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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.

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la Parime, durch den der Rio Branco läuft) gibt es 1170 km
gegen West am Ostabhange der Kordilleren der Anden ein
anderes Land, das in den Expeditionen zur Aufsuchung des
Dorado ebenso berufen ist. Es ist dies das Mesopotamien
zwischen dem Caqueta, dem Rio Negro, dem Uaupes und dem
Jurubesh, von dem ich oben ausführlich gesprochen, der Do-
rado der Omagua
, wo der See Manoa des Pater
Acunda, die Laguna de oro der Guanesindianer und das
Goldland liegen, aus dem Pater Fritz gegen das Ende des
17. Jahrhunderts in seiner Mission am Amazonenstrom Gold-
bleche erhalten hat.

Die ersten und zumal berühmtesten Unternehmungen zur
Auffindung des Dorado waren gegen den Ostabhang der
Anden von Neugranada gerichtet. Voll Verwunderung über
den Bericht eines Indianers aus Tacunga von den Schätzen
des Königs oder Zague von "Cundirumarca", schickte Seba-
stian de Belalcazar im Jahre 1535 die Hauptleute Annasco
und Ampudia aus, das Valle del Dorado zu suchen, das
zwölf Tagereisen von Huallabamba, also in den Gebirgen
zwischen Pasto und Popayan liegen sollte. Die Nachrichten,
welche Pedro de Annasco von den Eingeborenen eingezogen,
in Verbindung mit den späteren Mitteilungen des Diaz de
Pineda (1536), der die Provinzen Quixos und Canela zwi-
schen dem Rio Napo und dem Rio Pastaca entdeckt hatte,
brachten auf die Vorstellung, daß östlich von den Nevados
von Tunguragua, Cayambe und Popayan "weite Ebenen
liegen, reich an edlen Metallen, wo die Eingeborenen Rüstun-
gen aus massiven Golde trügen". Als man nun diese
Schätze aufsuchte, entdeckte Gonzalo Pizarro (1539) zufällig
den amerikanischen Zimtbaum (Laurus cinnamomoides)
und gelangte Francisco de Orellana über den Napo hinunter
in den Amazonenstrom. Von da an wurden zu gleicher Zeit
von Venezuela, Neugranada, Quito und Peru, ja von Bra-
silien und vom Rio de la Plata aus Expeditionen zur Er-
oberung des Dorado unternommen. Am längsten haben sich
die Züge in das Land südlich vom Guaviare, Rio Fragua
und Caqueta im Gedächtnis erhalten, und durch sie vor allen
hat das Märchen von den Schätzen der Manaos, der Oma-
gua und Guaypes, wie von der Existenz der Lagunas de
oro
und der Stadt des vergoldeten Königs (der große
Patiti
, der große Moxo, der große Paru oder Enim)
Verbreitung gefunden. Da Orellana zwischen den Neben-

la Parime, durch den der Rio Branco läuft) gibt es 1170 km
gegen Weſt am Oſtabhange der Kordilleren der Anden ein
anderes Land, das in den Expeditionen zur Aufſuchung des
Dorado ebenſo berufen iſt. Es iſt dies das Meſopotamien
zwiſchen dem Caqueta, dem Rio Negro, dem Uaupes und dem
Jurubeſh, von dem ich oben ausführlich geſprochen, der Do-
rado der Omagua
, wo der See Manoa des Pater
Acuña, die Laguna de oro der Guanesindianer und das
Goldland liegen, aus dem Pater Fritz gegen das Ende des
17. Jahrhunderts in ſeiner Miſſion am Amazonenſtrom Gold-
bleche erhalten hat.

