Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.daß eine eigentümliche Strömung die Korvette nach Süd trieb. Das Cabo de tres puntas, von Kolumbus selbst so be- Wir benutzten eine Windstille, die ein paar Stunden an- Die am Bord des Pizarro ausgebrochene Seuche breitete 1 Im August 1598.
daß eine eigentümliche Strömung die Korvette nach Süd trieb. Das Cabo de tres puntas, von Kolumbus ſelbſt ſo be- Wir benutzten eine Windſtille, die ein paar Stunden an- Die am Bord des Pizarro ausgebrochene Seuche breitete 1 Im Auguſt 1598.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0159" n="143"/> daß eine eigentümliche Strömung die Korvette nach Süd trieb.<lb/> Durch den Zug des Waſſers, das aus der Boca de Dragon<lb/> kommt, und durch die Bewegung von Ebbe und Flut entſteht<lb/> eine Gegenſtrömung. Man warf das Senkblei aus und fand<lb/> 66 bis 140 <hi rendition="#aq">m</hi> Tiefe über einem Grunde von grünlichem, ſehr<lb/> feinem Thon. Nach Dampiers Grundſätzen hätten wir in der<lb/> Nähe einer von ſehr hohen, ſteil aufſteigenden Gebirgen ge-<lb/> bildeten Küſte keine ſo geringe Meerestiefe erwartet. Wir<lb/> loteten fort bis zum <hi rendition="#aq">Cabo de tres puntas</hi> und fanden<lb/> überall erhöhten Meeresgrund, deſſen Umriß das Streichen<lb/> der ehemaligen Meeresküſte zu bezeichnen ſcheint. Die Tem-<lb/> peratur des Meeres war hier 23 bis 24°, ſomit 1,5 bis 2°<lb/> niedriger als auf hoher See, das heißt jenſeits der Ränder<lb/> der Bank.</p><lb/> <p>Das <hi rendition="#aq">Cabo de tres puntas,</hi> von Kolumbus ſelbſt ſo be-<lb/> nannt, <note place="foot" n="1">Im Auguſt 1598.</note> liegt nach meinen Beobachtungen unter 65° 4′ 5″<lb/> der Länge. Es erſchien uns um ſo höher, da ſeine gezackten<lb/> Gipfel in Wolken gehüllt waren. Das ganze Anſehen der<lb/> Berge von Paria, ihre Farbe und beſonders ihre meiſt runden<lb/> Umriſſe ließen uns vermuten, daß die Küſte aus Granit be-<lb/> ſtehe; die Folge zeigte aber, wie ſehr man ſich, ſelbſt wenn<lb/> man ſein Leben lang in Gebirgen gereiſt iſt, irren kann, wenn<lb/> man über die Beſchaffenheit der Gebirgsart aus der Ferne<lb/> urteilt.</p><lb/> <p>Wir benutzten eine Windſtille, die ein paar Stunden an-<lb/> hielt, um die Intenſität der magnetiſchen Kraft beim <hi rendition="#aq">Cabo<lb/> de tres puntas</hi> genau zu beſtimmen. Wir fanden ſie größer<lb/> als auf hoher See oſtwärts von Tabago, im Verhältnis von<lb/> 257 zu 229. Während der Windſtille trieb uns die Strö-<lb/> mung raſch nach Weſt. Ihre Geſchwindigkeit betrug 13,5 <hi rendition="#aq">km</hi><lb/> in der Stunde; ſie nahm zu, je näher wir dem Meridian der<lb/><hi rendition="#g">Teſtigos</hi> kamen, eines Haufens von Klippen, die aus der<lb/> weiten See aufſteigen. Als der Mond unterging, bedeckte<lb/> ſich der Himmel mit Wolken, der Wind wurde wieder ſtärker<lb/> und es ſtürzte ein Platzregen nieder, wie ſie dem heißen Erd-<lb/> ſtrich eigen ſind und wir auf unſeren Zügen im Binnenlande<lb/> ſie ſo oft durchgemacht haben.</p><lb/> <p>Die am Bord des Pizarro ausgebrochene Seuche breitete<lb/> ſich raſch aus, ſeit wir uns nahe an der Küſte von Terra<lb/> Firma befanden; der Thermometer ſtand bei Nacht regelmäßig<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [143/0159]
daß eine eigentümliche Strömung die Korvette nach Süd trieb.
Durch den Zug des Waſſers, das aus der Boca de Dragon
kommt, und durch die Bewegung von Ebbe und Flut entſteht
eine Gegenſtrömung. Man warf das Senkblei aus und fand
66 bis 140 m Tiefe über einem Grunde von grünlichem, ſehr
feinem Thon. Nach Dampiers Grundſätzen hätten wir in der
Nähe einer von ſehr hohen, ſteil aufſteigenden Gebirgen ge-
bildeten Küſte keine ſo geringe Meerestiefe erwartet. Wir
loteten fort bis zum Cabo de tres puntas und fanden
überall erhöhten Meeresgrund, deſſen Umriß das Streichen
der ehemaligen Meeresküſte zu bezeichnen ſcheint. Die Tem-
peratur des Meeres war hier 23 bis 24°, ſomit 1,5 bis 2°
niedriger als auf hoher See, das heißt jenſeits der Ränder
der Bank.
Das Cabo de tres puntas, von Kolumbus ſelbſt ſo be-
nannt, 1 liegt nach meinen Beobachtungen unter 65° 4′ 5″
der Länge. Es erſchien uns um ſo höher, da ſeine gezackten
Gipfel in Wolken gehüllt waren. Das ganze Anſehen der
Berge von Paria, ihre Farbe und beſonders ihre meiſt runden
Umriſſe ließen uns vermuten, daß die Küſte aus Granit be-
ſtehe; die Folge zeigte aber, wie ſehr man ſich, ſelbſt wenn
man ſein Leben lang in Gebirgen gereiſt iſt, irren kann, wenn
man über die Beſchaffenheit der Gebirgsart aus der Ferne
urteilt.
Wir benutzten eine Windſtille, die ein paar Stunden an-
hielt, um die Intenſität der magnetiſchen Kraft beim Cabo
de tres puntas genau zu beſtimmen. Wir fanden ſie größer
als auf hoher See oſtwärts von Tabago, im Verhältnis von
257 zu 229. Während der Windſtille trieb uns die Strö-
mung raſch nach Weſt. Ihre Geſchwindigkeit betrug 13,5 km
in der Stunde; ſie nahm zu, je näher wir dem Meridian der
Teſtigos kamen, eines Haufens von Klippen, die aus der
weiten See aufſteigen. Als der Mond unterging, bedeckte
ſich der Himmel mit Wolken, der Wind wurde wieder ſtärker
und es ſtürzte ein Platzregen nieder, wie ſie dem heißen Erd-
ſtrich eigen ſind und wir auf unſeren Zügen im Binnenlande
ſie ſo oft durchgemacht haben.
Die am Bord des Pizarro ausgebrochene Seuche breitete
ſich raſch aus, ſeit wir uns nahe an der Küſte von Terra
Firma befanden; der Thermometer ſtand bei Nacht regelmäßig
1 Im Auguſt 1598.
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