Ohne Zweifel verdankt man denselben großenteils die Kennt- nis vom Inneren Amerikas; sie leisteten der Geographie Dienste, wie ja der Irrtum oder gewagte Theorieen nicht selten zur Wahrheit führen; aber in der vorliegenden Erörterung kann ich mich nur bei den Umständen aufhalten, die auf die Ent- werfung der alten und neuen Karten unmittelbar Einfluß gehabt haben. Hernan Perez de Quesada suchte nach der Abreise seines Bruders, des Adelantado, nach Europa von neuem (1539), diesmal aber im Berglande nordöstlich von Bogota, den Sonnentempel (Casa del Sol), von dem Gero- nimo de Ortal (1536) am Meta hatte sprechen hören. Der von Bochica eingeführte Sonnendienst und der hohe Ruf des Heiligtums zu Iraca oder Sogamozo gaben Anlaß zu jenen verworrenen Gerüchten von Tempeln und Götzenbildern aus massivem Golde; aber auf den Bergen wie in den Niede- rungen glaubte man immer weit davon zu sein, weil die Wirklichkeit den chimärischen Träumen der Einbildungskraft so wenig entsprach. Francisco de Orellana fuhr, nachdem er mit Pizarro den Dorado in der Provincia de los canelos und an den goldhaltigen Ufern des Napo vergebens gesucht, den großen Amazonenstrom hinunter (1540). Er fand dort zwischen den Mündungen des Javari und des Rio de la Trinidad (Yupura?) einen goldreichen Landstrich, genannt Machiparo (Muchifaro), in der Nähe des Aomaguas oder Omaguas. Diese Kunde trug dazu bei, daß der Dorado südostwärts verlegt wurde, denn Omaguas (Om-Aguas, Aguas), Dit-Aguas und Papamene waren Benennungen für dasselbe Land, für das, welches Georg von Speier auf seinem Zuge an den Caqueta entdeckt hatte. Mitten auf den Niederungen nordwärts vom Amazonenstrom wohnten die Omagua, die Manaos oder Manoas und die Guaypes (Uaupes oder Guayupes), drei mächtige Völker, deren letzteres, dessen Wohnsitze westwärts am Guaupe oder Uaupe liegen, schon in den Reiseberichten Quesadas und Huttens erwähnt wird. Diese beiden in der Geschichte Amerikas gleich berühmten Konquistadoren kamen auf verschiedenen Wegen in die Llanos von San Juan, die damals Valle de Nuestra Sennora hießen. Hernan Perez de Quesada ging (1541) über die Kor- dilleren von Cundirumarca, wahrscheinlich zwischen den Para- mos Chingasa und Suma Paz, während Felipe de Hutten, in Begleitung Pedros de Limpias (desselben, der von den Hochebenen von Bogota die erste Kunde vom Dorado nach
Ohne Zweifel verdankt man denſelben großenteils die Kennt- nis vom Inneren Amerikas; ſie leiſteten der Geographie Dienſte, wie ja der Irrtum oder gewagte Theorieen nicht ſelten zur Wahrheit führen; aber in der vorliegenden Erörterung kann ich mich nur bei den Umſtänden aufhalten, die auf die Ent- werfung der alten und neuen Karten unmittelbar Einfluß gehabt haben. Hernan Perez de Queſada ſuchte nach der Abreiſe ſeines Bruders, des Adelantado, nach Europa von neuem (1539), diesmal aber im Berglande nordöſtlich von Bogota, den Sonnentempel (Casa del Sol), von dem Gero- nimo de Ortal (1536) am Meta hatte ſprechen hören. Der von Bochica eingeführte Sonnendienſt und der hohe Ruf des Heiligtums zu Iraca oder Sogamozo gaben Anlaß zu jenen verworrenen Gerüchten von Tempeln und Götzenbildern aus maſſivem Golde; aber auf den Bergen wie in den Niede- rungen glaubte man immer weit davon zu ſein, weil die Wirklichkeit den chimäriſchen Träumen der Einbildungskraft ſo wenig entſprach. Francisco de Orellana fuhr, nachdem er mit Pizarro den Dorado in der Provincia de los canelos und an den goldhaltigen Ufern des Napo vergebens geſucht, den großen Amazonenſtrom hinunter (1540). Er fand dort zwiſchen den Mündungen des Javari und des Rio de la Trinidad (Yupura?) einen