dass das Wort "Post" (welches eine ursprüngliche und eine abgeleitete Bedeutung hat), auch schon im 15. Jahrhundert gebraucht wird, aber gewöhnlich im Plural: "les postes" d. h. positae stationes, die Relaisstationen mit unterlegten Pferden, welche lediglich die Raschheit der Beförderung sichern. Erst zu Anfang des 16. Jahrhunderts kommen die Momente, welche die Regelmässigkeit der Transportleistung einleiten, auf, und damit auch die übertragene Bedeutung des Wortes "Post", im Sinne einer gemeinschaftlichen Organi- sation, (welche das Volk und die ganze Welt mit einem geistigen Bande umschlingt).
Nun hat der Tropus, wie auf allen Gebieten der Na- tionalökonomie, so besonders auch auf diesem eine grosse Verwirrung angestiftet. Der moderne Begriff der "Post" wurde fast von allen neueren Schriftstellern missverständlich oder missbräuchlich auf das erste Stadium (der blossen Entwicklung der Raschheit) übertragen, in dem von einer Organisation noch keine Rede sein kann, und demgemäss der Relaisdienst des Altertums und des Mittelalters als ein solcher von höchstmöglicher Vollkommenheit angenommen und ausgemalt, während er, wie naturgemäss, nur ein pri- mitives Verkehrs-Instrument sein konnte. Da nun jede Zeit nur dasjenige Instrument gebraucht, für das sie die nötige Geschicklichkeit besitzt, demgemäss die Zeit, die sich schon auf ein so feines Instrument, wie unsere moderne Post ist, -- angeblich -- verstanden hat, im Verkehr sehr weit vor- angeschritten sein muss, so ist es zunächst für das Wesen der Verkehrsorganisation, dann aber auch für die Kultur- geschichte im allgemeinen von Bedeutung, den Zeitpunkt festzustellen, in welchem die moderne Postorganisation, wenn auch erst im Embryo, zu Tage tritt.
Als dieser Zeitpunkt kann erst das 15. Jahrhundert angenommen werden. Die Anfänge dieser Organisation zeigen sich zuerst in Spanien und in Italien, dann Ende des
dass das Wort »Post« (welches eine ursprüngliche und eine abgeleitete Bedeutung hat), auch schon im 15. Jahrhundert gebraucht wird, aber gewöhnlich im Plural: »les postes« d. h. positae stationes, die Relaisstationen mit unterlegten Pferden, welche lediglich die Raschheit der Beförderung sichern. Erst zu Anfang des 16. Jahrhunderts kommen die Momente, welche die Regelmässigkeit der Transportleistung einleiten, auf, und damit auch die übertragene Bedeutung des Wortes »Post«, im Sinne einer gemeinschaftlichen Organi- sation, (welche das Volk und die ganze Welt mit einem geistigen Bande umschlingt).
Nun hat der Tropus, wie auf allen Gebieten der Na- tionalökonomie, so besonders auch auf diesem eine grosse Verwirrung angestiftet. Der moderne Begriff der »Post« wurde fast von allen neueren Schriftstellern missverständlich oder missbräuchlich auf das erste Stadium (der blossen Entwicklung der Raschheit) übertragen, in dem von einer Organisation noch keine Rede sein kann, und demgemäss der Relaisdienst des Altertums und des Mittelalters als ein solcher von höchstmöglicher Vollkommenheit angenommen und ausgemalt, während er, wie naturgemäss, nur ein pri- mitives Verkehrs-Instrument sein konnte. Da nun jede Zeit nur dasjenige Instrument gebraucht, für das sie die nötige Geschicklichkeit besitzt, demgemäss die Zeit, die sich schon auf ein so feines Instrument, wie unsere moderne Post ist, — angeblich — verstanden hat, im Verkehr sehr weit vor- angeschritten sein muss, so ist es zunächst für das Wesen der Verkehrsorganisation, dann aber auch für die Kultur- geschichte im allgemeinen von Bedeutung, den Zeitpunkt festzustellen, in welchem die moderne Postorganisation, wenn auch erst im Embryo, zu Tage tritt.
