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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.

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die Salivas sich leicht herbei, sich den ersten Jesuitenmissionen
anzuschließen. Die Patres rühmen aber auch in ihren Schriften
durchgängig ihren Verstand und ihre Gelehrigkeit. Die Sa-
livas haben großen Hang zur Musik; seit den ältesten Zeiten
blasen sie Trompeten aus gebrannter Erde, die 1,3 bis 1,6 m
lang sind und mehrere kugelförmige Erweiterungen haben, die
durch enge Röhren zusammenhängen. Diese Trompeten geben
sehr klägliche Töne. Die Jesuiten haben die natürliche Neigung
der Salivas zur Instrumentalmusik mit Glück ausgebildet,
und auch nach der Aufhebung der Gesellschaft Jesu haben die
Missionäre am Rio Meta in San Miguel de Macuco die
schöne Kirchenmusik und den musikalischen Unterricht der Jugend
fort gepflegt. Erst kürzlich sah ein Reisender zu seiner Ver-
wunderung die Eingeborenen Violine, Violoncell, Triangel,
Guitarre und Flöte spielen.

In den vereinzelten Missionen am Orinoko wirkt die
Verwaltung nicht so günstig auf die Entwickelung der Kultur
der Salivas und die Zunahme der Bevölkerung, als das
System, das die Augustiner auf den Ebenen am Casanare
und Meta befolgen. In Macuco haben die Eingeborenen durch
den Verkehr mit den Weißen im Dorfe, die fast lauter "Flücht-
linge von Socorro" 1 sind, sehr gewonnen. Zur Jesuitenzeit
wurden die drei Dörfer am Orinoko, Pararuma, Castillo oder
Marumarutu und Carichana in eines, Carichana, verschmolzen,
das damit eine sehr ansehnliche Mission wurde. Im Jahre
1759, als die Fortaleza de San Francisco Xavier und ihre
drei Batterien noch standen, zählte Pater Caulin in der Mis-
sion Carichana 400 Salivas; im Jahre 1800 fand ich ihrer
kaum 150. Vom Dorfe ist nichts übrig als einige Lehm-
hütten, die symmetrisch um ein ungeheuer hohes Kreuz her-
liegen.


1 Die Stadt Socorro, südlich vom Rio Sogamoza und nord-
nordöstlich von Santa Fe de Bogota, war der Hauptherd des Auf-
ruhrs, der im Jahre 1781 im Königreich Neugranada unter dem
Erzbischof Vizekönig Gongora wegen der Plackereien ausbrach, denen
das Volk infolge der Einführung der Tabakspacht ausgesetzt ge-
wesen. Viele fleißige Einwohner von Socorro wanderten damals
in die Llanos am Meta aus, um sich den Verfolgungen zu ent-
ziehen, welche der vom Madrider Hof erteilten allgemeinen Amnestie
folgten. Diese Ausgewanderten heißen in den Missionen Socor-
rennos refugiados.

die Salivas ſich leicht herbei, ſich den erſten Jeſuitenmiſſionen
anzuſchließen. Die Patres rühmen aber auch in ihren Schriften
durchgängig ihren Verſtand und ihre Gelehrigkeit. Die Sa-
livas haben großen Hang zur Muſik; ſeit den älteſten Zeiten
blaſen ſie Trompeten aus gebrannter Erde, die 1,3 bis 1,6 m
lang ſind und mehrere kugelförmige Erweiterungen haben, die
durch enge Röhren zuſammenhängen. Dieſe Trompeten geben
ſehr klägliche Töne. Die Jeſuiten haben die natürliche Neigung
der Salivas zur Inſtrumentalmuſik mit Glück ausgebildet,
und auch nach der Aufhebung der Geſellſchaft Jeſu haben die
Miſſionäre am Rio Meta in San Miguel de Macuco die
ſchöne Kirchenmuſik und den muſikaliſchen Unterricht der Jugend
fort gepflegt. Erſt kürzlich ſah ein Reiſender zu ſeiner Ver-
wunderung die Eingeborenen Violine, Violoncell, Triangel,
Guitarre und Flöte ſpielen.

