Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.Südamerika, von Merida und Santa Marta bis zu den Ueberall, wo sich im Granit nicht die großen Höhlungen 1 Diese Berechnung gründet sich auf den Quint, der in den Jahren 1576 und 1592 an das Schatzamt (Caxas reales) von Truxillo bezahlt wurde. Die Register sind noch vorhanden. In Persien, in Hochasien, in Aegypten, wo man auch Gräber aus sehr verschiedenen Zeitaltern öffnet, hat man, soviel ich weiß, niemals Schätze von Belang entdeckt. 2 Eine Art Mumien und Skelette in Körben wurden vor
kurzem in den Vereinigten Staaten in einer Höhle entdeckt. Sie sollen einer Menschenart angehören, die mit der auf den Sandwich- inseln Aehnlichkeit hat. Die Beschreibung dieser Gräber erinnert einigermaßen an das, was ich in den Gräbern von Ataruipe beob- achtet. -- Die Missionäre in den Vereinigten Staaten beklagen sich über den Gestank, den die Nantikokes verbreiten, wenn sie mit den Gebeinen ihrer Ahnen umherziehen. Südamerika, von Merida und Santa Marta bis zu den Ueberall, wo ſich im Granit nicht die großen Höhlungen 1 Dieſe Berechnung gründet ſich auf den Quint, der in den Jahren 1576 und 1592 an das Schatzamt (Caxas reales) von Truxillo bezahlt wurde. Die Regiſter ſind noch vorhanden. In Perſien, in Hochaſien, in Aegypten, wo man auch Gräber aus ſehr verſchiedenen Zeitaltern öffnet, hat man, ſoviel ich weiß, niemals Schätze von Belang entdeckt. 2 Eine Art Mumien und Skelette in Körben wurden vor
kurzem in den Vereinigten Staaten in einer Höhle entdeckt. Sie ſollen einer Menſchenart angehören, die mit der auf den Sandwich- inſeln Aehnlichkeit hat. Die Beſchreibung dieſer Gräber erinnert einigermaßen an das, was ich in den Gräbern von Ataruipe beob- achtet. — Die Miſſionäre in den Vereinigten Staaten beklagen ſich über den Geſtank, den die Nantikokes verbreiten, wenn ſie mit den Gebeinen ihrer Ahnen umherziehen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0124" n="116"/> Südamerika, von Merida und Santa Marta bis zu den<lb/> Hochebenen von Quito und Oberperu hat man bergmänniſch<lb/> nach Gräbern, oder wie es die Kreolen mit einem verdor-<lb/> benen Worte der Inkaſprache nennen, nach <hi rendition="#g">Huacas</hi> geſucht.<lb/> Ich war an der Küſte von Peru, in Manciche, in der <hi rendition="#g">Huaca</hi><lb/> von Toledo, aus der man Goldmaſſen erhoben hat, die im<lb/> 16. Jahrhundert fünf Millionen Livres Turnois wert waren.<note place="foot" n="1">Dieſe Berechnung gründet ſich auf den <hi rendition="#g">Quint</hi>, der in den<lb/> Jahren 1576 und 1592 an das Schatzamt (<hi rendition="#aq">Caxas reales</hi>) von<lb/> Truxillo bezahlt wurde. Die Regiſter ſind noch vorhanden. In<lb/> Perſien, in Hochaſien, in Aegypten, wo man auch Gräber aus ſehr<lb/> verſchiedenen Zeitaltern öffnet, hat man, ſoviel ich weiß, niemals<lb/> Schätze von Belang entdeckt.</note><lb/> Aber in den Höhlen, die ſeit den älteſten Zeiten den Einge-<lb/> borenen in Guyana als Grabſtätten dienen, hat man nie<lb/> eine Spur von koſtbaren Metallen entdeckt. Aus dieſem Um-<lb/> ſtande geht hervor, daß auch zur Zeit, wo die Kariben und<lb/> andere Wandervölker gegen Südweſt Streifzüge unternahmen,<lb/> das Gold nur in ganz unbedeutender Menge von den Ge-<lb/> birgen von Peru den Niederungen im Oſten zufloß.