ein geflecktes Aussehen gibt, auszustechen. Eines der bar- barischten Völker am Orinoko, die Otomaken, kennt den Ge- brauch der Mosquiteros (Fliegennetze), die aus den Fasern der Murichipalme gewoben werden. Wir haben oben gesehen, daß die Farbigen in Higuerote an der Küste von Caracas sich zum Schlafen in den Sand graben. In den Dörfern am Magdalenenfluß forderten uns die Indianer oft auf, uns mit ihnen bei der Kirche auf der Plaza grande auf Ochsen- häute zu legen. Man hatte daselbst alles Vieh aus der Um- gegend zusammengetrieben, denn in der Nähe desselben findet der Mensch ein wenig Ruhe. Wenn die Indianer am oberen Orinoko oder am Cassiquiare sahen, daß Bonpland wegen der unaufhörlichen Moskitoplage seine Pflanzen nicht einlegen konnte, forderten sie ihn auf, in ihre Hornitos (Oefen) zu gehen. So heißen kleine Gemächer ohne Thüre und Fenster, in die man durch eine ganz niedrige Oeffnung auf dem Bauche kriecht. Mittels eines Feuers von feuchtem Strauch- werk, das viel Rauch gibt, jagt man die Insekten hinaus und verschließt dann die Oeffnung des Ofens. Daß man jetzt die Moskiten los ist, erkauft man ziemlich teuer; denn bei der stockenden Luft und dem Rauch einer Kopalfackel, die den Ofen beleuchtet, wird es entsetzlich heiß darin. Bonpland hat mit einem Mut und einer Geduld, die das höchste Lob ver- dienen, viele hundert Pflanzen in diesen Hornitos der In- dianer getrocknet.
Die Mühe, die sich die Eingeborenen geben, um die Insektenplage zu lindern, beweist hinlänglich, daß der kupfer- farbige Mensch trotz der verschiedenen Organisation seiner Haut für die Mückenstiche empfindlich ist so gut wie der Weiße; aber, wir wiederholen es, beim ersteren scheint der Schmerz nicht so stark zu sein und der Stich hat nicht die Geschwulst zur Folge, die mehrere Wochen lang fort und fort wiederkehrt, die Reizbarkeit der Haut steigert und empfindliche Personen in den fieberhaften Zustand versetzt, der allen Aus- schlagskrankheiten eigen ist. Die im tropischen Amerika ge- borenen Weißen und die Europäer, die sehr lange in den Missionen in der Nähe der Wälder und an den großen Flüssen gelebt, haben weit mehr zu leiden als die Indianer, aber unendlich weniger als frisch angekommene Europäer. Es kommt also nicht, wie manche Reisende behaupten, auf die Dicke der Haut an, ob der Stich im Augenblick, wo man ihn erhält, mehr oder weniger schmerzt, und bei den Indianern tritt
ein geflecktes Ausſehen gibt, auszuſtechen. Eines der bar- bariſchten Völker am Orinoko, die Otomaken, kennt den Ge- brauch der Mosquiteros (Fliegennetze), die aus den Faſern der Murichipalme gewoben werden. Wir haben oben geſehen, daß die Farbigen in Higuerote an der Küſte von Caracas ſich zum Schlafen in den Sand graben. In den Dörfern am Magdalenenfluß forderten uns die Indianer oft auf, uns mit ihnen bei der Kirche auf der Plaza grande auf Ochſen- häute zu legen. Man hatte daſelbſt alles Vieh aus der Um- gegend zuſammengetrieben, denn in der Nähe desſelben findet der Menſch ein wenig Ruhe. Wenn die Indianer am oberen Orinoko oder am Caſſiquiare ſahen, daß Bonpland wegen der unaufhörlichen Moskitoplage ſeine Pflanzen nicht einlegen konnte, forderten ſie ihn auf, in ihre Hornitos (Oefen) zu gehen. So heißen kleine Gemächer ohne Thüre und Fenſter, in die man durch eine ganz niedrige Oeffnung auf dem Bauche kriecht. Mittels eines Feuers von feuchtem Strauch- werk, das viel Rauch gibt, jagt man die Inſekten hinaus und verſchließt dann die Oeffnung des Ofens. Daß man jetzt die Moskiten los iſt, erkauft man ziemlich teuer; denn bei der ſtockenden Luft und dem Rauch einer Kopalfackel, die den Ofen beleuchtet, wird es entſetzlich heiß darin. Bonpland hat mit einem Mut und einer Geduld, die das höchſte Lob ver- dienen, viele hundert Pflanzen in dieſen Hornitos der In- dianer getrocknet.
