zu erkennen? Wir haben in heiliger Gleichmüthigkeit 1) uns selbst 2) gottesfürchtige Nachgeber und 3) Gott selbst anzufragen.
Wer also in seiner Standeswahl glücklich sein will, der soll zuerst sich selbst fragen und zwar in hl. Gleich- müthigkeit. Worin besteht denn diese Gleichmüthigkeit? Sehet, unser Herz soll einer empfindlichen Wage gleichen, deren Zünglein, so lange kein Gewicht in die Schale gelegt wird, weder nach dieser noch jener Seite hinausragt sondern unbeweglich bleibt. Was will das sagen? Wir sind einzig auf der Welt, um Gott zu dienen und selig zu werden; deswegen soll unsere Seele gegen die einzelnen Stände gleichgültig sein, um dann jenen zu wählen, in welchem wir unser Heil am sichersten wirken. Wie nämlich das Zünglein der Wage sich auf jene Seite wendet, wo das Gewicht in die Schale fällt, so darf auch unser Herz sich nur nach jenem Stande hinneigen, wo das Gewicht der wahren Gründe ist. Das ist die Gleichmüthigkeit der Seele.
Sobald daher die Jugend bei der Standeswahl nicht mehr auf ihr ewiges Ziel hinschaut, sondern nur auf Geld und Ehre und Wohlleben, sobald sie sich nur fragt: wo und wie kann ich schnell reich werden? Welcher Stand verspricht mir die größten Ehren, bietet die meisten Ge- nüsse? Wo und wie komme ich dazu, meine Leiden- schaften am schnellsten zu befriedigen? Sobald ein Jüng- ling, eine Jungfrau sich so fragt, ist die nothwendige Gleichmüthigkeit verloren und eine glückliche Standeswahl rein unmöglich.
Wollet ihr daher glücklich wählen, sollet ihr im Gleichmuth der Seele aufrichtig sagen können: "Rede Herr, dein Diener hört; Herr, was willst du, daß ich thue; siehe ich bin bereit? Ob ich dabei arm bleibe oder reich werde, ob mein Leben mühevoll oder leicht, ob mein
zu erkennen? Wir haben in heiliger Gleichmüthigkeit 1) uns selbst 2) gottesfürchtige Nachgeber und 3) Gott selbst anzufragen.
Wer also in seiner Standeswahl glücklich sein will, der soll zuerst sich selbst fragen und zwar in hl. Gleich- müthigkeit. Worin besteht denn diese Gleichmüthigkeit? Sehet, unser Herz soll einer empfindlichen Wage gleichen, deren Zünglein, so lange kein Gewicht in die Schale gelegt wird, weder nach dieser noch jener Seite hinausragt sondern unbeweglich bleibt. Was will das sagen? Wir sind einzig auf der Welt, um Gott zu dienen und selig zu werden; deswegen soll unsere Seele gegen die einzelnen Stände gleichgültig sein, um dann jenen zu wählen, in welchem wir unser Heil am sichersten wirken. Wie nämlich das Zünglein der Wage sich auf jene Seite wendet, wo das Gewicht in die Schale fällt, so darf auch unser Herz sich nur nach jenem Stande hinneigen, wo das Gewicht der wahren Gründe ist. Das ist die Gleichmüthigkeit der Seele.
Sobald daher die Jugend bei der Standeswahl nicht mehr auf ihr ewiges Ziel hinschaut, sondern nur auf Geld und Ehre und Wohlleben, sobald sie sich nur fragt: wo und wie kann ich schnell reich werden? Welcher Stand verspricht mir die größten Ehren, bietet die meisten Ge- nüsse? Wo und wie komme ich dazu, meine Leiden- schaften am schnellsten zu befriedigen? Sobald ein Jüng- ling, eine Jungfrau sich so fragt, ist die nothwendige Gleichmüthigkeit verloren und eine glückliche Standeswahl rein unmöglich.
Wollet ihr daher glücklich wählen, sollet ihr im Gleichmuth der Seele aufrichtig sagen können: „Rede Herr, dein Diener hört; Herr, was willst du, daß ich thue; siehe ich bin bereit? Ob ich dabei arm bleibe oder reich werde, ob mein Leben mühevoll oder leicht, ob mein
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zu erkennen? Wir haben in heiliger Gleichmüthigkeit
1) uns selbst 2) gottesfürchtige Nachgeber und 3) Gott
selbst anzufragen.
Wer also in seiner Standeswahl glücklich sein will,
der soll zuerst sich selbst fragen und zwar in hl. Gleich-
müthigkeit. Worin besteht denn diese Gleichmüthigkeit?
Sehet, unser Herz soll einer empfindlichen Wage gleichen,
deren Zünglein, so lange kein Gewicht in die Schale gelegt
wird, weder nach dieser noch jener Seite hinausragt sondern
unbeweglich bleibt. Was will das sagen? Wir sind einzig
auf der Welt, um Gott zu dienen und selig zu werden;
deswegen soll unsere Seele gegen die einzelnen Stände
gleichgültig sein, um dann jenen zu wählen, in welchem
wir unser Heil am sichersten wirken. Wie nämlich das
Zünglein der Wage sich auf jene Seite wendet, wo das
Gewicht in die Schale fällt, so darf auch unser Herz sich
nur nach jenem Stande hinneigen, wo das Gewicht der
wahren Gründe ist. Das ist die Gleichmüthigkeit der
Seele.
Sobald daher die Jugend bei der Standeswahl nicht
mehr auf ihr ewiges Ziel hinschaut, sondern nur auf
Geld und Ehre und Wohlleben, sobald sie sich nur fragt:
wo und wie kann ich schnell reich werden? Welcher Stand
verspricht mir die größten Ehren, bietet die meisten Ge-
nüsse? Wo und wie komme ich dazu, meine Leiden-
schaften am schnellsten zu befriedigen? Sobald ein Jüng-
ling, eine Jungfrau sich so fragt, ist die nothwendige
Gleichmüthigkeit verloren und eine glückliche Standeswahl
rein unmöglich.
Wollet ihr daher glücklich wählen, sollet ihr im
Gleichmuth der Seele aufrichtig sagen können: „Rede Herr,
dein Diener hört; Herr, was willst du, daß ich thue; siehe
ich bin bereit? Ob ich dabei arm bleibe oder reich
werde, ob mein Leben mühevoll oder leicht, ob mein
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Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/345>, abgerufen am 24.11.2024.
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