zahlreichern einheimischen Theils der Mi- schung, und beydes war endlich der Reli- gion, welche die Sieger schon angenommen hatten oder doch gleich annahmen, viel gemäß- er.
§. 141.
Sehr natürlich mußte das Römische Recht, welches mit dem Deutschen kämpfte, dasjenige seyn, welches die Römer zuletzt gehabt hatten, also die 3 Sammlungen von Constitutionen und die Schriften besonders der späthern Classiker. Aber wenn schon zu Anfang des fünften Jahrhunderts, schon un- ter ValentinianIII. der Verfall der Littera- tur eigene Maaßregeln nöthig gemacht hatte, so konnte es nun wohl nicht anders kommen, als daß man unter einem Gothischen Könige im sechsten Jahrhundert das dringendste Be- dürfniß fühlte, die Quellen des Studiums reducirt, und die Sprache der Classiker durch Uebersetzungen in damahls gangbares Latein erläutert zu haben. Dazu gab König Ala- rich in Toulouse einem Gojaricus Comes den Auftrag, aber der arme Gojarich hat nicht nur die Ehre, seinem Auszuge den Nahmen zu geben, an den Canzler Anian verloren, sondern kein Mensch denkt auch nur daran, vielleicht blos weil Gojarich selbst nicht dar- an dachte, von ihm oder seinem Könige zu
rüh-
Theil I. bis Juſtinian.
zahlreichern einheimiſchen Theils der Mi- ſchung, und beydes war endlich der Reli- gion, welche die Sieger ſchon angenommen hatten oder doch gleich annahmen, viel gemaͤß- er.
§. 141.
Sehr natuͤrlich mußte das Roͤmiſche Recht, welches mit dem Deutſchen kaͤmpfte, dasjenige ſeyn, welches die Roͤmer zuletzt gehabt hatten, alſo die 3 Sammlungen von Conſtitutionen und die Schriften beſonders der ſpaͤthern Claſſiker. Aber wenn ſchon zu Anfang des fuͤnften Jahrhunderts, ſchon un- ter ValentinianIII. der Verfall der Littera- tur eigene Maaßregeln noͤthig gemacht hatte, ſo konnte es nun wohl nicht anders kommen, als daß man unter einem Gothiſchen Koͤnige im ſechsten Jahrhundert das dringendſte Be- duͤrfniß fuͤhlte, die Quellen des Studiums reducirt, und die Sprache der Claſſiker durch Ueberſetzungen in damahls gangbares Latein erlaͤutert zu haben. Dazu gab Koͤnig Ala- rich in Toulouſe einem Gojaricus Comes den Auftrag, aber der arme Gojarich hat nicht nur die Ehre, ſeinem Auszuge den Nahmen zu geben, an den Canzler Anian verloren, ſondern kein Menſch denkt auch nur daran, vielleicht blos weil Gojarich ſelbſt nicht dar- an dachte, von ihm oder ſeinem Koͤnige zu
ruͤh-
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Theil I. bis Juſtinian.
zahlreichern einheimiſchen Theils der Mi-
ſchung, und beydes war endlich der Reli-
gion, welche die Sieger ſchon angenommen
hatten oder doch gleich annahmen, viel gemaͤß-
er.
§. 141.
Sehr natuͤrlich mußte das Roͤmiſche
Recht, welches mit dem Deutſchen kaͤmpfte,
dasjenige ſeyn, welches die Roͤmer zuletzt
gehabt hatten, alſo die 3 Sammlungen von
Conſtitutionen und die Schriften beſonders
der ſpaͤthern Claſſiker. Aber wenn ſchon zu
Anfang des fuͤnften Jahrhunderts, ſchon un-
ter Valentinian III. der Verfall der Littera-
tur eigene Maaßregeln noͤthig gemacht hatte,
ſo konnte es nun wohl nicht anders kommen,
als daß man unter einem Gothiſchen Koͤnige
im ſechsten Jahrhundert das dringendſte Be-
duͤrfniß fuͤhlte, die Quellen des Studiums
reducirt, und die Sprache der Claſſiker durch
Ueberſetzungen in damahls gangbares Latein
erlaͤutert zu haben. Dazu gab Koͤnig Ala-
rich in Toulouſe einem Gojaricus Comes den
Auftrag, aber der arme Gojarich hat nicht
nur die Ehre, ſeinem Auszuge den Nahmen
zu geben, an den Canzler Anian verloren,
ſondern kein Menſch denkt auch nur daran,
vielleicht blos weil Gojarich ſelbſt nicht dar-
an dachte, von ihm oder ſeinem Koͤnige zu
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Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790/174>, abgerufen am 17.07.2024.
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