Da nun möget ihr einmal begreifen, wie wenig der Religionsunterricht nützt, wenn nicht Alle, denen Kinder so oder so anvertraut sind, mitwirken, wenn wenigstens nicht die Familie ein wahres Heiligthum wird und bleibt. Denn durch den Religionsunterricht in der Schule werden zwar alle so weit unterrichtet, daß sie das Nothwendigste wenigstens wissen könnten und sollten - aber werden sie in der Nachfolge Christi auch so gestärkt, daß sie selig werden?
Ich will euch nur den Sachverhalt vorlegen, und dann urtheilet selbst.
Die kleinen Schulkinder haben jede Woche eine Stunde Religionsunterricht, die größern zwei. Diese Kinder sind oft von andern Unterrichtsstunden ermüdet, verurtheilt, ganze Fuder von Gelehrsamkeit zu verschlingen, daneben mitten in allerlei Zerstreuungen, vielleicht von schlechten Kindern, von jungen Spöttern umgeben, mit 13-14 Jahren, wenn nicht schon früher, voll erwachter Leidenschaften, viele schon in der ganzen Frühreife des Leibes und der Seele; zu Hause wenig oder kein Gebet, kein Unterricht, keine Fragen über Religionsunterricht, vielleicht noch gefährliche Schriften, Bilder, Reden über Geld, Gewinn, Geschäft, über Moden, Theater, Tänze, Liebschaften, Ehen; - in der Schule kein christliches Zeichen. Wer denkt da nicht unwillkürlich an das Gleich- niß vom Sämann? In diesen Religionsstunden wie viel Samen fällt neben den Weg? Viele Kinder hören das göttliche Wort; aber es kommt der Teufel und nimmt es ihnen. Wie viel Samen fällt auf felsigen Boden! Viele Kinder nehmen den Unterricht mit Freuden auf; er schlägt in ihnen keine Wurzeln: so fallen sie früher oder später zur Zeit der Versuchung in Sünde und Elend! Wie viel Samen fällt endlich zwischen die Dornen, zwischen die Leidenschaften, wo er bald erstickt? Das ist bei
Da nun möget ihr einmal begreifen, wie wenig der Religionsunterricht nützt, wenn nicht Alle, denen Kinder so oder so anvertraut sind, mitwirken, wenn wenigstens nicht die Familie ein wahres Heiligthum wird und bleibt. Denn durch den Religionsunterricht in der Schule werden zwar alle so weit unterrichtet, daß sie das Nothwendigste wenigstens wissen könnten und sollten – aber werden sie in der Nachfolge Christi auch so gestärkt, daß sie selig werden?
Ich will euch nur den Sachverhalt vorlegen, und dann urtheilet selbst.
Die kleinen Schulkinder haben jede Woche eine Stunde Religionsunterricht, die größern zwei. Diese Kinder sind oft von andern Unterrichtsstunden ermüdet, verurtheilt, ganze Fuder von Gelehrsamkeit zu verschlingen, daneben mitten in allerlei Zerstreuungen, vielleicht von schlechten Kindern, von jungen Spöttern umgeben, mit 13–14 Jahren, wenn nicht schon früher, voll erwachter Leidenschaften, viele schon in der ganzen Frühreife des Leibes und der Seele; zu Hause wenig oder kein Gebet, kein Unterricht, keine Fragen über Religionsunterricht, vielleicht noch gefährliche Schriften, Bilder, Reden über Geld, Gewinn, Geschäft, über Moden, Theater, Tänze, Liebschaften, Ehen; – in der Schule kein christliches Zeichen. Wer denkt da nicht unwillkürlich an das Gleich- niß vom Sämann? In diesen Religionsstunden wie viel Samen fällt neben den Weg? Viele Kinder hören das göttliche Wort; aber es kommt der Teufel und nimmt es ihnen. Wie viel Samen fällt auf felsigen Boden! Viele Kinder nehmen den Unterricht mit Freuden auf; er schlägt in ihnen keine Wurzeln: so fallen sie früher oder später zur Zeit der Versuchung in Sünde und Elend! Wie viel Samen fällt endlich zwischen die Dornen, zwischen die Leidenschaften, wo er bald erstickt? Das ist bei
<TEI><text><body><divn="19"><pbfacs="#f0197"xml:id="H891_001_1896_pb0185_0001"n="185"/><p>Da nun möget ihr einmal begreifen, wie wenig der<lb/>
Religionsunterricht nützt, wenn nicht Alle, denen Kinder<lb/>