goldreichen Landſtrich, genannt Machiparo (Muchifaro), in der Nähe des Aomaguas oder Omaguas. Dieſe Kunde trug dazu bei, daß der Dorado ſüdoſtwärts verlegt wurde, denn Omaguas (Om-Aguas, Aguas), Dit-Aguas und Papamene waren Benennungen für dasſelbe Land, für das, welches Georg von Speier auf ſeinem Zuge an den Caqueta entdeckt hatte. Mitten auf den Niederungen nordwärts vom Amazonenſtrom wohnten die Omagua, die Manaos oder Manoas und die Guaypes (Uaupes oder Guayupes), drei mächtige Völker, deren letzteres, deſſen Wohnſitze weſtwärts am Guaupe oder Uaupe liegen, ſchon in den Reiſeberichten Queſadas und Huttens erwähnt wird. Dieſe beiden in der Geſchichte Amerikas gleich berühmten Konquiſtadoren kamen auf verſchiedenen Wegen in die Llanos von San Juan, die damals Valle de Nueſtra Señora hießen. Hernan Perez de Queſada ging (1541) über die Kor- dilleren von Cundirumarca, wahrſcheinlich zwiſchen den Para- mos Chingaſa und Suma Paz, während Felipe de Hutten, in Begleitung Pedros de Limpias (desſelben, der von den Hochebenen von Bogota die erſte Kunde vom Dorado nach
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[206/0214]
Ohne Zweifel verdankt man denſelben großenteils die Kennt-
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wie ja der Irrtum oder gewagte Theorieen nicht ſelten zur
Wahrheit führen; aber in der vorliegenden Erörterung kann
ich mich nur bei den Umſtänden aufhalten, die auf die Ent-
werfung der alten und neuen Karten unmittelbar Einfluß
gehabt haben. Hernan Perez de Queſada ſuchte nach der
Abreiſe ſeines Bruders, des Adelantado, nach Europa von
neuem (1539), diesmal aber im Berglande nordöſtlich von
Bogota, den Sonnentempel (Casa del Sol), von dem Gero-
nimo de Ortal (1536) am Meta hatte ſprechen hören. Der
von Bochica eingeführte Sonnendienſt und der hohe Ruf des
Heiligtums zu Iraca oder Sogamozo gaben Anlaß zu jenen
verworrenen Gerüchten von Tempeln und Götzenbildern aus
maſſivem Golde; aber auf den Bergen wie in den Niede-
rungen glaubte man immer weit davon zu ſein, weil die
Wirklichkeit den chimäriſchen Träumen der Einbildungskraft
ſo wenig entſprach. Francisco de Orellana fuhr, nachdem er
mit Pizarro den Dorado in der Provincia de los canelos
und an den goldhaltigen Ufern des Napo vergebens geſucht,
den großen Amazonenſtrom hinunter (1540). Er fand dort
zwiſchen den Mündungen des Javari und des Rio de la
Trinidad (Yupura?) einen goldreichen Landſtrich, genannt
Machiparo (Muchifaro), in der Nähe des Aomaguas oder
Omaguas. Dieſe Kunde trug dazu bei, daß der Dorado
ſüdoſtwärts verlegt wurde, denn Omaguas (Om-Aguas,
Aguas), Dit-Aguas und Papamene waren Benennungen
für dasſelbe Land, für das, welches Georg von Speier auf
ſeinem Zuge an den Caqueta entdeckt hatte. Mitten auf den
Niederungen nordwärts vom Amazonenſtrom wohnten die
Omagua, die Manaos oder Manoas und die Guaypes
(Uaupes oder Guayupes), drei mächtige Völker, deren letzteres,
deſſen Wohnſitze weſtwärts am Guaupe oder Uaupe liegen,
ſchon in den Reiſeberichten Queſadas und Huttens erwähnt
wird. Dieſe beiden in der Geſchichte Amerikas gleich berühmten
Konquiſtadoren kamen auf verſchiedenen Wegen in die Llanos
von San Juan, die damals Valle de Nueſtra Señora
hießen. Hernan Perez de Queſada ging (1541) über die Kor-
dilleren von Cundirumarca, wahrſcheinlich zwiſchen den Para-
mos Chingaſa und Suma Paz, während Felipe de Hutten,
in Begleitung Pedros de Limpias (desſelben, der von den
Hochebenen von Bogota die erſte Kunde vom Dorado nach
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859/214>, abgerufen am 24.11.2024.
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