Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite
Theil I. bis Justinian.
§. 117.

Der erste Jurist, dem Cicero selbst das
Lob der wissenschaftlichen Bearbeitung gab,
war Servius Sulpicius, und es ist ein sonder-
barer Zufall, daß schon damahls die Juris-
prudenz dem Gelehrten am meisten verdaukte,
der nicht von Jugend auf sich ihr gewiedmet
hatte, weil er ganz ungewöhnlich viele andre
Kenntnisse in der ganzen Litteratur mit ihr
verband. Daß er sehr oft von seinen Vor-
gängern, besonders von Scävola abwich,
und daß er über das Edictum commentirte,
ist beydes sehr natürlich, obgleich jenes nicht
vor August, und dieses erst seit Hadrian
Mode geworden seyn soll.

Unter seinen vielen Schülern ist der be-
rühmteste Alfenus Varus, der zweyte Jurist
nach Scävola, von welchem uns Justinion
Fragmente gerettet hat, weil Paullus ihn
epitomirte. Das Werk hieß Digesta, ein
nachher sehr gewöhnlicher Titel für ausführ-
liche Systeme über das Civilrecht.

Trebatius Testa ward zwar nicht Consul
wie Alfenus, aber August fragte ihn in Rechts-
sachen um seinen Rath. Trebatius war ein
Epicuräer und Stifter einer juristischen Schu-
le, da er doch nach den Compendien weder zu
jenem noch zu diesem ein Recht hatte.

§. 118.
Theil I. bis Juſtinian.
§. 117.

Der erſte Juriſt, dem Cicero ſelbſt das
Lob der wiſſenſchaftlichen Bearbeitung gab,
war Servius Sulpicius, und es iſt ein ſonder-
barer Zufall, daß ſchon damahls die Juris-
prudenz dem Gelehrten am meiſten verdaukte,
der nicht von Jugend auf ſich ihr gewiedmet
hatte, weil er ganz ungewoͤhnlich viele andre
Kenntniſſe in der ganzen Litteratur mit ihr
verband. Daß er ſehr oft von ſeinen Vor-
gaͤngern, beſonders von Scaͤvola abwich,
und daß er uͤber das Edictum commentirte,
iſt beydes ſehr natuͤrlich, obgleich jenes nicht
vor Auguſt, und dieſes erſt ſeit Hadrian
Mode geworden ſeyn ſoll.

Unter ſeinen vielen Schuͤlern iſt der be-
ruͤhmteſte Alfenus Varus, der zweyte Juriſt
nach Scaͤvola, von welchem uns Juſtinion
Fragmente gerettet hat, weil Paullus ihn
epitomirte. Das Werk hieß Digeſta, ein
nachher ſehr gewoͤhnlicher Titel fuͤr ausfuͤhr-
liche Syſteme uͤber das Civilrecht.

Trebatius Teſta ward zwar nicht Conſul
wie Alfenus, aber Auguſt fragte ihn in Rechts-
ſachen um ſeinen Rath. Trebatius war ein
Epicuraͤer und Stifter einer juriſtiſchen Schu-
le, da er doch nach den Compendien weder zu
jenem noch zu dieſem ein Recht hatte.