</p><lb/> <p>Ueberall, wo ſich im Granit nicht die großen Höhlungen<lb/> finden, wie ſie ſich durch die Verwitterung des Geſteins oder<lb/> durch die Aufeinandertürmung der Blöcke bilden, beſtatten<lb/> die Indianer den Leichnam in die Erde. Die Hängematte<lb/> (<hi rendition="#aq">Chinchorro</hi>), eine Art Netz, worin der Verſtorbene im Leben<lb/> geſchlafen, dient ihm als Sarg. Man ſchnürt dieſes Netz<lb/> feſt um den Körper zuſammen, gräbt ein Loch in der Hütte<lb/> ſelbſt und legt den Toten darin nieder. Dies iſt nach dem<lb/> Bericht des Miſſionärs Gili und nach dem, was ich aus<lb/> Pater Zeas Munde weiß, das gewöhnliche Verfahren. Ich<lb/> glaube nicht, daß es in ganz Guyana einen Grabhügel gibt,<lb/> nicht einmal in den Ebenen des Caſſiquiare und Eſſequibo.<lb/> In den Savannen von Varinas dagegen, wie in Kanada<lb/> weſtlich von den Alleghanies,<note place="foot" n="2">Eine Art Mumien und Skelette in Körben wurden vor<lb/> kurzem in den Vereinigten Staaten in einer Höhle entdeckt. Sie<lb/> ſollen einer Menſchenart angehören, die mit der auf den Sandwich-<lb/> inſeln Aehnlichkeit hat. Die Beſchreibung dieſer Gräber erinnert<lb/> einigermaßen an das, was ich in den Gräbern von Ataruipe beob-<lb/> achtet. — Die Miſſionäre in den Vereinigten Staaten beklagen ſich<lb/> über den Geſtank, den die Nantikokes verbreiten, wenn ſie mit den<lb/> Gebeinen ihrer Ahnen umherziehen.</note> trifft man welche an. Es er-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [116/0124]
Südamerika, von Merida und Santa Marta bis zu den
Hochebenen von Quito und Oberperu hat man bergmänniſch
nach Gräbern, oder wie es die Kreolen mit einem verdor-
benen Worte der Inkaſprache nennen, nach Huacas geſucht.
Ich war an der Küſte von Peru, in Manciche, in der Huaca
von Toledo, aus der man Goldmaſſen erhoben hat, die im
16. Jahrhundert fünf Millionen Livres Turnois wert waren. 1
Aber in den Höhlen, die ſeit den älteſten Zeiten den Einge-
borenen in Guyana als Grabſtätten dienen, hat man nie
eine Spur von koſtbaren Metallen entdeckt. Aus dieſem Um-
ſtande geht hervor, daß auch zur Zeit, wo die Kariben und
andere Wandervölker gegen Südweſt Streifzüge unternahmen,
das Gold nur in ganz unbedeutender Menge von den Ge-
birgen von Peru den Niederungen im Oſten zufloß.
Ueberall, wo ſich im Granit nicht die großen Höhlungen
finden, wie ſie ſich durch die Verwitterung des Geſteins oder
durch die Aufeinandertürmung der Blöcke bilden, beſtatten
die Indianer den Leichnam in die Erde. Die Hängematte
(Chinchorro), eine Art Netz, worin der Verſtorbene im Leben
geſchlafen, dient ihm als Sarg. Man ſchnürt dieſes Netz
feſt um den Körper zuſammen, gräbt ein Loch in der Hütte
ſelbſt und legt den Toten darin nieder. Dies iſt nach dem
Bericht des Miſſionärs Gili und nach dem, was ich aus
Pater Zeas Munde weiß, das gewöhnliche Verfahren. Ich
glaube nicht, daß es in ganz Guyana einen Grabhügel gibt,
nicht einmal in den Ebenen des Caſſiquiare und Eſſequibo.
In den Savannen von Varinas dagegen, wie in Kanada
weſtlich von den Alleghanies, 2 trifft man welche an. Es er-
1 Dieſe Berechnung gründet ſich auf den Quint, der in den
Jahren 1576 und 1592 an das Schatzamt (Caxas reales) von
Truxillo bezahlt wurde. Die Regiſter ſind noch vorhanden. In
Perſien, in Hochaſien, in Aegypten, wo man auch Gräber aus ſehr
verſchiedenen Zeitaltern öffnet, hat man, ſoviel ich weiß, niemals
Schätze von Belang entdeckt.
2 Eine Art Mumien und Skelette in Körben wurden vor
kurzem in den Vereinigten Staaten in einer Höhle entdeckt. Sie
ſollen einer Menſchenart angehören, die mit der auf den Sandwich-
inſeln Aehnlichkeit hat. Die Beſchreibung dieſer Gräber erinnert
einigermaßen an das, was ich in den Gräbern von Ataruipe beob-
achtet. — Die Miſſionäre in den Vereinigten Staaten beklagen ſich
über den Geſtank, den die Nantikokes verbreiten, wenn ſie mit den
Gebeinen ihrer Ahnen umherziehen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859/124 |
Zitationshilfe: | Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859/124>, abgerufen am 26.06.2024. |