so oder so anvertraut sind, mitwirken, wenn wenigstens<lb/>
nicht die Familie ein wahres Heiligthum wird und bleibt.<lb/>
Denn durch den Religionsunterricht in der Schule werden<lb/>
zwar alle so weit unterrichtet, daß sie das Nothwendigste<lb/>
wenigstens wissen könnten und sollten – aber werden<lb/>
sie in der Nachfolge Christi auch so gestärkt, daß sie<lb/>
selig werden?</p><p>Ich will euch nur den Sachverhalt vorlegen, und<lb/>
dann urtheilet selbst.</p><p>Die kleinen Schulkinder haben jede Woche eine<lb/>
Stunde Religionsunterricht, die größern zwei. Diese<lb/>
Kinder sind oft von andern Unterrichtsstunden ermüdet,<lb/>
verurtheilt, ganze Fuder von Gelehrsamkeit zu verschlingen,<lb/>
daneben mitten in allerlei Zerstreuungen, vielleicht von<lb/>
schlechten Kindern, von jungen Spöttern umgeben, mit<lb/>
13–14 Jahren, wenn nicht schon früher, voll erwachter<lb/>
Leidenschaften, viele schon in der ganzen Frühreife des<lb/>
Leibes und der Seele; zu Hause wenig oder kein Gebet,<lb/>
kein Unterricht, keine Fragen über Religionsunterricht,<lb/>
vielleicht noch gefährliche Schriften, Bilder, Reden über<lb/>
Geld, Gewinn, Geschäft, über Moden, Theater, Tänze,<lb/>
Liebschaften, Ehen; – in der Schule kein christliches<lb/>
Zeichen. Wer denkt da nicht unwillkürlich an das Gleich-<lb/>
niß vom Sämann? In diesen Religionsstunden wie viel<lb/>
Samen fällt neben den Weg? Viele Kinder hören das<lb/>
göttliche Wort; aber es kommt der Teufel und nimmt<lb/>
es ihnen. Wie viel Samen fällt auf felsigen Boden!<lb/>
Viele Kinder nehmen den Unterricht mit Freuden auf;<lb/>
er schlägt in ihnen keine Wurzeln: so fallen sie früher<lb/>
oder später zur Zeit der Versuchung in Sünde und Elend!<lb/>
Wie viel Samen fällt endlich zwischen die Dornen, zwischen<lb/>
die Leidenschaften, wo er bald erstickt? Das ist bei<lb/></p></div></body></text></TEI>
[185/0197]
Da nun möget ihr einmal begreifen, wie wenig der
Religionsunterricht nützt, wenn nicht Alle, denen Kinder
so oder so anvertraut sind, mitwirken, wenn wenigstens
nicht die Familie ein wahres Heiligthum wird und bleibt.
Denn durch den Religionsunterricht in der Schule werden
zwar alle so weit unterrichtet, daß sie das Nothwendigste
wenigstens wissen könnten und sollten – aber werden
sie in der Nachfolge Christi auch so gestärkt, daß sie
selig werden?
Ich will euch nur den Sachverhalt vorlegen, und
dann urtheilet selbst.
Die kleinen Schulkinder haben jede Woche eine
Stunde Religionsunterricht, die größern zwei. Diese
Kinder sind oft von andern Unterrichtsstunden ermüdet,
verurtheilt, ganze Fuder von Gelehrsamkeit zu verschlingen,
daneben mitten in allerlei Zerstreuungen, vielleicht von
schlechten Kindern, von jungen Spöttern umgeben, mit
13–14 Jahren, wenn nicht schon früher, voll erwachter
Leidenschaften, viele schon in der ganzen Frühreife des
Leibes und der Seele; zu Hause wenig oder kein Gebet,
kein Unterricht, keine Fragen über Religionsunterricht,
vielleicht noch gefährliche Schriften, Bilder, Reden über
Geld, Gewinn, Geschäft, über Moden, Theater, Tänze,
Liebschaften, Ehen; – in der Schule kein christliches
Zeichen. Wer denkt da nicht unwillkürlich an das Gleich-
niß vom Sämann? In diesen Religionsstunden wie viel
Samen fällt neben den Weg? Viele Kinder hören das
göttliche Wort; aber es kommt der Teufel und nimmt
es ihnen. Wie viel Samen fällt auf felsigen Boden!
Viele Kinder nehmen den Unterricht mit Freuden auf;
er schlägt in ihnen keine Wurzeln: so fallen sie früher
oder später zur Zeit der Versuchung in Sünde und Elend!
Wie viel Samen fällt endlich zwischen die Dornen, zwischen
die Leidenschaften, wo er bald erstickt? Das ist bei
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/197>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.