Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.Die Stacheln sind nicht lang und dünn, wie beim Corozo Ueberall, wo der Temi Schlingen bildet, steht der Wald 1 Limanda.
Die Stacheln ſind nicht lang und dünn, wie beim Corozo Ueberall, wo der Temi Schlingen bildet, ſteht der Wald 1 Limanda.
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Die Stacheln ſind nicht lang und dünn, wie beim Corozo
und anderen ſtachligen Palmen; ſie ſind im Gegenteil ſtark
holzig, kurz, gegen die Baſis breiter, wie die Stacheln der
Hura crepitans. An den Ufern des Atabapo und Temi
ſteht dieſe Palme in Gruppen von 12 bis 15 Stämmen, die
ſich ſo nah aneinander drängen, als kämen ſie aus einer
Wurzel. Im Habitus, in der Form und der geringen Zahl
der Blätter gleichen dieſe Bäume den Fächerpalmen und
Chamärops der Alten Welt. Wir bemerkten, daß einige Juria-
ſtämme gar keine Früchte trugen, während andere davon ganz
voll hingen; dies ſcheint auf eine Palme mit getrennten Ge-
ſchlechtern zu deuten.
Ueberall, wo der Temi Schlingen bildet, ſteht der Wald
über 10 qkm weit unter Waſſer. Um die Krümmungen zu
vermeiden und ſchneller vorwärts zu kommen, wird die Schiff-
fahrt hier ganz ſeltſam betrieben. Die Indianer bogen aus
dem Flußbett ab, und wir fuhren ſüdwärts durch den Wald
auf ſogenannten Sendas, das heißt 1,3 bis 1,6 m breiten,
offenen Kanälen. Das Waſſer iſt ſelten über einen halben
Faden tief. Dieſe Sendas bilden ſich im überſchwemmten
Wald wie auf trockenem Boden die Fußſteige. Die Indianer
ſchlagen von einer Miſſion zur anderen mit ihren Kanoen wo-
möglich immer denſelben Weg ein; da aber der Verkehr gering
iſt, ſo ſtößt man bei der üppigen Vegetation zuweilen un-
erwartet auf Hinderniſſe. Deshalb ſtand ein Indianer mit
einem Machete (ein großes Meſſer mit 37 cm langer Klinge)
vorne auf unſerem Fahrzeuge und hieb fortwährend die Zweige
ab, die ſich auf beiden Seiten des Kanales kreuzten. Im
dickſten Walde vernahmen wir mit Ueberraſchung einen ſonder-
baren Lärm. Wir ſchlugen an die Büſche, und da kam ein
Schwarm 1,3 m langer Toninas (Süßwaſſerdelphine) zum
Vorſchein und umgab unſer Fahrzeug. Die Tiere waren unter
den Aeſten eines Käſebaumes oder Bombax Ceiba verſteckt
geweſen. Sie machten ſich durch den Wald davon und warfen
dabei die Strahlen Waſſer und komprimierter Luft, nach denen
ſie in allen Sprachen Blaſefiſche oder Spritzfiſche, souff-
leurs u. ſ. w. heißen. Ein ſonderbarer Anblick mitten im
Lande, 1300 bis 1800 km von den Mündungen des Orinoko
und des Amazonenſtroms! Ich weiß wohl, daß Fiſche von
der Familie Pleuronectes 1 aus dem Atlantiſchen Meere in der
1 Limanda.
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