Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.armen Indianer! Ungeheure Vijaoblätter 1 bedeckten Bananen- Der Patron einer der Piroguen erbot sich an Bord Gegen Abend ließ der Kapitän der Korvette den Anker 1 Heliconia bihai. 2 Armadill, Dasypus, Cachicamo.
armen Indianer! Ungeheure Vijaoblätter 1 bedeckten Bananen- Der Patron einer der Piroguen erbot ſich an Bord Gegen Abend ließ der Kapitän der Korvette den Anker 1 Heliconia bihai. 2 Armadill, Dasypus, Cachicamo.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0167" n="151"/> armen Indianer! Ungeheure Vijaoblätter <note place="foot" n="1"><hi rendition="#aq">Heliconia bihai.</hi></note> bedeckten Bananen-<lb/> büſchel; der Schuppenpanzer eines Tatou, <note place="foot" n="2">Armadill, <hi rendition="#aq">Dasypus, Cachicamo.</hi></note> die Frucht der<lb/><hi rendition="#aq">Crescentia cujete,</hi> die den Eingeborenen als Trinkgefäße<lb/> dienen, Naturkörper, die in den europäiſchen Kabinetten<lb/> zu den gemeinſten gehören, hatten ungemeinen Reiz für<lb/> uns, weil ſie uns lebhaft daran mahnten, daß wir uns im<lb/> heißen Erdgürtel befanden und das längſterſehnte Ziel er-<lb/> reicht hatten.</p><lb/> <p>Der <hi rendition="#g">Patron</hi> einer der Piroguen erbot ſich an Bord<lb/> des Pizarro zu bleiben, um uns als Lotſe zu dienen. Der<lb/> Mann empfahl ſich durch ſein ganzes Weſen; er war ein<lb/> ſcharfſinniger Beobachter und hatte ſich in lebhafter Wißbegier<lb/> mit den Meeresprodukten wie mit den einheimiſchen Ge-<lb/> wächſen abgegeben. Ein glücklicher Zufall fügte es, daß der<lb/> erſte Indianer, dem wir bei unſerer Landung begegneten, der<lb/> Mann war, deſſen Bekanntſchaft unſeren Reiſezwecken äußerſt<lb/> förderlich wurde. Mit Vergnügen ſchreibe ich in dieſer Er-<lb/> zählung den Namen Carlos del Pino nieder, ſo hieß der<lb/> Mann, der uns 16 Monate lang auf unſeren Zügen längs<lb/> der Küſten und im inneren Lande begleitet hat.</p><lb/> <p>Gegen Abend ließ der Kapitän der Korvette den Anker<lb/> lichten. Bevor wir die Untiefe oder den <hi rendition="#aq">Placer</hi> bei Coche<lb/> verließen, beſtimmte ich die Länge des öſtlichen Vorgebirges<lb/> der Inſel und fand ſie 66° 11′ 53″. Weſtwärts ſteuernd<lb/> hatten wir bald die kleine Inſel Cubagua vor uns, die jetzt<lb/> ganz öde iſt, früher aber durch Perlenfiſcherei berühmt war.<lb/> Hier hatten die Spanier unmittelbar nach Kolumbus’ und<lb/> Ojedas Reiſen eine Stadt unter dem Namen Neucadiz<lb/> gegründet, von der keine Spur mehr vorhanden iſt. Zu An-<lb/> fang des 16. Jahrhunderts waren die Perlen von Cubagua<lb/> in Sevilla und Toledo, wie auf den großen Meſſen in Augs-<lb/> burg und Brügge bekannt. Da Neucadiz kein Waſſer hatte,<lb/> ſo mußte man es an der benachbarten Küſte aus dem Man-<lb/> zanaresfluſſe holen, obgleich man es, ich weiß nicht warum,<lb/> beſchuldigte, daß es Augenentzündungen verurſache. Die<lb/> Schriftſteller jener Zeit ſprechen alle vom Reichtum der erſten<lb/> Anſiedler und vom Luxus, den ſie getrieben; jetzt erheben<lb/> ſich Dünen von Flugſand auf der unbewohnten Küſte und<lb/> der Name Cubagua iſt auf unſeren Karten kaum verzeichnet.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [151/0167]
armen Indianer! Ungeheure Vijaoblätter 1 bedeckten Bananen-
büſchel; der Schuppenpanzer eines Tatou, 2 die Frucht der
Crescentia cujete, die den Eingeborenen als Trinkgefäße
dienen, Naturkörper, die in den europäiſchen Kabinetten
zu den gemeinſten gehören, hatten ungemeinen Reiz für
uns, weil ſie uns lebhaft daran mahnten, daß wir uns im
heißen Erdgürtel befanden und das längſterſehnte Ziel er-
reicht hatten.
Der Patron einer der Piroguen erbot ſich an Bord
des Pizarro zu bleiben, um uns als Lotſe zu dienen. Der
Mann empfahl ſich durch ſein ganzes Weſen; er war ein
ſcharfſinniger Beobachter und hatte ſich in lebhafter Wißbegier
mit den Meeresprodukten wie mit den einheimiſchen Ge-
wächſen abgegeben. Ein glücklicher Zufall fügte es, daß der
erſte Indianer, dem wir bei unſerer Landung begegneten, der
Mann war, deſſen Bekanntſchaft unſeren Reiſezwecken äußerſt
förderlich wurde. Mit Vergnügen ſchreibe ich in dieſer Er-
zählung den Namen Carlos del Pino nieder, ſo hieß der
Mann, der uns 16 Monate lang auf unſeren Zügen längs
der Küſten und im inneren Lande begleitet hat.
Gegen Abend ließ der Kapitän der Korvette den Anker
lichten. Bevor wir die Untiefe oder den Placer bei Coche
verließen, beſtimmte ich die Länge des öſtlichen Vorgebirges
der Inſel und fand ſie 66° 11′ 53″. Weſtwärts ſteuernd
hatten wir bald die kleine Inſel Cubagua vor uns, die jetzt
ganz öde iſt, früher aber durch Perlenfiſcherei berühmt war.
Hier hatten die Spanier unmittelbar nach Kolumbus’ und
Ojedas Reiſen eine Stadt unter dem Namen Neucadiz
gegründet, von der keine Spur mehr vorhanden iſt. Zu An-
fang des 16. Jahrhunderts waren die Perlen von Cubagua
in Sevilla und Toledo, wie auf den großen Meſſen in Augs-
burg und Brügge bekannt. Da Neucadiz kein Waſſer hatte,
ſo mußte man es an der benachbarten Küſte aus dem Man-
zanaresfluſſe holen, obgleich man es, ich weiß nicht warum,
beſchuldigte, daß es Augenentzündungen verurſache. Die
Schriftſteller jener Zeit ſprechen alle vom Reichtum der erſten
Anſiedler und vom Luxus, den ſie getrieben; jetzt erheben
ſich Dünen von Flugſand auf der unbewohnten Küſte und
der Name Cubagua iſt auf unſeren Karten kaum verzeichnet.
1 Heliconia bihai.
2 Armadill, Dasypus, Cachicamo.
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