Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

zuerst gelehrt hat, früher durch das Thermometer, als durch das Senkblei erkannt.
Es sind submarine Inseltheile des Meerbodens, welche die elastischen Kräfte
nicht über den Meeresspiegel erheben können. Auf dem Abhange der Untiefen,
the edge of the banks, durch Stoß ansteigend mischen sich die untern kältern
Wasserschichten mit den obern wärmern. So verräth dem Schiffer auf 4-5
Meilen Entfernung plötzliche Meereskälte die herannahende Gefahr. Durch
ihre Temperatur wirken die Untiefen auf die darüberstehende Luft, in
der sie Nebel und weit gesehen, Gruppen von Wolken erzeugen.

Wie die Strömungen des Luftmeeres durch die veränderte Stellung der
Sonne und die Richtungen der Bergketten, an deren Abhange sie herabglei-
ten, vielfach modificirt werden, so führen auch die Strömungen des tropf-
baren Oceans die wärmern Wasser niedriger Breitengrade in die
temperirte Zone. Ich erinnere hier nur an den Golfstrom, der die von
den Passatwinden immer gleichförmig bewegten Wasser des atlantischen
Meeres gegen den vorstehenden Damm der Landenge von Nicaragua
treibt, sich gegen Guatimala und Yucatan nördlich wendend, in dem
Meerbusen von Mexico wirbelnd umhertreibt, durch den Canal von
Bahama ausfließt, als ein Strom warmen Wassers sich nordöstlich
erst gegen die Bank von New Foundland, dann südöstlich gegen die
Gruppe der Azoren sich hin bewegt und vom Nordwinde begünstigt,
Palmenfrüchte der Antillen, ja selbst lebendige Eskimo's aus Ostgrön-
land mit ihren ledernen Boten nach Irland oder auch nach den He-
briden führt. - Diese erwärmten Aequatorialwasser erkälten so lang-
sam, daß noch in der Nähe von New Foundland der Strom durch eine
3 bis 4° höhere Temperatur sich auszeichnet und daß selbst fliegende
Fische, die nur in wärmeren Zonen existiren, mit dem gewärmten
Gewässer heraufkommen.

Wie nun hier vom Süden her Wasser vom atlantischen Ocean,

zuerst gelehrt hat, früher durch das Thermometer, als durch das Senkblei erkañt.
Es sind submarine Inseltheile des Meerbodens, welche die elastischen Kräfte
nicht über den Meeresspiegel erheben köñen. Auf dem Abhange der Untiefen,
the edge of the banks, durch Stoß ansteigend mischen sich die untern kältern
Wasserschichten mit den obern wärmern. So verräth dem Schiffer auf 4-5
Meilen Entfernung plötzliche Meereskälte die herannahende Gefahr. Durch
ihre Temperatur wirken die Untiefen auf die darüberstehende Luft, in
der sie Nebel und weit gesehen, Gruppen von Wolken erzeugen.

Wie die Strömungen des Luftmeeres durch die veränderte Stellung der
Sonne und die Richtungen der Bergketten, an deren Abhange sie herabglei-
ten, vielfach modificirt werden, so führen auch die Strömungen des tropf-
baren Oceans die wärmern Wasser niedriger Breitengrade in die
temperirte Zone. Ich eriñere hier nur an den Golfstrom, der die von
den Passatwinden immer gleichförmig bewegten Wasser des atlantischen
Meeres gegen den vorstehenden Dam̃ der Landenge von Nicaragua
treibt, sich gegen Guatimala und Yucatan nördlich wendend, in dem
Meerbusen von Mexico wirbelnd umhertreibt, durch den Canal von
Bahama ausfließt, als ein Strom warmen Wassers sich nordöstlich
erst gegen die Bank von New Foundland, dañ südöstlich gegen die
Gruppe der Azoren sich hin bewegt und vom Nordwinde begünstigt,
Palmenfrüchte der Antillen, ja selbst lebendige Eskimo’s aus Ostgrön-
land mit ihren ledernen Boten nach Irland oder auch nach den He-
briden führt. – Diese erwärmten Aequatorialwasser erkälten so lang-
sam, daß noch in der Nähe von New Foundland der Strom durch eine
3 bis 4° höhere Temperatur sich auszeichnet und daß selbst fliegende
Fische, die nur in wärmeren Zonen existiren, mit dem gewärmten
Gewässer heraufkom̃en.

