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Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

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tet und verdirbt die Menschensaat
schon im Werden und wirkt also
selbst auf die künftige Generation,
schleicht sich selbst in die Zirkel stiller
häuslicher Glückseligkeit ein, trennt
Kinder von Eltern, Gatten von Gatten,
und löset die heiligsten Bande der
Menschheit. Dazu kommt noch, dass
es zu den schleichenden Giften gehört,
und sich gar nicht immer gleich
durch heftige und Aufmerksamkeit erre-
gende Zufälle verräth. Man kann schon
völlig vergiftet seyn, ohne es selbst zu
wissen, woher die üble Folge entsteht,
dass man es gewöhnlich erst recht allge-
mein und tief einwurzeln lässt, ehe man
die nöthigen Mittel dagegen anwendet,
und auch wohl noch andere vergiftet,
ohne es zu wollen oder zu wissen. Eben
deswegen kann man auch oft nicht ein-
mal ganz gewiss seyn, ob man völlig
hergestellt ist oder nicht, und muss oft
sein ganzes Leben in dieser tödlichen
Ungewissheit zubringen. Und ist es
denn zu seiner ganzen Höhe gelangt,

tet und verdirbt die Menſchenſaat
ſchon im Werden und wirkt alſo
ſelbſt auf die künftige Generation,
ſchleicht ſich ſelbſt in die Zirkel ſtiller
häuslicher Glückſeligkeit ein, trennt
Kinder von Eltern, Gatten von Gatten,
und löſet die heiligſten Bande der
Menſchheit. Dazu kommt noch, daſs
es zu den ſchleichenden Giften gehört,
und ſich gar nicht immer gleich
durch heftige und Aufmerkſamkeit erre-
gende Zufälle verräth. Man kann ſchon
völlig vergiftet ſeyn, ohne es ſelbſt zu
wiſſen, woher die üble Folge entſteht,
daſs man es gewöhnlich erſt recht allge-
mein und tief einwurzeln läſst, ehe man
die nöthigen Mittel dagegen anwendet,
und auch wohl noch andere vergiftet,
ohne es zu wollen oder zu wiſſen. Eben
deswegen kann man auch oft nicht ein-
mal ganz gewiſs ſeyn, ob man völlig
hergeſtellt iſt oder nicht, und muſs oft
ſein ganzes Leben in dieſer tödlichen
Ungewiſsheit zubringen. Und iſt es
denn zu ſeiner ganzen Höhe gelangt,

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[437/0465] tet und verdirbt die Menſchenſaat ſchon im Werden und wirkt alſo ſelbſt auf die künftige Generation, ſchleicht ſich ſelbſt in die Zirkel ſtiller häuslicher Glückſeligkeit ein, trennt Kinder von Eltern, Gatten von Gatten, und löſet die heiligſten Bande der Menſchheit. Dazu kommt noch, daſs es zu den ſchleichenden Giften gehört, und ſich gar nicht immer gleich durch heftige und Aufmerkſamkeit erre- gende Zufälle verräth. Man kann ſchon völlig vergiftet ſeyn, ohne es ſelbſt zu wiſſen, woher die üble Folge entſteht, daſs man es gewöhnlich erſt recht allge- mein und tief einwurzeln läſst, ehe man die nöthigen Mittel dagegen anwendet, und auch wohl noch andere vergiftet, ohne es zu wollen oder zu wiſſen. Eben deswegen kann man auch oft nicht ein- mal ganz gewiſs ſeyn, ob man völlig hergeſtellt iſt oder nicht, und muſs oft ſein ganzes Leben in dieſer tödlichen Ungewiſsheit zubringen. Und iſt es denn zu ſeiner ganzen Höhe gelangt,

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Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/465>, abgerufen am 22.11.2024.