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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.

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Elftes Kapitel.

Reise von Cumana nach Guayra. -- Morro de Nueva Barcelona. --
Das Vorgebirge Codera. -- Weg von Guayra nach Caracas.

Am 18. November um 8 Uhr abends waren wir unter
Segel, um längs der Küste von Cumana nach dem Hafen
von Guayra zu fahren, aus dem die Einwohner von Vene-
zuela den größten Teil ihrer Produkte ausführen. Es sind
nur 270 km und die Ueberfahrt währt meist nur 36 bis 40
Stunden. Den kleinen Küstenfahrzeugen kommen Wind und
Strömungen zumal zu gute; letztere streichen mehr oder minder
stark von Ost nach West längs den Küsten von Terra Firma
hin, besonders zwischen den Vorgebirgen Paria und Chichi-
bacoa. Der Landweg von Cumana nach Neubarcelona und
von da nach Caracas ist so ziemlich im selben Zustande wie
vor der Entdeckung von Amerika. Man hat mit allen Hin-
dernissen eines morastigen Bodens, zerstreuter Felsblöcke und
einer wuchernden Vegetation zu kämpfen; man muß unter
freiem Himmel schlafen, die Thäler des Unare, Tuy und Ca-
paya durchziehen und über Ströme setzen, die wegen der Nähe
des Gebirges rasch anschwellen. Zu diesen Hindernissen kommt
die Gefahr, die der Reisende läuft, weil das Land sehr un-
gesund ist, besonders die Niederungen zwischen der Küstenkette
und dem Meeresufer, von der Bucht von Mochima bis Coro.
Letztere Stadt aber, die von einem ungeheuren Gehölz von
Fackeldisteln und stachlichten Kaktus umgeben ist, verdankt,
gleich Cumana, ihr gesundes Klima dem dürren Boden und
dem Mangel an Regen.

Man zieht zuweilen den Weg zu Lande dem zur See vor,
wenn man von Caracas nach Cumana zurückgeht und nicht
gerne gegen die Strömung fährt. Der Kurier von Caracas
braucht dazu neun Tage; wir sahen häufig Leute, die sich

Elftes Kapitel.

Reiſe von Cumana nach Guayra. — Morro de Nueva Barcelona. —
Das Vorgebirge Codera. — Weg von Guayra nach Caracas.

Am 18. November um 8 Uhr abends waren wir unter
Segel, um längs der Küſte von Cumana nach dem Hafen
von Guayra zu fahren, aus dem die Einwohner von Vene-
zuela den größten Teil ihrer Produkte ausführen. Es ſind
nur 270 km und die Ueberfahrt währt meiſt nur 36 bis 40
Stunden. Den kleinen Küſtenfahrzeugen kommen Wind und
Strömungen zumal zu gute; letztere ſtreichen mehr oder minder
ſtark von Oſt nach Weſt längs den Küſten von Terra Firma
hin, beſonders zwiſchen den Vorgebirgen Paria und Chichi-
bacoa. Der Landweg von Cumana nach Neubarcelona und
von da nach Caracas iſt ſo ziemlich im ſelben Zuſtande wie
vor der Entdeckung von Amerika. Man hat mit allen Hin-
derniſſen eines moraſtigen Bodens, zerſtreuter Felsblöcke und
einer wuchernden Vegetation zu kämpfen; man muß unter
freiem Himmel ſchlafen, die Thäler des Unare, Tuy und Ca-
paya durchziehen und über Ströme ſetzen, die wegen der Nähe
des Gebirges raſch anſchwellen. Zu dieſen Hinderniſſen kommt
die Gefahr, die der Reiſende läuft, weil das Land ſehr un-
geſund iſt, beſonders die Niederungen zwiſchen der Küſtenkette
und dem Meeresufer, von der Bucht von Mochima bis Coro.
Letztere Stadt aber, die von einem ungeheuren Gehölz von
Fackeldiſteln und ſtachlichten Kaktus umgeben iſt, verdankt,
gleich Cumana, ihr geſundes Klima dem dürren Boden und
dem Mangel an Regen.

Man zieht zuweilen den Weg zu Lande dem zur See vor,
wenn man von Caracas nach Cumana zurückgeht und nicht
gerne gegen die Strömung fährt. Der Kurier von Caracas
braucht dazu neun Tage; wir ſahen häufig Leute, die ſich

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[[60]/0068] Elftes Kapitel. Reiſe von Cumana nach Guayra. — Morro de Nueva Barcelona. — Das Vorgebirge Codera. — Weg von Guayra nach Caracas. Am 18. November um 8 Uhr abends waren wir unter Segel, um längs der Küſte von Cumana nach dem Hafen von Guayra zu fahren, aus dem die Einwohner von Vene- zuela den größten Teil ihrer Produkte ausführen. Es ſind nur 270 km und die Ueberfahrt währt meiſt nur 36 bis 40 Stunden. Den kleinen Küſtenfahrzeugen kommen Wind und Strömungen zumal zu gute; letztere ſtreichen mehr oder minder ſtark von Oſt nach Weſt längs den Küſten von Terra Firma hin, beſonders zwiſchen den Vorgebirgen Paria und Chichi- bacoa. Der Landweg von Cumana nach Neubarcelona und von da nach Caracas iſt ſo ziemlich im ſelben Zuſtande wie vor der Entdeckung von Amerika. Man hat mit allen Hin- derniſſen eines moraſtigen Bodens, zerſtreuter Felsblöcke und einer wuchernden Vegetation zu kämpfen; man muß unter freiem Himmel ſchlafen, die Thäler des Unare, Tuy und Ca- paya durchziehen und über Ströme ſetzen, die wegen der Nähe des Gebirges raſch anſchwellen. Zu dieſen Hinderniſſen kommt die Gefahr, die der Reiſende läuft, weil das Land ſehr un- geſund iſt, beſonders die Niederungen zwiſchen der Küſtenkette und dem Meeresufer, von der Bucht von Mochima bis Coro. Letztere Stadt aber, die von einem ungeheuren Gehölz von Fackeldiſteln und ſtachlichten Kaktus umgeben iſt, verdankt, gleich Cumana, ihr geſundes Klima dem dürren Boden und dem Mangel an Regen. Man zieht zuweilen den Weg zu Lande dem zur See vor, wenn man von Caracas nach Cumana zurückgeht und nicht gerne gegen die Strömung fährt. Der Kurier von Caracas braucht dazu neun Tage; wir ſahen häufig Leute, die ſich

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859, S. [60]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial02_1859/68>, abgerufen am 24.11.2024.