Wie nun hier vom Süden her Wasser vom atlantischen Ocean,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="session" n="7">
        <p><pb facs="#f0061" n="57"/>
zuerst gelehrt hat, früher durch das Thermometer, als durch das Senkblei erkan&#x0303;t.<lb/>
Es sind submarine Inseltheile des Meerbodens, welche die elastischen Kräfte<lb/>
nicht über den Meeresspiegel erheben kön&#x0303;en. Auf dem Abhange der Untiefen,<lb/><hi rendition="#aq">the edge of the banks</hi>, durch Stoß ansteigend mischen sich die untern kältern<lb/>
Wasserschichten mit den obern wärmern. So verräth dem Schiffer auf 4-5<lb/>
Meilen Entfernung plötzliche Meereskälte die herannahende Gefahr. Durch<lb/>
ihre Temperatur wirken die Untiefen auf die darüberstehende Luft, in<lb/>
der sie Nebel und weit gesehen, Gruppen von Wolken erzeugen.</p><lb/>
        <p>Wie die Strömungen des Luftmeeres durch die veränderte Stellung der<lb/>
Sonne und die Richtungen der Bergketten, an deren Abhange sie herabglei-<lb/>
ten, vielfach modificirt werden, so führen auch die <hi rendition="#u">Strömungen des tropf-<lb/>
baren Oceans</hi> die wärmern Wasser niedriger Breitengrade in die<lb/>
temperirte Zone. Ich erin&#x0303;ere hier nur an den Golfstrom, der die von<lb/>
den Passatwinden immer gleichförmig bewegten Wasser des atlantischen<lb/>
Meeres gegen den vorstehenden Dam&#x0303; der Landenge von <hi rendition="#aq">Nicaragua</hi><lb/>
treibt, sich gegen <hi rendition="#aq">Guatimala</hi> <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> <hi rendition="#aq">Yucatan</hi> nördlich wendend, in dem<lb/>
Meerbusen von <hi rendition="#aq">Mexico</hi> wirbelnd umhertreibt, durch den <hi rendition="#aq">Canal von<lb/>
Bahama</hi> ausfließt, als ein Strom warmen Wassers sich nordöstlich<lb/>
erst gegen die Bank von <hi rendition="#aq">New Foundland</hi>, dan&#x0303; südöstlich gegen die<lb/>
Gruppe der Azoren sich hin bewegt und vom Nordwinde begünstigt,<lb/>
Palmenfrüchte der Antillen, ja selbst lebendige <hi rendition="#aq">Eskimo&#x2019;s</hi> aus Ostgrön-<lb/>
land mit ihren ledernen Boten nach Irland oder auch nach den He-<lb/>
briden führt. &#x2013; Diese erwärmten Aequatorialwasser erkälten so lang-<lb/>
sam, daß noch in der Nähe von <hi rendition="#aq">New Foundland</hi> der Strom durch eine<lb/>
3 bis 4° höhere Temperatur sich auszeichnet und daß selbst fliegende<lb/>
Fische, die nur in wärmeren Zonen existiren, mit dem gewärmten<lb/>
Gewässer heraufkom&#x0303;en.</p><lb/>
        <p>Wie nun hier vom Süden her Wasser vom atlantischen Ocean,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[57/0061] zuerst gelehrt hat, früher durch das Thermometer, als durch das Senkblei erkañt. Es sind submarine Inseltheile des Meerbodens, welche die elastischen Kräfte nicht über den Meeresspiegel erheben köñen. Auf dem Abhange der Untiefen, the edge of the banks, durch Stoß ansteigend mischen sich die untern kältern Wasserschichten mit den obern wärmern. So verräth dem Schiffer auf 4-5 Meilen Entfernung plötzliche Meereskälte die herannahende Gefahr. Durch ihre Temperatur wirken die Untiefen auf die darüberstehende Luft, in der sie Nebel und weit gesehen, Gruppen von Wolken erzeugen. Wie die Strömungen des Luftmeeres durch die veränderte Stellung der Sonne und die Richtungen der Bergketten, an deren Abhange sie herabglei- ten, vielfach modificirt werden, so führen auch die Strömungen des tropf- baren Oceans die wärmern Wasser niedriger Breitengrade in die temperirte Zone. Ich eriñere hier nur an den Golfstrom, der die von den Passatwinden immer gleichförmig bewegten Wasser des atlantischen Meeres gegen den vorstehenden Dam̃ der Landenge von Nicaragua treibt, sich gegen Guatimala u Yucatan nördlich wendend, in dem Meerbusen von Mexico wirbelnd umhertreibt, durch den Canal von Bahama ausfließt, als ein Strom warmen Wassers sich nordöstlich erst gegen die Bank von New Foundland, dañ südöstlich gegen die Gruppe der Azoren sich hin bewegt und vom Nordwinde begünstigt, Palmenfrüchte der Antillen, ja selbst lebendige Eskimo’s aus Ostgrön- land mit ihren ledernen Boten nach Irland oder auch nach den He- briden führt. – Diese erwärmten Aequatorialwasser erkälten so lang- sam, daß noch in der Nähe von New Foundland der Strom durch eine 3 bis 4° höhere Temperatur sich auszeichnet und daß selbst fliegende Fische, die nur in wärmeren Zonen existiren, mit dem gewärmten Gewässer heraufkom̃en. Wie nun hier vom Süden her Wasser vom atlantischen Ocean,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Tina Krell, Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Humboldt-Universität zu Berlin: Projektträger
Hidden Kosmos: Reconstructing A. v. Humboldt’s »Kosmos-Lectures« (Leitung Prof. Dr. Christian Kassung): Projekt
A. M. Celâl Şengör: Besitz
Nalan Lom: Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription von [N. N.]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1827/28] anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • I/J: Lautwert transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_privatbesitz_1829
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_privatbesitz_1829/61
Zitationshilfe: Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_privatbesitz_1829/61>, abgerufen am 05.05.2024.