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Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896.

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mir in das ewige Feuer!" Wohl hören mich diese Un-
glücklichen nicht, aber desto unglücklicher für sie ist die
schreckliche, Nacht der Ewigkeit.

Also das Gute darf nie bestraft werden. Dann
nehmet euch wohl in Acht, bloßer Gebrechen wegen die
Ruthe zu gebrauchen. Ein Kind kann nicht recht laufen:
es wird geschlagen, weil es in seinem Elende zu spät
kommt. Ein anderes kann in seiner Schwäche nicht nach
den Launen der Eltern arbeiten, und wird deswegen ge-
züchtigt. Ein drittes ist schwachen Geistes und begreift
deshalb alles sehr langsam und manches gar nicht: darf
es deswegen in oder außer der Schule geprügelt werden
oder verdienen all diese Gebrechen Erbarmen und Mitleid?

Endlich haben die Kinder allerlei Unvollkommenheiten,
welche mehr oder weniger freiwillig sind. Fast alle sind
zerstreut und flatterhaft, vergeßlich und schwatzhaft, zu
Lärm und Spiel geneigt. Dies sollt ihr ihnen allerdings
abgewöhnen, aber deswegen keine Ruthe an ihnen zer-
schlagen. Ist ein Kind flatterhaft, so lasset es erst nach
Vollendung der Arbeit spielen, ist es unbeholfen, so machet
ihm die Sache vor, bis es darin irgendwie gewandt ist.
Eine Beschämung, ein kleines Fasten, ein bischen Haus-
arrest kann auch vom Guten sein. Nicht wahr, es ist
doch nicht so selbstverständlich, was der Ruthe und der
Züchtigung ruft? Wenn auch das auf den Bisherigen
klar, müssen wir gleichwohl noch einen hochwichtigen Punkt
betrachten.

Von der Sünde nämlich sollet ihr das Schädliche und
Schimpfliche wohl unterscheiden. Es giebt nämlich Dinge,
welche Schaden und Schande bringen, und doch nicht
Sünde sind, z. B. ein Verstoß gegen den Anstand, eine
unvorsichtige Rede, das Zerbrechen eines Geschirres, das
Alles wird oft sehr schwer bestraft, während offenbare
Todsünden kaum getadelt werden. Was ist die Folge hier-

mir in das ewige Feuer!“ Wohl hören mich diese Un-
glücklichen nicht, aber desto unglücklicher für sie ist die
schreckliche, Nacht der Ewigkeit.

Also das Gute darf nie bestraft werden. Dann
nehmet euch wohl in Acht, bloßer Gebrechen wegen die
Ruthe zu gebrauchen. Ein Kind kann nicht recht laufen:
es wird geschlagen, weil es in seinem Elende zu spät
kommt. Ein anderes kann in seiner Schwäche nicht nach
den Launen der Eltern arbeiten, und wird deswegen ge-
züchtigt. Ein drittes ist schwachen Geistes und begreift
deshalb alles sehr langsam und manches gar nicht: darf
es deswegen in oder außer der Schule geprügelt werden
oder verdienen all diese Gebrechen Erbarmen und Mitleid?

Endlich haben die Kinder allerlei Unvollkommenheiten,
welche mehr oder weniger freiwillig sind. Fast alle sind
zerstreut und flatterhaft, vergeßlich und schwatzhaft, zu
Lärm und Spiel geneigt. Dies sollt ihr ihnen allerdings
abgewöhnen, aber deswegen keine Ruthe an ihnen zer-
schlagen. Ist ein Kind flatterhaft, so lasset es erst nach
Vollendung der Arbeit spielen, ist es unbeholfen, so machet
ihm die Sache vor, bis es darin irgendwie gewandt ist.
Eine Beschämung, ein kleines Fasten, ein bischen Haus-
arrest kann auch vom Guten sein. Nicht wahr, es ist
doch nicht so selbstverständlich, was der Ruthe und der
Züchtigung ruft? Wenn auch das auf den Bisherigen
klar, müssen wir gleichwohl noch einen hochwichtigen Punkt
betrachten.

Von der Sünde nämlich sollet ihr das Schädliche und
Schimpfliche wohl unterscheiden. Es giebt nämlich Dinge,
welche Schaden und Schande bringen, und doch nicht
Sünde sind, z. B. ein Verstoß gegen den Anstand, eine
unvorsichtige Rede, das Zerbrechen eines Geschirres, das
Alles wird oft sehr schwer bestraft, während offenbare
Todsünden kaum getadelt werden. Was ist die Folge hier-

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[214/0226] mir in das ewige Feuer!“ Wohl hören mich diese Un- glücklichen nicht, aber desto unglücklicher für sie ist die schreckliche, Nacht der Ewigkeit. Also das Gute darf nie bestraft werden. Dann nehmet euch wohl in Acht, bloßer Gebrechen wegen die Ruthe zu gebrauchen. Ein Kind kann nicht recht laufen: es wird geschlagen, weil es in seinem Elende zu spät kommt. Ein anderes kann in seiner Schwäche nicht nach den Launen der Eltern arbeiten, und wird deswegen ge- züchtigt. Ein drittes ist schwachen Geistes und begreift deshalb alles sehr langsam und manches gar nicht: darf es deswegen in oder außer der Schule geprügelt werden oder verdienen all diese Gebrechen Erbarmen und Mitleid? Endlich haben die Kinder allerlei Unvollkommenheiten, welche mehr oder weniger freiwillig sind. Fast alle sind zerstreut und flatterhaft, vergeßlich und schwatzhaft, zu Lärm und Spiel geneigt. Dies sollt ihr ihnen allerdings abgewöhnen, aber deswegen keine Ruthe an ihnen zer- schlagen. Ist ein Kind flatterhaft, so lasset es erst nach Vollendung der Arbeit spielen, ist es unbeholfen, so machet ihm die Sache vor, bis es darin irgendwie gewandt ist. Eine Beschämung, ein kleines Fasten, ein bischen Haus- arrest kann auch vom Guten sein. Nicht wahr, es ist doch nicht so selbstverständlich, was der Ruthe und der Züchtigung ruft? Wenn auch das auf den Bisherigen klar, müssen wir gleichwohl noch einen hochwichtigen Punkt betrachten. Von der Sünde nämlich sollet ihr das Schädliche und Schimpfliche wohl unterscheiden. Es giebt nämlich Dinge, welche Schaden und Schande bringen, und doch nicht Sünde sind, z. B. ein Verstoß gegen den Anstand, eine unvorsichtige Rede, das Zerbrechen eines Geschirres, das Alles wird oft sehr schwer bestraft, während offenbare Todsünden kaum getadelt werden. Was ist die Folge hier-

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Zitationshilfe: Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/226>, abgerufen am 21.11.2024.