Die in den Jahren 1799 bis 1804 in Gesellschaft von Bonpland unternommene Reise in das tropische Amerika hat Humboldts Ruhm frühe begründet. Mit den überschwenglich reichen Ergebnissen derselben beginnt für zahlreiche Zweige der Naturforschung recht eigentlich eine neue Epoche. Das Reise- werk, in dem er seine in der Neuen Welt gesammelten Beob- achtungen niederzulegen gedachte, war aber in so großartigem Maßstab angelegt, daß es nur unter den glücklichsten äußeren Umständen vollendet werden konnte. Diese Gunst der Ver- hältnisse hat demselben gefehlt, und mehrere Abteilungen des großen Werkes konnten nicht zu Ende geführt werden. Das erstaunliche astronomische, hydrographische, geographische, me- teorologische, geologische, ethnographische, zoologische, botanische Material, das im Werk selbst nicht mehr hatte an die Reihe kommen können, ist nun allerdings auf anderen Wegen in die Wissenschaft übergegangen, und so besteht der Hauptverlust, der mehr die gebildete Welt im allgemeinen als die Wissen- schaft selbst betrifft, darin, daß auch derjenige Teil, der die eigentliche Reisebeschreibung geben sollte, die Relation histo- rique, Bruchstück geblieben ist.
Diese Reisebeschreibung erschien vom Jahre 1814 an in drei Quartbänden in französischer Sprache. Die Umstände, unter denen Humboldt dieselbe in Paris ausarbeitete, machen es begreiflich, daß er dazu die Sprache wählte, welche in neuerer Zeit als Organ des wissenschaftlichen wie des diplo- matischen Verkehrs in gewissem Grade an die Stelle der latei- nischen getreten ist. Dieses vortreffliche Buch kann mit Recht eines der schönsten Denkmale des deutschen Geistes heißen,
Vorrede des Herausgebers.
Die in den Jahren 1799 bis 1804 in Geſellſchaft von Bonpland unternommene Reiſe in das tropiſche Amerika hat Humboldts Ruhm frühe begründet. Mit den überſchwenglich reichen Ergebniſſen derſelben beginnt für zahlreiche Zweige der Naturforſchung recht eigentlich eine neue Epoche. Das Reiſe- werk, in dem er ſeine in der Neuen Welt geſammelten Beob- achtungen niederzulegen gedachte, war aber in ſo großartigem Maßſtab angelegt, daß es nur unter den glücklichſten äußeren Umſtänden vollendet werden konnte. Dieſe Gunſt der Ver- hältniſſe hat demſelben gefehlt, und mehrere Abteilungen des großen Werkes konnten nicht zu Ende geführt werden. Das erſtaunliche aſtronomiſche, hydrographiſche, geographiſche, me- teorologiſche, geologiſche, ethnographiſche, zoologiſche, botaniſche Material, das im Werk ſelbſt nicht mehr hatte an die Reihe kommen können, iſt nun allerdings auf anderen Wegen in die Wiſſenſchaft übergegangen, und ſo beſteht der Hauptverluſt, der mehr die gebildete Welt im allgemeinen als die Wiſſen- ſchaft ſelbſt betrifft, darin, daß auch derjenige Teil, der die eigentliche Reiſebeſchreibung geben ſollte, die Relation histo- rique, Bruchſtück geblieben iſt.
Dieſe Reiſebeſchreibung erſchien vom Jahre 1814 an in drei Quartbänden in franzöſiſcher Sprache. Die Umſtände, unter denen Humboldt dieſelbe in Paris ausarbeitete, machen es begreiflich, daß er dazu die Sprache wählte, welche in neuerer Zeit als Organ des wiſſenſchaftlichen wie des diplo- matiſchen Verkehrs in gewiſſem Grade an die Stelle der latei- niſchen getreten iſt. Dieſes vortreffliche Buch kann mit Recht eines der ſchönſten Denkmale des deutſchen Geiſtes heißen,
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Vorrede des Herausgebers.
Die in den Jahren 1799 bis 1804 in Geſellſchaft von
Bonpland unternommene Reiſe in das tropiſche Amerika hat
Humboldts Ruhm frühe begründet. Mit den überſchwenglich
reichen Ergebniſſen derſelben beginnt für zahlreiche Zweige der
Naturforſchung recht eigentlich eine neue Epoche. Das Reiſe-
werk, in dem er ſeine in der Neuen Welt geſammelten Beob-
achtungen niederzulegen gedachte, war aber in ſo großartigem
Maßſtab angelegt, daß es nur unter den glücklichſten äußeren
Umſtänden vollendet werden konnte. Dieſe Gunſt der Ver-
hältniſſe hat demſelben gefehlt, und mehrere Abteilungen des
großen Werkes konnten nicht zu Ende geführt werden. Das
erſtaunliche aſtronomiſche, hydrographiſche, geographiſche, me-
teorologiſche, geologiſche, ethnographiſche, zoologiſche, botaniſche
Material, das im Werk ſelbſt nicht mehr hatte an die Reihe
kommen können, iſt nun allerdings auf anderen Wegen in
die Wiſſenſchaft übergegangen, und ſo beſteht der Hauptverluſt,
der mehr die gebildete Welt im allgemeinen als die Wiſſen-
ſchaft ſelbſt betrifft, darin, daß auch derjenige Teil, der die
eigentliche Reiſebeſchreibung geben ſollte, die Relation histo-
rique, Bruchſtück geblieben iſt.
Dieſe Reiſebeſchreibung erſchien vom Jahre 1814 an in
drei Quartbänden in franzöſiſcher Sprache. Die Umſtände,
unter denen Humboldt dieſelbe in Paris ausarbeitete, machen
es begreiflich, daß er dazu die Sprache wählte, welche in
neuerer Zeit als Organ des wiſſenſchaftlichen wie des diplo-
matiſchen Verkehrs in gewiſſem Grade an die Stelle der latei-
niſchen getreten iſt. Dieſes vortreffliche Buch kann mit Recht
eines der ſchönſten Denkmale des deutſchen Geiſtes heißen,
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859, S. [VII]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/11>, abgerufen am 18.05.2022.
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