Peruv. T. II. Praef. et p. 49.
***) Band I. p. 358.
Über die Chinawälder

Dagegen wäre es vielleicht rathsam die Chinabäume mit langen aus
der Röhre der Blumenkrone weit hervorragenden Staubfäden, wie Jao-
quin's C. caribaea, Swarzens C. angustifolia, C. brachycarpa und C.
floribunda
in ein eigenes fünftes, den Cinchonen nahe verwandtes genus
zu vereinigen. Die sieben dazu gehörigen Arten haben das Eigenthüm-
liche, daſs sie alle, bis auf eine Ausnahme, der Inselwelt, nemlich den
philippinischen, westindischen und Südseeinseln zugehören, und heiſse
Thäler, ja selbst Ebenen dem hohen Gebirgsstande vorziehen. Auf dem
südamerikanischen Continent kenne ich nur zwei Arten, welche stamina
exserta haben, Lambert's C. longiflora aus der französischen Guyana,
und der noch nicht beschriebenen Cinchona dissimiliflora Mut. (sta-
minibus longe exsertis, corollae laciniis tubo longioribus, foliis cordato
oblongis),
welche im Königreich Neu-Grenada vom Gebirgsabhange ge-
gen die Ebene bis zu 200 Toisen über die Meeresfläche herabsteigt. In
Westindien findet sich C. caribaea und C. angustifolia an noch tiefern
Punkten, ja in Gegenden, die warm genug für die Kultur des Zuckerrohrs
sind. Alle diese Insel-Cinchonen, staminibus exsertis, haben glatte Co-
rollen. Alle bis auf die einzige C. philippica*) pedunculis biternato
corymbosis, welche Nee zu Santa Cruz de la Laguna bei Manilla ent-
deckt hat, haben Stigma capitatum oder obtusum. Dagegen bemerkt
man in allen Cinchonen staminibus inclusis ein getheiltes Stigma. Die Blu-
menkrone der letztern ist bald glatt, bald mit Filz bedeckt. Schon Mutis
schlägt in der Litt. Zeit. von Santa Fe vor, die Cinchonen mit langen vor-
stehenden Staubfäden von den übrigen zu trennen. „Ich weiſs nicht,“ sagt
er, „was mein Freund Linné von der Fieberrinde der Südsee gehalten
„hat, denn die Aufnahme im Supplement beweist nur die Gunst des
„Sohnes, dessen Meinung für mich nicht das Gewicht der Meinungen
„des Vaters haben.“ Die Verfasser der Flora peruviana wollen jene
Insel-Cinchonen zu Portlandien**) machen, aber Herr Swarz beweist
mit Recht in Schraders Journal für die Botanik***) daſs bei den Insel-
Cinchonen wie bei denen des festen Landes die Capsel ein dissepimen-
tum loculorum exacte parallelum und bei Portlandia ein dissepimen-
tum vere contrarium existirt. Ruizens Portlandia corymbosa ist daher
keine Portlandia, sondern gehört zu den Cinchonen filamentis e basi
tubi ortis, zu C. caribaea, C. floribunda und C. brachycarpa, eine
Pflanzengruppe, welche Herr Swartz ebenfalls der Blüthe, aber nicht der
Frucht wegen in ein eigenes genus vereinigen möchte. Die in Ostindien
entdeckte C. excelsa mit ungeheuer langen oft 12 Zoll langen und 5 Zoll

*) Cavanilles Icon. T. IV. p. 15. t. 329.
**) Flor. Peruv. T. II. Praef. et p. 49.
***) Band I. p. 358.
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[108/0018] Über die Chinawälder Dagegen wäre es vielleicht rathsam die Chinabäume mit langen aus der Röhre der Blumenkrone weit hervorragenden Staubfäden, wie Jao- quin's C. caribaea, Swarzens C. angustifolia, C. brachycarpa und C. floribunda in ein eigenes fünftes, den Cinchonen nahe verwandtes genus zu vereinigen. Die sieben dazu gehörigen Arten haben das Eigenthüm- liche, daſs sie alle, bis auf eine Ausnahme, der Inselwelt, nemlich den philippinischen, westindischen und Südseeinseln zugehören, und heiſse Thäler, ja selbst Ebenen dem hohen Gebirgsstande vorziehen. Auf dem südamerikanischen Continent kenne ich nur zwei Arten, welche stamina exserta haben, Lambert's C. longiflora aus der französischen Guyana, und der noch nicht beschriebenen Cinchona dissimiliflora Mut. (sta- minibus longe exsertis, corollae laciniis tubo longioribus, foliis cordato oblongis), welche im Königreich Neu-Grenada vom Gebirgsabhange ge- gen die Ebene bis zu 200 Toisen über die Meeresfläche herabsteigt. In Westindien findet sich C. caribaea und C. angustifolia an noch tiefern Punkten, ja in Gegenden, die warm genug für die Kultur des Zuckerrohrs sind. Alle diese Insel-Cinchonen, staminibus exsertis, haben glatte Co- rollen. Alle bis auf die einzige C. philippica *) pedunculis biternato corymbosis, welche Nee zu Santa Cruz de la Laguna bei Manilla ent- deckt hat, haben Stigma capitatum oder obtusum. Dagegen bemerkt man in allen Cinchonen staminibus inclusis ein getheiltes Stigma. Die Blu- menkrone der letztern ist bald glatt, bald mit Filz bedeckt. Schon Mutis schlägt in der Litt. Zeit. von Santa Fe vor, die Cinchonen mit langen vor- stehenden Staubfäden von den übrigen zu trennen. „Ich weiſs nicht,“ sagt er, „was mein Freund Linné von der Fieberrinde der Südsee gehalten „hat, denn die Aufnahme im Supplement beweist nur die Gunst des „Sohnes, dessen Meinung für mich nicht das Gewicht der Meinungen „des Vaters haben.“ Die Verfasser der Flora peruviana wollen jene Insel-Cinchonen zu Portlandien **) machen, aber Herr Swarz beweist mit Recht in Schraders Journal für die Botanik ***) daſs bei den Insel- Cinchonen wie bei denen des festen Landes die Capsel ein dissepimen- tum loculorum exacte parallelum und bei Portlandia ein dissepimen- tum vere contrarium existirt. Ruizens Portlandia corymbosa ist daher keine Portlandia, sondern gehört zu den Cinchonen filamentis e basi tubi ortis, zu C. caribaea, C. floribunda und C. brachycarpa, eine Pflanzengruppe, welche Herr Swartz ebenfalls der Blüthe, aber nicht der Frucht wegen in ein eigenes genus vereinigen möchte. Die in Ostindien entdeckte C. excelsa mit ungeheuer langen oft 12 Zoll langen und 5 Zoll *) Cavanilles Icon. T. IV. p. 15. t. 329. **) Flor. Peruv. T. II. Praef. et p. 49. ***) Band I. p. 358.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Über die Chinawälder in Südamerika. In: Magazin für die neusten Entdeckungen in der gesammten Naturkunde, 1. Jg. (1807), S. 57-68, 104-120, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_chinawaelder_1807/18>, abgerufen am 21.11.2024.