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Humboldt, Alexander von: Über die Hochebene von Bogota. In: Ders.: Kleinere Schriften. Erster Band. Geognostische und physikalische Erinnerungen. Stuttgart und Tübingen, 1853, S. 100-132.

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Nach diesen allgemeinen Betrachtungen will ich bei einer einzelnen Hochebene von mittlerer Höhe verweilen, und aus meinem noch ungedruckten Tagebuche einiges über die Bewohnbarkeit, die Vegetation und die geognostischen Schichtungs-Verhältnisse derselben zusammenstellen. Das Plateau, Llanura de Bogota, nach den alten Mythen der Ureinwohner der Boden eines ausgetrockneten Sees Funzha, liegt 8130 Fuß über dem Meeresspiegel. Es bietet in seiner ganz söhligen, etwa 15 bis 18 geographische Quadratmeilen großen Fläche vier merkwürdige Phänomene dar: den prachtvollen Wasserfall des Tequendama, der von der Region immer grüner Eichen in eine Kluft stürzt, zu welcher baumartige Farren und Palmen bis an den Fuß der Cateracte hinaufgestiegen sind; ein mit Mastodonten-Knochen überfülltes Riesenfeld, Campo de Gigantes, Steinkohlen-Flöze und mächtige Steinsalz-Schichten. Das Vorkommen der beiden letztgenannten Formationen erregt um so mehr Verwunderung, als sie eine Höhe erreichen ohngefähr der gleich, welche man erhält, wenn man unseren Brocken auf den Gipfel der Schneekoppe thürmt.

Aus dem mit der herrlichsten Tropen-Vegetation geschmückten Thale des großen Magdalena-Stroms gelangt man, den zahllosen Crocodilen(Caymanes) und, was mehr noch erfreut, dem dichten Schwarm der Mosquitos entkommen, in zwei Tagen, aus der Tierra caliente in die Tierra fria der Hochebene von Bogota. Man verläßt ein Klima von 27°,7 mittlerer Temperatur und steigt in eine Zone von 14°,5. Der Weg war bis 1816 fast ein bloßer Wasserriß, eine Kluft, in der bisweilen nicht zwei Maulthiere sich begegnen konnten; und doch führte derselbe nach der Hauptstadt

Nach diesen allgemeinen Betrachtungen will ich bei einer einzelnen Hochebene von mittlerer Höhe verweilen, und aus meinem noch ungedruckten Tagebuche einiges über die Bewohnbarkeit, die Vegetation und die geognostischen Schichtungs-Verhältnisse derselben zusammenstellen. Das Plateau, Llanura de Bogota, nach den alten Mythen der Ureinwohner der Boden eines ausgetrockneten Sees Funzha, liegt 8130 Fuß über dem Meeresspiegel. Es bietet in seiner ganz söhligen, etwa 15 bis 18 geographische Quadratmeilen großen Fläche vier merkwürdige Phänomene dar: den prachtvollen Wasserfall des Tequendama, der von der Region immer grüner Eichen in eine Kluft stürzt, zu welcher baumartige Farren und Palmen bis an den Fuß der Cateracte hinaufgestiegen sind; ein mit Mastodonten-Knochen überfülltes Riesenfeld, Campo de Gigantes, Steinkohlen-Flöze und mächtige Steinsalz-Schichten. Das Vorkommen der beiden letztgenannten Formationen erregt um so mehr Verwunderung, als sie eine Höhe erreichen ohngefähr der gleich, welche man erhält, wenn man unseren Brocken auf den Gipfel der Schneekoppe thürmt.

Aus dem mit der herrlichsten Tropen-Vegetation geschmückten Thale des großen Magdalena-Stroms gelangt man, den zahllosen Crocodilen(Caymanes) und, was mehr noch erfreut, dem dichten Schwarm der Mosquitos entkommen, in zwei Tagen, aus der Tierra caliente in die Tierra fria der Hochebene von Bogota. Man verläßt ein Klima von 27°,7 mittlerer Temperatur und steigt in eine Zone von 14°,5. Der Weg war bis 1816 fast ein bloßer Wasserriß, eine Kluft, in der bisweilen nicht zwei Maulthiere sich begegnen konnten; und doch führte derselbe nach der Hauptstadt

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[105/0007] Nach diesen allgemeinen Betrachtungen will ich bei einer einzelnen Hochebene von mittlerer Höhe verweilen, und aus meinem noch ungedruckten Tagebuche einiges über die Bewohnbarkeit, die Vegetation und die geognostischen Schichtungs-Verhältnisse derselben zusammenstellen. Das Plateau, Llanura de Bogota, nach den alten Mythen der Ureinwohner der Boden eines ausgetrockneten Sees Funzha, liegt 8130 Fuß über dem Meeresspiegel. Es bietet in seiner ganz söhligen, etwa 15 bis 18 geographische Quadratmeilen großen Fläche vier merkwürdige Phänomene dar: den prachtvollen Wasserfall des Tequendama, der von der Region immer grüner Eichen in eine Kluft stürzt, zu welcher baumartige Farren und Palmen bis an den Fuß der Cateracte hinaufgestiegen sind; ein mit Mastodonten-Knochen überfülltes Riesenfeld, Campo de Gigantes, Steinkohlen-Flöze und mächtige Steinsalz-Schichten. Das Vorkommen der beiden letztgenannten Formationen erregt um so mehr Verwunderung, als sie eine Höhe erreichen ohngefähr der gleich, welche man erhält, wenn man unseren Brocken auf den Gipfel der Schneekoppe thürmt. Aus dem mit der herrlichsten Tropen-Vegetation geschmückten Thale des großen Magdalena-Stroms gelangt man, den zahllosen Crocodilen(Caymanes) und, was mehr noch erfreut, dem dichten Schwarm der Mosquitos entkommen, in zwei Tagen, aus der Tierra caliente in die Tierra fria der Hochebene von Bogota. Man verläßt ein Klima von 27°,7 mittlerer Temperatur und steigt in eine Zone von 14°,5. Der Weg war bis 1816 fast ein bloßer Wasserriß, eine Kluft, in der bisweilen nicht zwei Maulthiere sich begegnen konnten; und doch führte derselbe nach der Hauptstadt

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Über die Hochebene von Bogota. In: Ders.: Kleinere Schriften. Erster Band. Geognostische und physikalische Erinnerungen. Stuttgart und Tübingen, 1853, S. 100-132, hier S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_bogota_1853/7>, abgerufen am 03.12.2024.