Die Mühe, die ſich die Eingeborenen geben, um die Inſektenplage zu lindern, beweiſt hinlänglich, daß der kupfer- farbige Menſch trotz der verſchiedenen Organiſation ſeiner Haut für die Mückenſtiche empfindlich iſt ſo gut wie der Weiße; aber, wir wiederholen es, beim erſteren ſcheint der Schmerz nicht ſo ſtark zu ſein und der Stich hat nicht die Geſchwulſt zur Folge, die mehrere Wochen lang fort und fort wiederkehrt, die Reizbarkeit der Haut ſteigert und empfindliche Perſonen in den fieberhaften Zuſtand verſetzt, der allen Aus- ſchlagskrankheiten eigen iſt. Die im tropiſchen Amerika ge- borenen Weißen und die Europäer, die ſehr lange in den Miſſionen in der Nähe der Wälder und an den großen Flüſſen gelebt, haben weit mehr zu leiden als die Indianer, aber unendlich weniger als friſch angekommene Europäer. Es kommt alſo nicht, wie manche Reiſende behaupten, auf die Dicke der Haut an, ob der Stich im Augenblick, wo man ihn erhält, mehr oder weniger ſchmerzt, und bei den Indianern tritt
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ein geflecktes Ausſehen gibt, auszuſtechen. Eines der bar-
bariſchten Völker am Orinoko, die Otomaken, kennt den Ge-
brauch der Mosquiteros (Fliegennetze), die aus den Faſern
der Murichipalme gewoben werden. Wir haben oben geſehen,
daß die Farbigen in Higuerote an der Küſte von Caracas
ſich zum Schlafen in den Sand graben. In den Dörfern
am Magdalenenfluß forderten uns die Indianer oft auf, uns
mit ihnen bei der Kirche auf der Plaza grande auf Ochſen-
häute zu legen. Man hatte daſelbſt alles Vieh aus der Um-
gegend zuſammengetrieben, denn in der Nähe desſelben findet
der Menſch ein wenig Ruhe. Wenn die Indianer am oberen
Orinoko oder am Caſſiquiare ſahen, daß Bonpland wegen
der unaufhörlichen Moskitoplage ſeine Pflanzen nicht einlegen
konnte, forderten ſie ihn auf, in ihre Hornitos (Oefen)
zu gehen. So heißen kleine Gemächer ohne Thüre und
Fenſter, in die man durch eine ganz niedrige Oeffnung auf
dem Bauche kriecht. Mittels eines Feuers von feuchtem Strauch-
werk, das viel Rauch gibt, jagt man die Inſekten hinaus und
verſchließt dann die Oeffnung des Ofens. Daß man jetzt
die Moskiten los iſt, erkauft man ziemlich teuer; denn bei der
ſtockenden Luft und dem Rauch einer Kopalfackel, die den
Ofen beleuchtet, wird es entſetzlich heiß darin. Bonpland hat
mit einem Mut und einer Geduld, die das höchſte Lob ver-
dienen, viele hundert Pflanzen in dieſen Hornitos der In-
dianer getrocknet.
Die Mühe, die ſich die Eingeborenen geben, um die
Inſektenplage zu lindern, beweiſt hinlänglich, daß der kupfer-
farbige Menſch trotz der verſchiedenen Organiſation ſeiner
Haut für die Mückenſtiche empfindlich iſt ſo gut wie der
Weiße; aber, wir wiederholen es, beim erſteren ſcheint der
Schmerz nicht ſo ſtark zu ſein und der Stich hat nicht die
Geſchwulſt zur Folge, die mehrere Wochen lang fort und fort
wiederkehrt, die Reizbarkeit der Haut ſteigert und empfindliche
Perſonen in den fieberhaften Zuſtand verſetzt, der allen Aus-
ſchlagskrankheiten eigen iſt. Die im tropiſchen Amerika ge-
borenen Weißen und die Europäer, die ſehr lange in den
Miſſionen in der Nähe der Wälder und an den großen Flüſſen
gelebt, haben weit mehr zu leiden als die Indianer, aber
unendlich weniger als friſch angekommene Europäer. Es kommt
alſo nicht, wie manche Reiſende behaupten, auf die Dicke der
Haut an, ob der Stich im Augenblick, wo man ihn erhält,
mehr oder weniger ſchmerzt, und bei den Indianern tritt
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial03_1859/160>, abgerufen am 16.02.2025.
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