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Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

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kaum der Zukunft entrann, als ihn auch
schon die Vergangenheit verschlingt.
Ihr seyd die einzigen Stützen des Wan-
kenden, die grösste Erquickung des
müden Wanderers; wer euch auch nicht
als höhere Tugenden verehrt, der muss
euch doch als unentbehrliche Bedürfnisse
dieses Erdenlebens umfassen, und aus
Liebe zu sich selbst in euch stark
zu werden suchen, wenn ers nicht
aus Liebe zum Unsichtbaren thut. --
In dieser Absicht kann man sagen,
dass selbst die Religion ein Mittel
zur Verlängerung des Lebens werden
kann. Je mehr sie Bekämpfung der Lei-
denschaften, Selbstverleugnung und
innre Seelenruhe geben und jene stär-
kenden Wahrheiten lebendig machen
kann, desto mehr ist sie Lebensverlän-
gernd.

Auch Freude ist eine der grössten
Lebenspanaceen. Man glaube doch
nicht, dass immer ganz ausgesuchte Ge-
legenheiten und Glückszufälle dazu nö-
thig wären, sie zu erwecken; durch die

kaum der Zukunft entrann, als ihn auch
ſchon die Vergangenheit verſchlingt.
Ihr ſeyd die einzigen Stützen des Wan-
kenden, die gröſste Erquickung des
müden Wanderers; wer euch auch nicht
als höhere Tugenden verehrt, der muſs
euch doch als unentbehrliche Bedürfniſſe
dieſes Erdenlebens umfaſſen, und aus
Liebe zu ſich ſelbſt in euch ſtark
zu werden ſuchen, wenn ers nicht
aus Liebe zum Unſichtbaren thut. —
In dieſer Abſicht kann man ſagen,
daſs ſelbſt die Religion ein Mittel
zur Verlängerung des Lebens werden
kann. Je mehr ſie Bekämpfung der Lei-
denſchaften, Selbſtverleugnung und
innre Seelenruhe geben und jene ſtär-
kenden Wahrheiten lebendig machen
kann, deſto mehr iſt ſie Lebensverlän-
gernd.

Auch Freude iſt eine der gröſsten
Lebenspanaceen. Man glaube doch
nicht, daſs immer ganz ausgeſuchte Ge-
legenheiten und Glückszufälle dazu nö-
thig wären, ſie zu erwecken; durch die

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[620/0648] kaum der Zukunft entrann, als ihn auch ſchon die Vergangenheit verſchlingt. Ihr ſeyd die einzigen Stützen des Wan- kenden, die gröſste Erquickung des müden Wanderers; wer euch auch nicht als höhere Tugenden verehrt, der muſs euch doch als unentbehrliche Bedürfniſſe dieſes Erdenlebens umfaſſen, und aus Liebe zu ſich ſelbſt in euch ſtark zu werden ſuchen, wenn ers nicht aus Liebe zum Unſichtbaren thut. — In dieſer Abſicht kann man ſagen, daſs ſelbſt die Religion ein Mittel zur Verlängerung des Lebens werden kann. Je mehr ſie Bekämpfung der Lei- denſchaften, Selbſtverleugnung und innre Seelenruhe geben und jene ſtär- kenden Wahrheiten lebendig machen kann, deſto mehr iſt ſie Lebensverlän- gernd. Auch Freude iſt eine der gröſsten Lebenspanaceen. Man glaube doch nicht, daſs immer ganz ausgeſuchte Ge- legenheiten und Glückszufälle dazu nö- thig wären, ſie zu erwecken; durch die

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Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 620. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/648>, abgerufen am 22.11.2024.