Die erſten und zumal berühmteſten Unternehmungen zur
Auffindung des Dorado waren gegen den Oſtabhang der
Anden von Neugranada gerichtet. Voll Verwunderung über
den Bericht eines Indianers aus Tacunga von den Schätzen
des Königs oder Zague von „Cundirumarca“, ſchickte Seba-
ſtian de Belalcazar im Jahre 1535 die Hauptleute Añasco
und Ampudia aus, das Valle del Dorado zu ſuchen, das
zwölf Tagereiſen von Huallabamba, alſo in den Gebirgen
zwiſchen Paſto und Popayan liegen ſollte. Die Nachrichten,
welche Pedro de Añasco von den Eingeborenen eingezogen,
in Verbindung mit den ſpäteren Mitteilungen des Diaz de
Pineda (1536), der die Provinzen Quixos und Canela zwi-
ſchen dem Rio Napo und dem Rio Paſtaça entdeckt hatte,
brachten auf die Vorſtellung, daß öſtlich von den Nevados
von Tunguragua, Cayambe und Popayan „weite Ebenen
liegen, reich an edlen Metallen, wo die Eingeborenen Rüſtun-
gen aus maſſiven Golde trügen“. Als man nun dieſe
Schätze aufſuchte, entdeckte Gonzalo Pizarro (1539) zufällig
den amerikaniſchen Zimtbaum (Laurus cinnamomoides)
und gelangte Francisco de Orellana über den Napo hinunter
in den Amazonenſtrom. Von da an wurden zu gleicher Zeit
von Venezuela, Neugranada, Quito und Peru, ja von Bra-
ſilien und vom Rio de la Plata aus Expeditionen zur Er-
oberung des Dorado unternommen. Am längſten haben ſich
die Züge in das Land ſüdlich vom Guaviare, Rio Fragua
und Caqueta im Gedächtnis erhalten, und durch ſie vor allen
hat das Märchen von den Schätzen der Manaos, der Oma-
gua und Guaypes, wie von der Exiſtenz der Lagunas de
oro
und der Stadt des vergoldeten Königs (der große
Patiti
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[190/0198] la Parime, durch den der Rio Branco läuft) gibt es 1170 km gegen Weſt am Oſtabhange der Kordilleren der Anden ein anderes Land, das in den Expeditionen zur Aufſuchung des Dorado ebenſo berufen iſt. Es iſt dies das Meſopotamien zwiſchen dem Caqueta, dem Rio Negro, dem Uaupes und dem Jurubeſh, von dem ich oben ausführlich geſprochen, der Do- rado der Omagua, wo der See Manoa des Pater Acuña, die Laguna de oro der Guanesindianer und das Goldland liegen, aus dem Pater Fritz gegen das Ende des 17. Jahrhunderts in ſeiner Miſſion am Amazonenſtrom Gold- bleche erhalten hat. Die erſten und zumal berühmteſten Unternehmungen zur Auffindung des Dorado waren gegen den Oſtabhang der Anden von Neugranada gerichtet. Voll Verwunderung über den Bericht eines Indianers aus Tacunga von den Schätzen des Königs oder Zague von „Cundirumarca“, ſchickte Seba- ſtian de Belalcazar im Jahre 1535 die Hauptleute Añasco und Ampudia aus, das Valle del Dorado zu ſuchen, das zwölf Tagereiſen von Huallabamba, alſo in den Gebirgen zwiſchen Paſto und Popayan liegen ſollte. Die Nachrichten, welche Pedro de Añasco von den Eingeborenen eingezogen, in Verbindung mit den ſpäteren Mitteilungen des Diaz de Pineda (1536), der die Provinzen Quixos und Canela zwi- ſchen dem Rio Napo und dem Rio Paſtaça entdeckt hatte, brachten auf die Vorſtellung, daß öſtlich von den Nevados von Tunguragua, Cayambe und Popayan „weite Ebenen liegen, reich an edlen Metallen, wo die Eingeborenen Rüſtun- gen aus maſſiven Golde trügen“. Als man nun dieſe Schätze aufſuchte, entdeckte Gonzalo Pizarro (1539) zufällig den amerikaniſchen Zimtbaum (Laurus cinnamomoides) und gelangte Francisco de Orellana über den Napo hinunter in den Amazonenſtrom. Von da an wurden zu gleicher Zeit von Venezuela, Neugranada, Quito und Peru, ja von Bra- ſilien und vom Rio de la Plata aus Expeditionen zur Er- oberung des Dorado unternommen. Am längſten haben ſich die Züge in das Land ſüdlich vom Guaviare, Rio Fragua und Caqueta im Gedächtnis erhalten, und durch ſie vor allen hat das Märchen von den Schätzen der Manaos, der Oma- gua und Guaypes, wie von der Exiſtenz der Lagunas de oro und der Stadt des vergoldeten Königs (der große Patiti, der große Moxo, der große Paru oder Enim) Verbreitung gefunden. Da Orellana zwiſchen den Neben-

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859/198>, abgerufen am 03.05.2024.