In den vereinzelten Miſſionen am Orinoko wirkt die
Verwaltung nicht ſo günſtig auf die Entwickelung der Kultur
der Salivas und die Zunahme der Bevölkerung, als das
Syſtem, das die Auguſtiner auf den Ebenen am Caſanare
und Meta befolgen. In Macuco haben die Eingeborenen durch
den Verkehr mit den Weißen im Dorfe, die faſt lauter „Flücht-
linge von Socorro“ 1 ſind, ſehr gewonnen. Zur Jeſuitenzeit
wurden die drei Dörfer am Orinoko, Pararuma, Caſtillo oder
Marumarutu und Carichana in eines, Carichana, verſchmolzen,
das damit eine ſehr anſehnliche Miſſion wurde. Im Jahre
1759, als die Fortaleza de San Francisco Xavier und ihre
drei Batterien noch ſtanden, zählte Pater Caulin in der Miſ-
ſion Carichana 400 Salivas; im Jahre 1800 fand ich ihrer
kaum 150. Vom Dorfe iſt nichts übrig als einige Lehm-
hütten, die ſymmetriſch um ein ungeheuer hohes Kreuz her-
liegen.


1 Die Stadt Socorro, ſüdlich vom Rio Sogamoza und nord-
nordöſtlich von Santa Fé de Bogota, war der Hauptherd des Auf-
ruhrs, der im Jahre 1781 im Königreich Neugranada unter dem
Erzbiſchof Vizekönig Gongora wegen der Plackereien ausbrach, denen
das Volk infolge der Einführung der Tabakspacht ausgeſetzt ge-
weſen. Viele fleißige Einwohner von Socorro wanderten damals
in die Llanos am Meta aus, um ſich den Verfolgungen zu ent-
ziehen, welche der vom Madrider Hof erteilten allgemeinen Amneſtie
folgten. Dieſe Ausgewanderten heißen in den Miſſionen Socor-
reños refugiados.
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[85/0093] die Salivas ſich leicht herbei, ſich den erſten Jeſuitenmiſſionen anzuſchließen. Die Patres rühmen aber auch in ihren Schriften durchgängig ihren Verſtand und ihre Gelehrigkeit. Die Sa- livas haben großen Hang zur Muſik; ſeit den älteſten Zeiten blaſen ſie Trompeten aus gebrannter Erde, die 1,3 bis 1,6 m lang ſind und mehrere kugelförmige Erweiterungen haben, die durch enge Röhren zuſammenhängen. Dieſe Trompeten geben ſehr klägliche Töne. Die Jeſuiten haben die natürliche Neigung der Salivas zur Inſtrumentalmuſik mit Glück ausgebildet, und auch nach der Aufhebung der Geſellſchaft Jeſu haben die Miſſionäre am Rio Meta in San Miguel de Macuco die ſchöne Kirchenmuſik und den muſikaliſchen Unterricht der Jugend fort gepflegt. Erſt kürzlich ſah ein Reiſender zu ſeiner Ver- wunderung die Eingeborenen Violine, Violoncell, Triangel, Guitarre und Flöte ſpielen. In den vereinzelten Miſſionen am Orinoko wirkt die Verwaltung nicht ſo günſtig auf die Entwickelung der Kultur der Salivas und die Zunahme der Bevölkerung, als das Syſtem, das die Auguſtiner auf den Ebenen am Caſanare und Meta befolgen. In Macuco haben die Eingeborenen durch den Verkehr mit den Weißen im Dorfe, die faſt lauter „Flücht- linge von Socorro“ 1 ſind, ſehr gewonnen. Zur Jeſuitenzeit wurden die drei Dörfer am Orinoko, Pararuma, Caſtillo oder Marumarutu und Carichana in eines, Carichana, verſchmolzen, das damit eine ſehr anſehnliche Miſſion wurde. Im Jahre 1759, als die Fortaleza de San Francisco Xavier und ihre drei Batterien noch ſtanden, zählte Pater Caulin in der Miſ- ſion Carichana 400 Salivas; im Jahre 1800 fand ich ihrer kaum 150. Vom Dorfe iſt nichts übrig als einige Lehm- hütten, die ſymmetriſch um ein ungeheuer hohes Kreuz her- liegen. 1 Die Stadt Socorro, ſüdlich vom Rio Sogamoza und nord- nordöſtlich von Santa Fé de Bogota, war der Hauptherd des Auf- ruhrs, der im Jahre 1781 im Königreich Neugranada unter dem Erzbiſchof Vizekönig Gongora wegen der Plackereien ausbrach, denen das Volk infolge der Einführung der Tabakspacht ausgeſetzt ge- weſen. Viele fleißige Einwohner von Socorro wanderten damals in die Llanos am Meta aus, um ſich den Verfolgungen zu ent- ziehen, welche der vom Madrider Hof erteilten allgemeinen Amneſtie folgten. Dieſe Ausgewanderten heißen in den Miſſionen Socor- reños refugiados.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial03_1859/93>, abgerufen am 24.11.2024.