Als dieser Zeitpunkt kann erst das 15. Jahrhundert angenommen werden. Die Anfänge dieser Organisation zeigen sich zuerst in Spanien und in Italien, dann Ende des
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0098"n="82"/>
dass das Wort »Post« (welches eine ursprüngliche und eine<lb/>
abgeleitete Bedeutung hat), auch schon im 15. Jahrhundert<lb/>
gebraucht wird, aber gewöhnlich im Plural: »les postes«<lb/>
d. h. positae stationes, die Relaisstationen mit unterlegten<lb/>
Pferden, welche lediglich die Raschheit der Beförderung<lb/>
sichern. Erst zu Anfang des 16. Jahrhunderts kommen die<lb/>
Momente, welche die Regelmässigkeit der Transportleistung<lb/>
einleiten, auf, und damit auch die übertragene Bedeutung des<lb/>
Wortes »Post«, im Sinne einer gemeinschaftlichen Organi-<lb/>
sation, (welche das Volk und die ganze Welt mit einem<lb/>
geistigen Bande umschlingt).</p><lb/><p>Nun hat der Tropus, wie auf allen Gebieten der Na-<lb/>
tionalökonomie, so besonders auch auf diesem eine grosse<lb/>
Verwirrung angestiftet. Der moderne Begriff der »Post«<lb/>
wurde fast von allen neueren Schriftstellern missverständlich<lb/>
oder missbräuchlich auf das erste Stadium (der blossen<lb/>
Entwicklung der Raschheit) übertragen, in dem von einer<lb/>
Organisation noch keine Rede sein kann, und demgemäss<lb/>
der Relaisdienst des Altertums und des Mittelalters als ein<lb/>
solcher von höchstmöglicher Vollkommenheit angenommen<lb/>
und ausgemalt, während er, wie naturgemäss, nur ein pri-<lb/>
mitives Verkehrs-Instrument sein konnte. Da nun jede Zeit<lb/>
nur dasjenige Instrument gebraucht, für das sie die nötige<lb/>
Geschicklichkeit besitzt, demgemäss die Zeit, die sich schon<lb/>
auf ein so feines Instrument, wie unsere moderne Post ist,<lb/>— angeblich — verstanden hat, im Verkehr sehr weit vor-<lb/>
angeschritten sein muss, so ist es zunächst für das Wesen<lb/>
der Verkehrsorganisation, dann aber auch für die Kultur-<lb/>
geschichte im allgemeinen von Bedeutung, den Zeitpunkt<lb/>
festzustellen, in welchem die moderne Postorganisation, wenn<lb/>
auch erst im Embryo, zu Tage tritt.</p><lb/><p>Als dieser Zeitpunkt kann erst das 15. Jahrhundert<lb/>
angenommen werden. Die Anfänge dieser Organisation<lb/>
zeigen sich zuerst in Spanien und in Italien, dann Ende des<lb/></p></div></body></text></TEI>
[82/0098]
dass das Wort »Post« (welches eine ursprüngliche und eine
abgeleitete Bedeutung hat), auch schon im 15. Jahrhundert
gebraucht wird, aber gewöhnlich im Plural: »les postes«
d. h. positae stationes, die Relaisstationen mit unterlegten
Pferden, welche lediglich die Raschheit der Beförderung
sichern. Erst zu Anfang des 16. Jahrhunderts kommen die
Momente, welche die Regelmässigkeit der Transportleistung
einleiten, auf, und damit auch die übertragene Bedeutung des
Wortes »Post«, im Sinne einer gemeinschaftlichen Organi-
sation, (welche das Volk und die ganze Welt mit einem
geistigen Bande umschlingt).
Nun hat der Tropus, wie auf allen Gebieten der Na-
tionalökonomie, so besonders auch auf diesem eine grosse
Verwirrung angestiftet. Der moderne Begriff der »Post«
wurde fast von allen neueren Schriftstellern missverständlich
oder missbräuchlich auf das erste Stadium (der blossen
Entwicklung der Raschheit) übertragen, in dem von einer
Organisation noch keine Rede sein kann, und demgemäss
der Relaisdienst des Altertums und des Mittelalters als ein
solcher von höchstmöglicher Vollkommenheit angenommen
und ausgemalt, während er, wie naturgemäss, nur ein pri-
mitives Verkehrs-Instrument sein konnte. Da nun jede Zeit
nur dasjenige Instrument gebraucht, für das sie die nötige
Geschicklichkeit besitzt, demgemäss die Zeit, die sich schon
auf ein so feines Instrument, wie unsere moderne Post ist,
— angeblich — verstanden hat, im Verkehr sehr weit vor-
angeschritten sein muss, so ist es zunächst für das Wesen
der Verkehrsorganisation, dann aber auch für die Kultur-
geschichte im allgemeinen von Bedeutung, den Zeitpunkt
festzustellen, in welchem die moderne Postorganisation, wenn
auch erst im Embryo, zu Tage tritt.
Als dieser Zeitpunkt kann erst das 15. Jahrhundert
angenommen werden. Die Anfänge dieser Organisation
zeigen sich zuerst in Spanien und in Italien, dann Ende des
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/98>, abgerufen am 30.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.