Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]Bei allen Racen der Menschen ist diese Biegsamkeit sich jedoch keineswegs Wir gehen nun zur Betrachtung der organischen Theile unsers Erd- Die geographische Verbreitung der Pflanzen ist abhängig von den Cli-IV. Geographie Bei allen Racen der Menschen ist diese Biegsamkeit sich jedoch keineswegs Wir gehen nun zur Betrachtung der organischen Theile unsers Erd- Die geographische Verbreitung der Pflanzen ist abhängig von den Cli-IV. Geographie <TEI> <text> <body> <div type="session" n="8"> <p><pb facs="#f0069" n="65"/> Bei allen Racen der Menschen ist diese Biegsamkeit sich jedoch keineswegs<lb/> gleich, <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> es scheint fast, als wenn sie mit der Cultur zunehmend wäre.<lb/> Es ist gefährlich, für die Einwohner Amerika’s sich an den Bergen aufsteigend<lb/> einer Climaverschiedenheit auszusetzen, die für einen Weissen ganz un-<lb/> schädlich ist. – Die menschlichen <hi rendition="#aq">Leyes de los Indios</hi> verbieten daher ganz aus-<lb/> drücklich, die Indier durch gewisse Thäler zu schicken, aber freilich sind diese<lb/> Thäler auch von einer Tiefe, daß der <hi rendition="#aq">Pic</hi> von <hi rendition="#aq">Teneriffa</hi> darin stehen köñ-<lb/> te, ohne sie auszufüllen. Eine der größten Schwierigkeiten, welche sich<lb/> den Missionen entgegenstellt, ist die unbegreifliche Sterblichkeit, welche<lb/> in den neuen Ansiedelungen einzureissen pflegt, weñ die Eingeborenen<lb/> aus ihren dichten Waldungen hervorgehend zuerst den Soñenstrahlen<lb/> einer baumlosen Steppe ausgesetzt werden.</p><lb/> <p>Wir gehen nun zur Betrachtung der organischen Theile unsers Erd-<lb/> körpers über. Alle Erscheinungen, welche die At<del rendition="#s">h</del>mosphäre <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> der Ocean<lb/> uns erkeñen liessen, waren gewaltsam <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> stürmisch, in ihrem Wechsel<lb/> anscheinend keinem Gesetze unterworfen. Im Bereiche der organischen<lb/> Entwicklung entdecken wir Gesetze <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> Regeln: die Welt der Pflanzen<lb/> insbesondere enthüllt das stille iñere Treiben der Natur, die seit<lb/> Jahrhunderten dieselben Organe entfaltet, ohne noch je einen Frühling<lb/> ohne Blüthen gelassen zu haben.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#u">geographische Verbreitung der Pflanzen</hi> ist abhängig von den Cli-<note place="right"><hi rendition="#u"><hi rendition="#aq">IV.</hi> Geographie<lb/> der Pflanzen.</hi><lb/></note><lb/> maten; so auch hat der Druck der At<del rendition="#s">h</del>mosphäre einen auffallenden<lb/> Einfluß auf die Gestalt <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> das Leben der Gewächse. Dieß Leben ist gleich-<lb/> sam nach aussen gerichtet; die Pflanzen leben hauptsächlich in der Ober-<lb/> fläche, daher ihre Abhängigkeit von dem umgebenden Medium. Eine<lb/> Art Hautrespiration ist die wichtigste Lebensfunction der Gewächse<lb/> und diese Respiration, indem sie Verdampfung, Aushauchen von<lb/> Flüssigkeiten ist, hängt vom Druck des Luftkreises ab. Daher sind<lb/> die Alpengewächse aromatischer, daher sind sie behaarter, mit zahlrei-<lb/> chen Ausdünstungsgefässen bedeckt. Nicht die größere Wärme verhindert<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [65/0069]
Bei allen Racen der Menschen ist diese Biegsamkeit sich jedoch keineswegs
gleich, u es scheint fast, als wenn sie mit der Cultur zunehmend wäre.
Es ist gefährlich, für die Einwohner Amerika’s sich an den Bergen aufsteigend
einer Climaverschiedenheit auszusetzen, die für einen Weissen ganz un-
schädlich ist. – Die menschlichen Leyes de los Indios verbieten daher ganz aus-
drücklich, die Indier durch gewisse Thäler zu schicken, aber freilich sind diese
Thäler auch von einer Tiefe, daß der Pic von Teneriffa darin stehen köñ-
te, ohne sie auszufüllen. Eine der größten Schwierigkeiten, welche sich
den Missionen entgegenstellt, ist die unbegreifliche Sterblichkeit, welche
in den neuen Ansiedelungen einzureissen pflegt, weñ die Eingeborenen
aus ihren dichten Waldungen hervorgehend zuerst den Soñenstrahlen
einer baumlosen Steppe ausgesetzt werden.
Wir gehen nun zur Betrachtung der organischen Theile unsers Erd-
körpers über. Alle Erscheinungen, welche die Atmosphäre u der Ocean
uns erkeñen liessen, waren gewaltsam u stürmisch, in ihrem Wechsel
anscheinend keinem Gesetze unterworfen. Im Bereiche der organischen
Entwicklung entdecken wir Gesetze u Regeln: die Welt der Pflanzen
insbesondere enthüllt das stille iñere Treiben der Natur, die seit
Jahrhunderten dieselben Organe entfaltet, ohne noch je einen Frühling
ohne Blüthen gelassen zu haben.
Die geographische Verbreitung der Pflanzen ist abhängig von den Cli-
maten; so auch hat der Druck der Atmosphäre einen auffallenden
Einfluß auf die Gestalt u das Leben der Gewächse. Dieß Leben ist gleich-
sam nach aussen gerichtet; die Pflanzen leben hauptsächlich in der Ober-
fläche, daher ihre Abhängigkeit von dem umgebenden Medium. Eine
Art Hautrespiration ist die wichtigste Lebensfunction der Gewächse
und diese Respiration, indem sie Verdampfung, Aushauchen von
Flüssigkeiten ist, hängt vom Druck des Luftkreises ab. Daher sind
die Alpengewächse aromatischer, daher sind sie behaarter, mit zahlrei-
chen Ausdünstungsgefässen bedeckt. Nicht die größere Wärme verhindert
IV. Geographie
der Pflanzen.
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