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Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

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Reputation oder sein Beutel in Gefahr
kommt, wenn er etwas zur Erhaltung
seines Kranken wagt, und er wird zu-
verlässig lieber den Kranken sterben las-
sen, als seine Reputation verlieren.
Eben so gewiss werden ihn die Kranken
nur in dem Verhältniss interessiren, als
sie vornehm oder reich sind.

9. Der beste Arzt ist der, der zu-
gleich Freund ist. Gegen ihn ist es am
leichtesten vertraulich und offenherzig
zu seyn. Er kennt und beobachtet uns
auch in gesunden Tagen, welches zur
richtigen Behandlung in kranken unge-
mein viel beyträgt. Er nimmt endlich
innigen Antheil an unserm Zustand, und
wird mit ungleich höherer Thätigkeit
und Aufopferung an Verbesserung dessel-
ben arbeiten, als der, der blos kalter
Arzt ist. Man thue also alles, ein sol-
ches zartes auf Freundschaftsgefühl be-
ruhendes Band zwischen sich und dem
Arzte zu knüpfen und zu erhalten, und
störe es ja nicht durch Mishandlung,
Mistrauen, Härte, Stolz und andre Aeus-

Reputation oder ſein Beutel in Gefahr
kommt, wenn er etwas zur Erhaltung
ſeines Kranken wagt, und er wird zu-
verläſſig lieber den Kranken ſterben laſ-
ſen, als ſeine Reputation verlieren.
Eben ſo gewiſs werden ihn die Kranken
nur in dem Verhältniſs intereſſiren, als
ſie vornehm oder reich ſind.

9. Der beſte Arzt iſt der, der zu-
gleich Freund iſt. Gegen ihn iſt es am
leichteſten vertraulich und offenherzig
zu ſeyn. Er kennt und beobachtet uns
auch in geſunden Tagen, welches zur
richtigen Behandlung in kranken unge-
mein viel beyträgt. Er nimmt endlich
innigen Antheil an unſerm Zuſtand, und
wird mit ungleich höherer Thätigkeit
und Aufopferung an Verbeſſerung deſſel-
ben arbeiten, als der, der blos kalter
Arzt iſt. Man thue alſo alles, ein ſol-
ches zartes auf Freundſchaftsgefühl be-
ruhendes Band zwiſchen ſich und dem
Arzte zu knüpfen und zu erhalten, und
ſtöre es ja nicht durch Mishandlung,
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[662/0690] Reputation oder ſein Beutel in Gefahr kommt, wenn er etwas zur Erhaltung ſeines Kranken wagt, und er wird zu- verläſſig lieber den Kranken ſterben laſ- ſen, als ſeine Reputation verlieren. Eben ſo gewiſs werden ihn die Kranken nur in dem Verhältniſs intereſſiren, als ſie vornehm oder reich ſind. 9. Der beſte Arzt iſt der, der zu- gleich Freund iſt. Gegen ihn iſt es am leichteſten vertraulich und offenherzig zu ſeyn. Er kennt und beobachtet uns auch in geſunden Tagen, welches zur richtigen Behandlung in kranken unge- mein viel beyträgt. Er nimmt endlich innigen Antheil an unſerm Zuſtand, und wird mit ungleich höherer Thätigkeit und Aufopferung an Verbeſſerung deſſel- ben arbeiten, als der, der blos kalter Arzt iſt. Man thue alſo alles, ein ſol- ches zartes auf Freundſchaftsgefühl be- ruhendes Band zwiſchen ſich und dem Arzte zu knüpfen und zu erhalten, und ſtöre es ja nicht durch Mishandlung, Mistrauen, Härte, Stolz und andre Aeuſ-

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Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 662. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/690>, abgerufen am 22.11.2024.