Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.biß brauchen. Eine der Cerbera sehr nahestehende Gattung In der Hütte des Indianers, der von einer Natter ge- Am Nigir und in einem großen Teile des inneren Afrika, biß brauchen. Eine der Cerbera ſehr naheſtehende Gattung In der Hütte des Indianers, der von einer Natter ge- Am Nigir und in einem großen Teile des inneren Afrika, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0246" n="238"/> biß brauchen. Eine der Cerbera ſehr naheſtehende Gattung<lb/> (<hi rendition="#aq">Ophioxylon serpentinum</hi>) leiſtet in Indien denſelben Dienſt.<lb/> Ziemlich häufig findet man in derſelben Pflanzenfamilie vege-<lb/> tabiliſche Gifte und Gegengifte gegen den Biß der Reptilien.<lb/> Da viele tropiſche und narkotiſche Mittel mehr oder minder<lb/> wirkſame Gegengifte ſind, ſo kommen dieſe in weit auseinder-<lb/> ſtehenden Familien vor, bei den Ariſtolochien, Apocyneen, Gen-<lb/> tianen, Polygalen, Solaneen, Malvaceen, Drymyrhizeen, bei<lb/> den Pflanzen mit zuſammengeſetzten Blüten, und was noch<lb/> auffallender iſt, bei den Palmen.</p><lb/> <p>In der Hütte des Indianers, der von einer Natter ge-<lb/> biſſen worden, fanden wir 5 bis 8 <hi rendition="#aq">cm</hi> große Kugeln eines<lb/> erdigen, unreinen Salzes, <hi rendition="#g">Chivi</hi> genannt, das von den Ein-<lb/> geborenen ſehr ſorgfältig zubereitet wird. In Maypures ver-<lb/> brennt man eine Konferve, die der Orinoko, wenn er nach<lb/> dem Hochgewäſſer in ſein Bett zurückkehrt, auf dem Geſtein<lb/> ſitzen läßt. In Javita bereitet man Salz durch Einäſcherung<lb/> des Blütenkolbens und der Früchte der <hi rendition="#g">Seje</hi> oder <hi rendition="#g">Chimu-<lb/> palme</hi>. Dieſe ſchöne Palme, die am Ufer des Auvena beim<lb/> Katarakt Guarinuma und zwiſchen dem Javita und dem Pi-<lb/> michin ſehr häufig vorkommt, ſcheint eine neue Art Kokos-<lb/> palme zu ſein. Bekanntlich iſt das in der gemeinen Kokos-<lb/> nuß eingeſchloſſene Waſſer häufig ſalzig, ſelbſt wenn der<lb/> Baum weit von der Meeresküſte wächſt. Auf Madagaskar<lb/> gewinnt man Salz aus dem Saft einer Palme Namens <hi rendition="#g">Cira</hi>.<lb/> Außer den Blütenkolben und den Früchten der Sejepalme<lb/> laugen die Indianer in Javita auch die Aſche des vielbe-<lb/> rufenen Schlinggewächſes <hi rendition="#g">Cupana</hi> aus. Es iſt dies eine<lb/> neue Art der Gattung Paullinia, alſo eine von Linn<hi rendition="#aq">é</hi>s Cu-<lb/> pania ſehr verſchiedene Pflanze. Ich bemerke bei dieſer Ge-<lb/> legenheit, daß ein Miſſionär ſelten auf die Reiſe geht, ohne<lb/> den zubereiteten Samen der Liane Cupana mitzunehmen.<lb/> Dieſe Zubereitung erfordert große Sorgfalt. Die Indianer<lb/> zerreiben den Samen, miſchen ihn mit Maniokmehl, wickeln<lb/> die Maſſe in Bananenblätter und laſſen ſie im Waſſer gären,<lb/> bis ſie ſafrangelb wird. Dieſer gelbe Teig wird an der Sonne<lb/> getrocknet, und mit Waſſer angegoſſen genießt man ihn mor-<lb/> gens ſtatt Thee. Das Getränk iſt bitter und magenſtärkend,<lb/> ich fand aber den Geſchmack ſehr widrig.</p><lb/> <p>Am Nigir und in einem großen Teile des inneren Afrika,<lb/> wo das Salz ſehr ſelten iſt, heißt es von einem reichen Mann:<lb/> „Es geht ihm ſo gut, daß er Salz zu ſeinen Speiſen ißt.“<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [238/0246]
biß brauchen. Eine der Cerbera ſehr naheſtehende Gattung
(Ophioxylon serpentinum) leiſtet in Indien denſelben Dienſt.
Ziemlich häufig findet man in derſelben Pflanzenfamilie vege-
tabiliſche Gifte und Gegengifte gegen den Biß der Reptilien.
Da viele tropiſche und narkotiſche Mittel mehr oder minder
wirkſame Gegengifte ſind, ſo kommen dieſe in weit auseinder-
ſtehenden Familien vor, bei den Ariſtolochien, Apocyneen, Gen-
tianen, Polygalen, Solaneen, Malvaceen, Drymyrhizeen, bei
den Pflanzen mit zuſammengeſetzten Blüten, und was noch
auffallender iſt, bei den Palmen.
In der Hütte des Indianers, der von einer Natter ge-
biſſen worden, fanden wir 5 bis 8 cm große Kugeln eines
erdigen, unreinen Salzes, Chivi genannt, das von den Ein-
geborenen ſehr ſorgfältig zubereitet wird. In Maypures ver-
brennt man eine Konferve, die der Orinoko, wenn er nach
dem Hochgewäſſer in ſein Bett zurückkehrt, auf dem Geſtein
ſitzen läßt. In Javita bereitet man Salz durch Einäſcherung
des Blütenkolbens und der Früchte der Seje oder Chimu-
palme. Dieſe ſchöne Palme, die am Ufer des Auvena beim
Katarakt Guarinuma und zwiſchen dem Javita und dem Pi-
michin ſehr häufig vorkommt, ſcheint eine neue Art Kokos-
palme zu ſein. Bekanntlich iſt das in der gemeinen Kokos-
nuß eingeſchloſſene Waſſer häufig ſalzig, ſelbſt wenn der
Baum weit von der Meeresküſte wächſt. Auf Madagaskar
gewinnt man Salz aus dem Saft einer Palme Namens Cira.
Außer den Blütenkolben und den Früchten der Sejepalme
laugen die Indianer in Javita auch die Aſche des vielbe-
rufenen Schlinggewächſes Cupana aus. Es iſt dies eine
neue Art der Gattung Paullinia, alſo eine von Linnés Cu-
pania ſehr verſchiedene Pflanze. Ich bemerke bei dieſer Ge-
legenheit, daß ein Miſſionär ſelten auf die Reiſe geht, ohne
den zubereiteten Samen der Liane Cupana mitzunehmen.
Dieſe Zubereitung erfordert große Sorgfalt. Die Indianer
zerreiben den Samen, miſchen ihn mit Maniokmehl, wickeln
die Maſſe in Bananenblätter und laſſen ſie im Waſſer gären,
bis ſie ſafrangelb wird. Dieſer gelbe Teig wird an der Sonne
getrocknet, und mit Waſſer angegoſſen genießt man ihn mor-
gens ſtatt Thee. Das Getränk iſt bitter und magenſtärkend,
ich fand aber den Geſchmack ſehr widrig.
Am Nigir und in einem großen Teile des inneren Afrika,
wo das Salz ſehr ſelten iſt, heißt es von einem reichen Mann:
„Es geht ihm ſo gut, daß er Salz zu ſeinen Speiſen ißt.“
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