§. 118.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0142" n="130"/>
            <fw place="top" type="header">Theil <hi rendition="#aq">I.</hi> bis Ju&#x017F;tinian.</fw><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 117.</head><lb/>
              <p>Der er&#x017F;te Juri&#x017F;t, dem <hi rendition="#fr">Cicero &#x017F;elb&#x017F;t das</hi><lb/>
Lob der wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftlichen Bearbeitung gab,<lb/>
war <hi rendition="#aq">Servius Sulpicius,</hi> und es i&#x017F;t ein &#x017F;onder-<lb/>
barer Zufall, daß &#x017F;chon damahls die Juris-<lb/>
prudenz dem Gelehrten am mei&#x017F;ten verdaukte,<lb/>
der nicht von Jugend auf &#x017F;ich ihr gewiedmet<lb/>
hatte, weil er ganz ungewo&#x0364;hnlich viele andre<lb/>
Kenntni&#x017F;&#x017F;e in der ganzen Litteratur mit ihr<lb/>
verband. Daß er &#x017F;ehr oft von &#x017F;einen Vor-<lb/>
ga&#x0364;ngern, be&#x017F;onders von <hi rendition="#fr">Sca&#x0364;vola</hi> abwich,<lb/>
und daß er u&#x0364;ber das <hi rendition="#aq">Edictum</hi> commentirte,<lb/>
i&#x017F;t beydes &#x017F;ehr natu&#x0364;rlich, obgleich jenes nicht<lb/>
vor <hi rendition="#fr">Augu&#x017F;t,</hi> und die&#x017F;es er&#x017F;t &#x017F;eit <hi rendition="#fr">Hadrian</hi><lb/>
Mode geworden &#x017F;eyn &#x017F;oll.</p><lb/>
              <p>Unter &#x017F;einen vielen Schu&#x0364;lern i&#x017F;t der be-<lb/>
ru&#x0364;hmte&#x017F;te <hi rendition="#aq">Alfenus Varus,</hi> der zweyte Juri&#x017F;t<lb/>
nach <hi rendition="#fr">Sca&#x0364;vola,</hi> von welchem uns <hi rendition="#fr">Ju&#x017F;tinion</hi><lb/>
Fragmente gerettet hat, weil <hi rendition="#fr">Paullus</hi> ihn<lb/>
epitomirte. Das Werk hieß <hi rendition="#aq">Dige&#x017F;ta,</hi> ein<lb/>
nachher &#x017F;ehr gewo&#x0364;hnlicher Titel fu&#x0364;r ausfu&#x0364;hr-<lb/>
liche Sy&#x017F;teme u&#x0364;ber das Civilrecht.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#aq">Trebatius Te&#x017F;ta</hi> ward zwar nicht Con&#x017F;ul<lb/>
wie <hi rendition="#aq">Alfenus,</hi> aber Augu&#x017F;t fragte ihn in Rechts-<lb/>
&#x017F;achen um &#x017F;einen Rath. <hi rendition="#fr">Trebatius</hi> war ein<lb/>
Epicura&#x0364;er und Stifter einer juri&#x017F;ti&#x017F;chen Schu-<lb/>
le, da er doch nach den Compendien weder zu<lb/>
jenem noch zu die&#x017F;em ein Recht hatte.</p>
            </div><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">§. 118.</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[130/0142] Theil I. bis Juſtinian. §. 117. Der erſte Juriſt, dem Cicero ſelbſt das Lob der wiſſenſchaftlichen Bearbeitung gab, war Servius Sulpicius, und es iſt ein ſonder- barer Zufall, daß ſchon damahls die Juris- prudenz dem Gelehrten am meiſten verdaukte, der nicht von Jugend auf ſich ihr gewiedmet hatte, weil er ganz ungewoͤhnlich viele andre Kenntniſſe in der ganzen Litteratur mit ihr verband. Daß er ſehr oft von ſeinen Vor- gaͤngern, beſonders von Scaͤvola abwich, und daß er uͤber das Edictum commentirte, iſt beydes ſehr natuͤrlich, obgleich jenes nicht vor Auguſt, und dieſes erſt ſeit Hadrian Mode geworden ſeyn ſoll. Unter ſeinen vielen Schuͤlern iſt der be- ruͤhmteſte Alfenus Varus, der zweyte Juriſt nach Scaͤvola, von welchem uns Juſtinion Fragmente gerettet hat, weil Paullus ihn epitomirte. Das Werk hieß Digeſta, ein nachher ſehr gewoͤhnlicher Titel fuͤr ausfuͤhr- liche Syſteme uͤber das Civilrecht. Trebatius Teſta ward zwar nicht Conſul wie Alfenus, aber Auguſt fragte ihn in Rechts- ſachen um ſeinen Rath. Trebatius war ein Epicuraͤer und Stifter einer juriſtiſchen Schu- le, da er doch nach den Compendien weder zu jenem noch zu dieſem ein Recht hatte. §. 118.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790/142
Zitationshilfe: Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790/142>, abgerufen am 27.11.2024.