Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.des Rio Negro und des Cassiquiare, noch den Orinoko ost- Die Indianer, die wir in San Francisco Solano trafen, des Rio Negro und des Caſſiquiare, noch den Orinoko oſt- Die Indianer, die wir in San Francisco Solano trafen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0014" n="6"/> des Rio Negro und des Caſſiquiare, noch den Orinoko oſt-<lb/> wärts vom Einfluſſe des Guaviare geſehen. Infolge eines<lb/> Mißverſtändniſſes, das aus der Unkenntnis der ſpaniſchen<lb/> Sprache entſprang, meinten manche Geographen auf La Cruz<lb/> Olmedillas berühmter Karte einen 1800 <hi rendition="#aq">km</hi> langen Weg an-<lb/> gegeben zu finden, auf dem Don Joſeph Solano zu den<lb/> Quellen des Orinoko, an den See Parime oder das <hi rendition="#g">Weiße<lb/> Meer</hi>, an die Ufer des Cababury und Uteta gekommen ſein<lb/> ſollte. Die Miſſion San Francisco wurde, wie die meiſten<lb/> chriſtlichen Niederlaſſungen ſüdlich von den großen Katarakten<lb/> des Orinoko, nicht von Mönchen, ſondern von Militärbehör-<lb/> den gegründet. Bei der Grenzexpedition legte man Dörfer<lb/> an, wo ein <hi rendition="#g">Subteniente</hi> oder Korporal mit ſeiner Mann-<lb/> ſchaft Poſto gefaßt hatte. Die Eingeborenen, die ihre Un-<lb/> abhängigkeit behaupten wollten, zogen ſich ohne Gefecht zurück,<lb/> andere, deren einflußreichſte Häuptlinge man gewonnen, ſchloſſen<lb/> ſich den Miſſionen an. Wo man keine Kirche hatte, richtete<lb/> man nur ein großes Kreuz aus rotem Holze auf und baute<lb/> daneben eine <hi rendition="#aq">Casa fuerte,</hi> das heißt ein Haus, deſſen Wände<lb/> aus ſtarken, wagerecht übereinander gelegten Balken beſtanden.<lb/> Dasſelbe hatte zwei Stockwerke; im oberen ſtanden zwei Stein-<lb/> böller oder Kanonen von kleinem Kaliber; zu ebener Erde<lb/> hauſten zwei Soldaten, die von einer indianiſchen Familie<lb/> bedient wurden. Die Eingeborenen, mit denen man im Frieden<lb/> lebte, legten ihre Pflanzungen um die <hi rendition="#aq">Casa fuerte</hi> an. Hatte<lb/> man einen feindlichen Angriff zu fürchten, ſo wurden ſie von<lb/> den Soldaten mit dem Horn oder einem <hi rendition="#g">Botuto</hi> aus ge-<lb/> brannter Erde zuſammengerufen. So waren die neunzehn<lb/> angeblichen chriſtlichen Niederlaſſungen beſchaffen, die Don<lb/> Antonio Santos auf dem Wege von Esmeralda bis zum<lb/> Everato gegründet. Militärpoſten, die mit der Civiliſation<lb/> der Eingeborenen gar nichts zu thun hatten, waren auf den<lb/> Karten und in den Schriften der Miſſionäre als Dörfer<lb/> (<hi rendition="#aq">pueblos</hi>) und <hi rendition="#aq">redicciones apostolicas</hi> angegeben. Die Mili-<lb/> tärbehörde behielt am Orinoko die Oberhand bis zum Jahre<lb/> 1785, mit dem das Regiment der Franziskaner ſeinen Anfang<lb/> nimmt. Die wenigen Miſſionen, die ſeitdem gegründet oder<lb/> vielmehr wiederhergeſtellt worden, ſind das Werk der Obſer-<lb/> vanten, und die Soldaten, die in den Miſſionen liegen, ſtehen<lb/> jetzt unter den Miſſionären, oder die geiſtliche Hierarchie maßt<lb/> ſich doch dieſes Verhältnis an.</p><lb/> <p>Die Indianer, die wir in San Francisco Solano trafen,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [6/0014]
des Rio Negro und des Caſſiquiare, noch den Orinoko oſt-
wärts vom Einfluſſe des Guaviare geſehen. Infolge eines
Mißverſtändniſſes, das aus der Unkenntnis der ſpaniſchen
Sprache entſprang, meinten manche Geographen auf La Cruz
Olmedillas berühmter Karte einen 1800 km langen Weg an-
gegeben zu finden, auf dem Don Joſeph Solano zu den
Quellen des Orinoko, an den See Parime oder das Weiße
Meer, an die Ufer des Cababury und Uteta gekommen ſein
ſollte. Die Miſſion San Francisco wurde, wie die meiſten
chriſtlichen Niederlaſſungen ſüdlich von den großen Katarakten
des Orinoko, nicht von Mönchen, ſondern von Militärbehör-
den gegründet. Bei der Grenzexpedition legte man Dörfer
an, wo ein Subteniente oder Korporal mit ſeiner Mann-
ſchaft Poſto gefaßt hatte. Die Eingeborenen, die ihre Un-
abhängigkeit behaupten wollten, zogen ſich ohne Gefecht zurück,
andere, deren einflußreichſte Häuptlinge man gewonnen, ſchloſſen
ſich den Miſſionen an. Wo man keine Kirche hatte, richtete
man nur ein großes Kreuz aus rotem Holze auf und baute
daneben eine Casa fuerte, das heißt ein Haus, deſſen Wände
aus ſtarken, wagerecht übereinander gelegten Balken beſtanden.
Dasſelbe hatte zwei Stockwerke; im oberen ſtanden zwei Stein-
böller oder Kanonen von kleinem Kaliber; zu ebener Erde
hauſten zwei Soldaten, die von einer indianiſchen Familie
bedient wurden. Die Eingeborenen, mit denen man im Frieden
lebte, legten ihre Pflanzungen um die Casa fuerte an. Hatte
man einen feindlichen Angriff zu fürchten, ſo wurden ſie von
den Soldaten mit dem Horn oder einem Botuto aus ge-
brannter Erde zuſammengerufen. So waren die neunzehn
angeblichen chriſtlichen Niederlaſſungen beſchaffen, die Don
Antonio Santos auf dem Wege von Esmeralda bis zum
Everato gegründet. Militärpoſten, die mit der Civiliſation
der Eingeborenen gar nichts zu thun hatten, waren auf den
Karten und in den Schriften der Miſſionäre als Dörfer
(pueblos) und redicciones apostolicas angegeben. Die Mili-
tärbehörde behielt am Orinoko die Oberhand bis zum Jahre
1785, mit dem das Regiment der Franziskaner ſeinen Anfang
nimmt. Die wenigen Miſſionen, die ſeitdem gegründet oder
vielmehr wiederhergeſtellt worden, ſind das Werk der Obſer-
vanten, und die Soldaten, die in den Miſſionen liegen, ſtehen
jetzt unter den Miſſionären, oder die geiſtliche Hierarchie maßt
ſich doch dieſes Verhältnis an.
Die Indianer, die wir in San Francisco Solano trafen,
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