Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.dünste, die aus dem See aufsteigen, sehr fruchtbar. Die größte, Die See ist meist sehr fischreich; es kommen aber nur dünſte, die aus dem See aufſteigen, ſehr fruchtbar. Die größte, Die See iſt meiſt ſehr fiſchreich; es kommen aber nur <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0223" n="215"/> dünſte, die aus dem See aufſteigen, ſehr fruchtbar. Die größte,<lb/> 3900 <hi rendition="#aq">m</hi> lange, der Burro, iſt ſogar von ein paar Meſtizen-<lb/> familien bewohnt, die Ziegen halten. Dieſe einfachen Menſchen<lb/> kommen ſelten an das Ufer bei Mocundo; der See dünkt<lb/> ihnen unermeßlich groß, ſie haben Bananen, Maniok, Milch<lb/> und etwas Fiſche. Eine Rohrhütte, ein paar Hängematten<lb/> aus Baumwolle, die nebenan wächſt, ein großer Stein, um<lb/> Feuer darauf zu machen, die holzige Frucht des Tutuma zum<lb/> Waſſerſchöpfen, das iſt ihr ganzer Hausrat. Der alte Meſtize,<lb/> der uns Ziegenmilch anbot, hatte eine ſehr hübſche Tochter.<lb/> Unſer Führer erzählte uns, das einſame Leben habe den Mann<lb/> ſo argwöhniſch gemacht, als er vielleicht im Verkehr mit<lb/> Menſchen geworden wäre. Tags zuvor waren Jäger auf der<lb/> Inſel geweſen; die Nacht überraſchte ſie und ſie wollten lieber<lb/> unter freiem Himmel ſchlafen, als nach Mocundo zurückfahren.<lb/> Darüber entſtand große Unruhe auf der Inſel. Der Vater<lb/> zwang die Tochter, auf eine ſehr hohe Akazie zu ſteigen, die<lb/> auf dem ebenen Boden nicht weit von der Hütte ſteht. Er<lb/> ſelbſt legte ſich unter den Baum und ließ die Tochter nicht<lb/> eher herunter, als bis die Jäger abgezogen waren. Nicht bei<lb/> allen Inſelbewohnern findet der Reiſende ſolch argwöhniſche<lb/> Vorſicht, ſolch gewaltige Sittenſtrenge.</p><lb/> <p>Die See iſt meiſt ſehr fiſchreich; es kommen aber nur<lb/> drei Arten mit weichlichem, nicht ſehr ſchmackhaftem Fleiſche<lb/> darin vor, die Guavina, der Vagre und die Sardina. Die<lb/> beiden letzteren kommen aus den Bächen in den See. Die<lb/> Guavina, die ich an Ort und Stelle gezeichnet habe, iſt 53 <hi rendition="#aq">cm</hi><lb/> lang, 92 <hi rendition="#aq">mm</hi> breit. Es iſt vielleicht eine neue Art der Gattung<lb/> Erythrina des Gronovius. Sie hat große, ſilberglänzende,<lb/> grün geränderte Schuppen; ſie iſt ſehr gefräßig und läßt andere<lb/> Arten nicht aufkommen. Die Fiſcher verſicherten uns, ein<lb/> kleines Krokodil, der <hi rendition="#g">Bava</hi>, der uns beim Baden oft nahe<lb/> kam, helfe auch die Fiſche ausrotten. Wir konnten dieſes<lb/> Reptils nie habhaft werden, um es näher zu unterſuchen. Es<lb/> wird meiſt nur 1 bis 1,3 <hi rendition="#aq">m</hi> lang und gilt für unſchädlich,<lb/> aber in der Lebensweiſe wie in der Geſtalt kommt es dem<lb/> Kaiman oder <hi rendition="#aq">Crocodilus acutus</hi> nahe. Beim Schwimmen<lb/> ſieht man von ihm nur die Spitze der Schnauze und das<lb/> Schwanzende. Bei Tage liegt es auf kahlen Uferſtellen. Es<lb/> iſt ſicher weder ein Monitor (die eigentlichen Monitor ge-<lb/> hören nur der Alten Welt an), noch Sebas <hi rendition="#g">Sauvegarde</hi><lb/><hi rendition="#aq">(Lacerta Teguixin)</hi>, die nur taucht und nicht ſchwimmt.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [215/0223]
dünſte, die aus dem See aufſteigen, ſehr fruchtbar. Die größte,
3900 m lange, der Burro, iſt ſogar von ein paar Meſtizen-
familien bewohnt, die Ziegen halten. Dieſe einfachen Menſchen
kommen ſelten an das Ufer bei Mocundo; der See dünkt
ihnen unermeßlich groß, ſie haben Bananen, Maniok, Milch
und etwas Fiſche. Eine Rohrhütte, ein paar Hängematten
aus Baumwolle, die nebenan wächſt, ein großer Stein, um
Feuer darauf zu machen, die holzige Frucht des Tutuma zum
Waſſerſchöpfen, das iſt ihr ganzer Hausrat. Der alte Meſtize,
der uns Ziegenmilch anbot, hatte eine ſehr hübſche Tochter.
Unſer Führer erzählte uns, das einſame Leben habe den Mann
ſo argwöhniſch gemacht, als er vielleicht im Verkehr mit
Menſchen geworden wäre. Tags zuvor waren Jäger auf der
Inſel geweſen; die Nacht überraſchte ſie und ſie wollten lieber
unter freiem Himmel ſchlafen, als nach Mocundo zurückfahren.
Darüber entſtand große Unruhe auf der Inſel. Der Vater
zwang die Tochter, auf eine ſehr hohe Akazie zu ſteigen, die
auf dem ebenen Boden nicht weit von der Hütte ſteht. Er
ſelbſt legte ſich unter den Baum und ließ die Tochter nicht
eher herunter, als bis die Jäger abgezogen waren. Nicht bei
allen Inſelbewohnern findet der Reiſende ſolch argwöhniſche
Vorſicht, ſolch gewaltige Sittenſtrenge.
Die See iſt meiſt ſehr fiſchreich; es kommen aber nur
drei Arten mit weichlichem, nicht ſehr ſchmackhaftem Fleiſche
darin vor, die Guavina, der Vagre und die Sardina. Die
beiden letzteren kommen aus den Bächen in den See. Die
Guavina, die ich an Ort und Stelle gezeichnet habe, iſt 53 cm
lang, 92 mm breit. Es iſt vielleicht eine neue Art der Gattung
Erythrina des Gronovius. Sie hat große, ſilberglänzende,
grün geränderte Schuppen; ſie iſt ſehr gefräßig und läßt andere
Arten nicht aufkommen. Die Fiſcher verſicherten uns, ein
kleines Krokodil, der Bava, der uns beim Baden oft nahe
kam, helfe auch die Fiſche ausrotten. Wir konnten dieſes
Reptils nie habhaft werden, um es näher zu unterſuchen. Es
wird meiſt nur 1 bis 1,3 m lang und gilt für unſchädlich,
aber in der Lebensweiſe wie in der Geſtalt kommt es dem
Kaiman oder Crocodilus acutus nahe. Beim Schwimmen
ſieht man von ihm nur die Spitze der Schnauze und das
Schwanzende. Bei Tage liegt es auf kahlen Uferſtellen. Es
iſt ſicher weder ein Monitor (die eigentlichen Monitor ge-
hören nur der Alten Welt an), noch Sebas Sauvegarde
(Lacerta Teguixin), die nur taucht und nicht ſchwimmt.
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