Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790.Theil I. bis Justinian. seine Gegner als Ketzer zu verfolgen genießen,wer in Hoffnung besserer Zeiten sich von den sogenannten Rechtgläubigen verfolgen lassen sollte, -- dieß entschied nicht immer der Kaiser für sich, sondern meist ein Senat von Bischöfen, und kein Mensch stieß sich daran, daß so was vorgeschrieben ward, denn für ein entnervtes Zeitalter ist freye wissenschaft- liche Untersuchung so lästig in jedem Zweige der menschlichen Erkenntniß, als für ein schwaches Individuum. Weit weniger wich- tig schienen nicht nur fast dem ganzen Zeit- alter, sondern waren auch schon allein des- wegen die nicht theologischen Gegenstände der Regierung, und die Zweifel oder Streitig- keiten der Rechtsgelehrten. Diese entschied der Kaiser allein, und von nun an erst ist beynahe jede constitutio eine Verordnung, während daß selbst Diocletian fast immer nur erklärt hatte, was, seiner Einsicht nach, ohnehin Rechtens (manifesti juris) sey. Con- stantin verbot die alte Landesreligion, aber ohne sie gleich auszurotten, er befahl die Fey- er des Sonntags, er gestattete die Kirchen im Testamente zu bedenken, und in den Kir- chen Sclaven frey zu lassen, er schränkte den Concubinat ein, und suchte, durch die Vor- theile der väterlichen Gewalt, zur Verwand- lung desselben in eine vollkommene Ehe zu be- wegen
Theil I. bis Juſtinian. ſeine Gegner als Ketzer zu verfolgen genießen,wer in Hoffnung beſſerer Zeiten ſich von den ſogenannten Rechtglaͤubigen verfolgen laſſen ſollte, — dieß entſchied nicht immer der Kaiſer fuͤr ſich, ſondern meiſt ein Senat von Biſchoͤfen, und kein Menſch ſtieß ſich daran, daß ſo was vorgeſchrieben ward, denn fuͤr ein entnervtes Zeitalter iſt freye wiſſenſchaft- liche Unterſuchung ſo laͤſtig in jedem Zweige der menſchlichen Erkenntniß, als fuͤr ein ſchwaches Individuum. Weit weniger wich- tig ſchienen nicht nur faſt dem ganzen Zeit- alter, ſondern waren auch ſchon allein des- wegen die nicht theologiſchen Gegenſtaͤnde der Regierung, und die Zweifel oder Streitig- keiten der Rechtsgelehrten. Dieſe entſchied der Kaiſer allein, und von nun an erſt iſt beynahe jede conſtitutio eine Verordnung, waͤhrend daß ſelbſt Diocletian faſt immer nur erklaͤrt hatte, was, ſeiner Einſicht nach, ohnehin Rechtens (manifeſti juris) ſey. Con- ſtantin verbot die alte Landesreligion, aber ohne ſie gleich auszurotten, er befahl die Fey- er des Sonntags, er geſtattete die Kirchen im Teſtamente zu bedenken, und in den Kir- chen Sclaven frey zu laſſen, er ſchraͤnkte den Concubinat ein, und ſuchte, durch die Vor- theile der vaͤterlichen Gewalt, zur Verwand- lung deſſelben in eine vollkommene Ehe zu be- wegen
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Theil I. bis Juſtinian.
ſeine Gegner als Ketzer zu verfolgen genießen,
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ſogenannten Rechtglaͤubigen verfolgen laſſen
ſollte, — dieß entſchied nicht immer der
Kaiſer fuͤr ſich, ſondern meiſt ein Senat von
Biſchoͤfen, und kein Menſch ſtieß ſich daran,
daß ſo was vorgeſchrieben ward, denn fuͤr
ein entnervtes Zeitalter iſt freye wiſſenſchaft-
liche Unterſuchung ſo laͤſtig in jedem Zweige
der menſchlichen Erkenntniß, als fuͤr ein
ſchwaches Individuum. Weit weniger wich-
tig ſchienen nicht nur faſt dem ganzen Zeit-
alter, ſondern waren auch ſchon allein des-
wegen die nicht theologiſchen Gegenſtaͤnde der
Regierung, und die Zweifel oder Streitig-
keiten der Rechtsgelehrten. Dieſe entſchied
der Kaiſer allein, und von nun an erſt iſt
beynahe jede conſtitutio eine Verordnung,
waͤhrend daß ſelbſt Diocletian faſt immer nur
erklaͤrt hatte, was, ſeiner Einſicht nach,
ohnehin Rechtens (manifeſti juris) ſey. Con-
ſtantin verbot die alte Landesreligion, aber
ohne ſie gleich auszurotten, er befahl die Fey-
er des Sonntags, er geſtattete die Kirchen
im Teſtamente zu bedenken, und in den Kir-
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Concubinat ein, und ſuchte, durch die Vor-
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