Wie aber steht's heute mit dieser Vatermacht? Sie ist wie ein durchlöchertes Schiff auf stürmischer See: das eindringende Wasser beschleuniget mit jedem Augenblicke dessen Untergang. Oder saget, was verkündet man all- überall? Die Unabhängigkeit von der Kirche, ich frage ihr nichts darnach; die Unabhängigkeit vom Papste; ich frage ihm nichts darnach; die Unabhängigkeit vom Evan- gelium, von Jesus Christus; ich frage ihm nichts darnach; die Unabhängigkeit von Gott; ich gehe nach meiner per- sönlichen Ueberzeugung. Aber warum sollen die Kinder in diesem Falle dem Vater noch etwas darnach fragen? Ist etwa sein Wort ansehnlicher als das Evangelium? Sein Befehl wichtiger als die zehn Gebote? Seine Macht größer, als die Allmacht Gottes? Seine Ruthe schmerzlicher, als die Hölle? Oder glaubt ihr etwa, wenn euere Söhne und Töchter solche Grundsätze lesen und hören, solche Beispiele sehen, glaubt ihr etwa, es werde ihnen nicht schwindelig! Oder wenn es eine Ehre ist, ja Fort- schritt und Bildung bedeutet, so früh als möglich über Priester, Bischöfe, Papst, Kirche, über das Evangelium, ja über Jesus Christus selbst zu spotten - warum sollte es wenigstens nicht eine ebenso große Ehre sein, den leiblichen Vater auf Gleiche Art zu behandeln? Wer da keine Gefahr sieht, sollte wahrlich nicht in dieser Zeit leben. Denn sein Geist ist viel zu klein, um die Gewalt des Umsturzes nur von ferne zu ahnen. Man hat da gut klagen über Unbändig- keit, Kostgängerei und Fortlaufen der Kinder: Die ge- rufenen Geister sind schaarenweise da und werden durch keine Klagen, durch keine Gesetze, durch keine Polizei, durch keine nüchterne Sittlichkeitspredigt gebannt; da hilft nur mehr die katholische Kirche durch wahrhaft große, wahr- haft apostolische Männer, welche die nothwendige Freiheit des Wortes und der That zum Heile der Familie und des Vaterlandes sich einfach nehmen, ohne irgendwo an- zufragen.
Wie aber steht's heute mit dieser Vatermacht? Sie ist wie ein durchlöchertes Schiff auf stürmischer See: das eindringende Wasser beschleuniget mit jedem Augenblicke dessen Untergang. Oder saget, was verkündet man all- überall? Die Unabhängigkeit von der Kirche, ich frage ihr nichts darnach; die Unabhängigkeit vom Papste; ich frage ihm nichts darnach; die Unabhängigkeit vom Evan- gelium, von Jesus Christus; ich frage ihm nichts darnach; die Unabhängigkeit von Gott; ich gehe nach meiner per- sönlichen Ueberzeugung. Aber warum sollen die Kinder in diesem Falle dem Vater noch etwas darnach fragen? Ist etwa sein Wort ansehnlicher als das Evangelium? Sein Befehl wichtiger als die zehn Gebote? Seine Macht größer, als die Allmacht Gottes? Seine Ruthe schmerzlicher, als die Hölle? Oder glaubt ihr etwa, wenn euere Söhne und Töchter solche Grundsätze lesen und hören, solche Beispiele sehen, glaubt ihr etwa, es werde ihnen nicht schwindelig! Oder wenn es eine Ehre ist, ja Fort- schritt und Bildung bedeutet, so früh als möglich über Priester, Bischöfe, Papst, Kirche, über das Evangelium, ja über Jesus Christus selbst zu spotten – warum sollte es wenigstens nicht eine ebenso große Ehre sein, den leiblichen Vater auf Gleiche Art zu behandeln? Wer da keine Gefahr sieht, sollte wahrlich nicht in dieser Zeit leben. Denn sein Geist ist viel zu klein, um die Gewalt des Umsturzes nur von ferne zu ahnen. Man hat da gut klagen über Unbändig- keit, Kostgängerei und Fortlaufen der Kinder: Die ge- rufenen Geister sind schaarenweise da und werden durch keine Klagen, durch keine Gesetze, durch keine Polizei, durch keine nüchterne Sittlichkeitspredigt gebannt; da hilft nur mehr die katholische Kirche durch wahrhaft große, wahr- haft apostolische Männer, welche die nothwendige Freiheit des Wortes und der That zum Heile der Familie und des Vaterlandes sich einfach nehmen, ohne irgendwo an- zufragen.
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Wie aber steht's heute mit dieser Vatermacht? Sie
ist wie ein durchlöchertes Schiff auf stürmischer See: das
eindringende Wasser beschleuniget mit jedem Augenblicke
dessen Untergang. Oder saget, was verkündet man all-
überall? Die Unabhängigkeit von der Kirche, ich frage
ihr nichts darnach; die Unabhängigkeit vom Papste; ich
frage ihm nichts darnach; die Unabhängigkeit vom Evan-
gelium, von Jesus Christus; ich frage ihm nichts darnach;
die Unabhängigkeit von Gott; ich gehe nach meiner per-
sönlichen Ueberzeugung. Aber warum sollen die Kinder
in diesem Falle dem Vater noch etwas darnach fragen?
Ist etwa sein Wort ansehnlicher als das Evangelium?
Sein Befehl wichtiger als die zehn Gebote? Seine
Macht größer, als die Allmacht Gottes? Seine Ruthe
schmerzlicher, als die Hölle? Oder glaubt ihr etwa, wenn
euere Söhne und Töchter solche Grundsätze lesen und
hören, solche Beispiele sehen, glaubt ihr etwa, es werde
ihnen nicht schwindelig! Oder wenn es eine Ehre ist, ja Fort-
schritt und Bildung bedeutet, so früh als möglich über Priester,
Bischöfe, Papst, Kirche, über das Evangelium, ja über Jesus
Christus selbst zu spotten – warum sollte es wenigstens
nicht eine ebenso große Ehre sein, den leiblichen Vater
auf Gleiche Art zu behandeln? Wer da keine Gefahr sieht,
sollte wahrlich nicht in dieser Zeit leben. Denn sein Geist
ist viel zu klein, um die Gewalt des Umsturzes nur von
ferne zu ahnen. Man hat da gut klagen über Unbändig-
keit, Kostgängerei und Fortlaufen der Kinder: Die ge-
rufenen Geister sind schaarenweise da und werden durch
keine Klagen, durch keine Gesetze, durch keine Polizei, durch
keine nüchterne Sittlichkeitspredigt gebannt; da hilft nur
mehr die katholische Kirche durch wahrhaft große, wahr-
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Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/54>, abgerufen am 24.11.2024.
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