Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

Theil II. seit Justinian,
zu Amalphi die Pandecten, wohl gar das
Original Justinians, entdeckt worden, und
gleich habe der Kaiser befohlen, über sie zu
lesen und kein anderes Recht mehr zu gebrau-
chen. Auch als dieses Mährchen unter an-
dern von Calixt in seiner theologischen Mo-
ral widerlegt war, vergaß man lange den
ehrlichen Pepo, der in Bologna das Rö-
mische Recht erklärte, noch ehe Irnerius
aufhörte, die artes überhaupt zu lehren. Die
Reise dieses Letztern nach Constantinopel, der
Streit über das Wort as, die Aufmunte-
rung von Seiten der Markgräfinn Mathil-
de
, alles dieses sind höchstens kleine Ancc-
doten, durch die allein das Studium des Rö-
mischen Rechts nicht entstanden, und ohne
die es doch entstanden wäre. Die Fragmen-
te eines unstreitig unächten Calendarium
archigymnasii Bononiensis
beweisen gar
nichts, weder hier noch in der Geschichte des Ca-
nonischen und Lehenrechts, und wir Deutsche
wären doch fast zu gutmüthig, wenn wir
uns länger auf eine Urkunde beriefen, die
in Deutschland so vortrefflich widerlegt, und
von den neusten Geschichtschreibern der Uni-
versität und der StadtBologna keiner Widerle-
gung würdig gehalten worden ist.

§. 184.

Theil II. ſeit Juſtinian,
zu Amalphi die Pandecten, wohl gar das
Original Juſtinians, entdeckt worden, und
gleich habe der Kaiſer befohlen, uͤber ſie zu
leſen und kein anderes Recht mehr zu gebrau-
chen. Auch als dieſes Maͤhrchen unter an-
dern von Calixt in ſeiner theologiſchen Mo-
ral widerlegt war, vergaß man lange den
ehrlichen Pepo, der in Bologna das Roͤ-
miſche Recht erklaͤrte, noch ehe Irnerius
aufhoͤrte, die artes uͤberhaupt zu lehren. Die
Reiſe dieſes Letztern nach Conſtantinopel, der
Streit uͤber das Wort as, die Aufmunte-
rung von Seiten der Markgraͤfinn Mathil-
de
, alles dieſes ſind hoͤchſtens kleine Ancc-
doten, durch die allein das Studium des Roͤ-
miſchen Rechts nicht entſtanden, und ohne
die es doch entſtanden waͤre. Die Fragmen-
te eines unſtreitig unaͤchten Calendarium
archigymnaſii Bononienſis
beweiſen gar
nichts, weder hier noch in der Geſchichte des Ca-
noniſchen und Lehenrechts, und wir Deutſche
waͤren doch faſt zu gutmuͤthig, wenn wir
uns laͤnger auf eine Urkunde beriefen, die
in Deutſchland ſo vortrefflich widerlegt, und
von den neuſten Geſchichtſchreibern der Uni-
verſitaͤt und der StadtBologna keiner Widerle-
gung wuͤrdig gehalten worden iſt.

§. 184.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0232" n="220"/><fw place="top" type="header">Theil <hi rendition="#aq">II.</hi> &#x017F;eit Ju&#x017F;tinian,</fw><lb/>
zu Amalphi die Pandecten, wohl gar das<lb/>
Original Ju&#x017F;tinians, entdeckt worden, und<lb/>
gleich habe der Kai&#x017F;er befohlen, u&#x0364;ber &#x017F;ie zu<lb/>
le&#x017F;en und kein anderes Recht mehr zu gebrau-<lb/>
chen. Auch als die&#x017F;es Ma&#x0364;hrchen unter an-<lb/>
dern von <hi rendition="#fr">Calixt</hi> in &#x017F;einer theologi&#x017F;chen Mo-<lb/>
ral widerlegt war, vergaß man lange den<lb/>
ehrlichen <hi rendition="#fr">Pepo</hi>, der in Bologna das Ro&#x0364;-<lb/>
mi&#x017F;che Recht erkla&#x0364;rte, noch ehe <hi rendition="#fr">Irnerius</hi><lb/>
aufho&#x0364;rte, die <hi rendition="#aq">artes</hi> u&#x0364;berhaupt zu lehren. Die<lb/>
Rei&#x017F;e die&#x017F;es Letztern nach Con&#x017F;tantinopel, der<lb/>
Streit u&#x0364;ber das Wort <hi rendition="#aq">as,</hi> die Aufmunte-<lb/>
rung von Seiten der Markgra&#x0364;finn <hi rendition="#fr">Mathil-<lb/>
de</hi>, alles die&#x017F;es &#x017F;ind ho&#x0364;ch&#x017F;tens kleine Ancc-<lb/>
doten, durch die allein das Studium des Ro&#x0364;-<lb/>
mi&#x017F;chen Rechts nicht ent&#x017F;tanden, und ohne<lb/>
die es doch ent&#x017F;tanden wa&#x0364;re. Die Fragmen-<lb/>
te eines un&#x017F;treitig una&#x0364;chten <hi rendition="#aq">Calendarium<lb/>
archigymna&#x017F;ii Bononien&#x017F;is</hi> bewei&#x017F;en gar<lb/>
nichts, weder hier noch in der Ge&#x017F;chichte des Ca-<lb/>
noni&#x017F;chen und Lehenrechts, und wir Deut&#x017F;che<lb/>
wa&#x0364;ren doch fa&#x017F;t zu gutmu&#x0364;thig, wenn wir<lb/>
uns la&#x0364;nger auf eine Urkunde beriefen, die<lb/>
in Deut&#x017F;chland &#x017F;o vortrefflich widerlegt, und<lb/>
von den neu&#x017F;ten Ge&#x017F;chicht&#x017F;chreibern der Uni-<lb/>
ver&#x017F;ita&#x0364;t und der StadtBologna keiner Widerle-<lb/>
gung wu&#x0364;rdig gehalten worden i&#x017F;t.</p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">§. 184.</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[220/0232] Theil II. ſeit Juſtinian, zu Amalphi die Pandecten, wohl gar das Original Juſtinians, entdeckt worden, und gleich habe der Kaiſer befohlen, uͤber ſie zu leſen und kein anderes Recht mehr zu gebrau- chen. Auch als dieſes Maͤhrchen unter an- dern von Calixt in ſeiner theologiſchen Mo- ral widerlegt war, vergaß man lange den ehrlichen Pepo, der in Bologna das Roͤ- miſche Recht erklaͤrte, noch ehe Irnerius aufhoͤrte, die artes uͤberhaupt zu lehren. Die Reiſe dieſes Letztern nach Conſtantinopel, der Streit uͤber das Wort as, die Aufmunte- rung von Seiten der Markgraͤfinn Mathil- de, alles dieſes ſind hoͤchſtens kleine Ancc- doten, durch die allein das Studium des Roͤ- miſchen Rechts nicht entſtanden, und ohne die es doch entſtanden waͤre. Die Fragmen- te eines unſtreitig unaͤchten Calendarium archigymnaſii Bononienſis beweiſen gar nichts, weder hier noch in der Geſchichte des Ca- noniſchen und Lehenrechts, und wir Deutſche waͤren doch faſt zu gutmuͤthig, wenn wir uns laͤnger auf eine Urkunde beriefen, die in Deutſchland ſo vortrefflich widerlegt, und von den neuſten Geſchichtſchreibern der Uni- verſitaͤt und der StadtBologna keiner Widerle- gung wuͤrdig gehalten worden iſt. §. 184.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790/232
Zitationshilfe: Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790/232>, abgerufen am 24.11.2024.