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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

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erst nach 1595 nachgewiesen werden 1), der vorherige Betrieb,
wie er 1595 monopolisiert wurde, umfasste lediglich 1) die direkte
Weltroute Brüssel-Mantua, nicht ein von dieser Haupt-Arterie
abzweigendes und sich verästelndes Netz von Botenzügen und
2) lediglich die transitierenden Ausland-Briefe, nicht auch die
Unterwegspost. Das geht auch aus dem ebenerwähnten Fugger'-
schen Gutachten (S. 14) hervor, das lediglich die Abtrennung
dieser Transitroute von der niederländischen Post und die Zu-
weisung des von Cöln ab anfallenden Portos an den kaiserlichen
Generalpostmeister behandelt.

Den letzten Zweifel endlich über die Rechtsauffassung
jener Zeit oder über das, was die verschiedenen Patente und
Erklärungen wirklich gewollt haben, benimmt ein Blick auf die
analoge Entwicklung anderer gleichzeitiger Transitposten.
Beispiele hiefür bietet die Geschichte der Post der Republik
Venedig nach Rom und deren Verhältnis zu der päpstlichen
Post, die der Hansapost Mecklenburg gegenüber, die der Dan-
ziger Botenanstalt gegenüber dem Kurfürstentum Brandenburg,
die im 18. Jhh. nach Dresden eingerichtete preussische Post
u. s. f. Alle diese Botenanstalten sind von dem betreffenden

1) Wie die Boten der meisten Handelsstädte, so bezogen auch die
Taxis ein fixes Aversum; die Mitnahme von Privatbriefen war, wie wir oben
dargelegt haben, nur ein geduldeter Neben-Erwerb "zur Verbesserung ihres
Einkommens", wie es in der Breslauer Botenordnung heisst. Einige ver-
legen allerdings die Fixierung von Kurs und Porto auf einen früheren Zeit-
punkt. So geht z. B. Dr. Ennen davon aus, dass die Taxis'sche Post,
frühzeitig, (dem Ansuchen der Antwerpener Kaufleute entsprechend) die für
Deutschland, Frankreich und Spanien bestimmte Handelskorrespondenz gegen
eine genau tarifierte Beförderungsgebühr zur Besorgung angenommen und
für die Sammlung dieser Korrespondenz Kontore errichtet habe, ("Zeitschrift
f. Deutsche Kulturgeschichte", N. F. II. 1873, S. 434--445). J. H. Cremer
("De cursu publico", Amsterdam 1837, S. 142) und Cubieres-Palmeze-
aux ("Chamousset ou la poste aux lettres", Paris 1816, S. 24) nehmen als
Zeitpunkt für diese Neuerung das Jahr 1559 an: in diesem Jahre nämlich
habe Philipp II. den bisherigen Monatsgehalt für die Taxis gestrichen, wor-
aus hervorgehe, dass damals die sonstigen Einnahmen aus dem Betrieb
namhaft erhöht worden seien. Indes sind beide Hypothesen zu wenig sub-
stanziiert; dass wenigstens vor 1542 diese Organisierung nicht erfolgt ist,
geht aus dem obenerwähnten Missglücken des Cölnischen Projekts hervor;
auch für das Jahr 1559 kann Cubieres keine näheren Belege beibringen.

erst nach 1595 nachgewiesen werden 1), der vorherige Betrieb,
wie er 1595 monopolisiert wurde, umfasste lediglich 1) die direkte
Weltroute Brüssel-Mantua, nicht ein von dieser Haupt-Arterie
abzweigendes und sich verästelndes Netz von Botenzügen und
2) lediglich die transitierenden Ausland-Briefe, nicht auch die
Unterwegspost. Das geht auch aus dem ebenerwähnten Fugger’-
schen Gutachten (S. 14) hervor, das lediglich die Abtrennung
dieser Transitroute von der niederländischen Post und die Zu-
weisung des von Cöln ab anfallenden Portos an den kaiserlichen
Generalpostmeister behandelt.

Den letzten Zweifel endlich über die Rechtsauffassung
jener Zeit oder über das, was die verschiedenen Patente und
Erklärungen wirklich gewollt haben, benimmt ein Blick auf die
analoge Entwicklung anderer gleichzeitiger Transitposten.
Beispiele hiefür bietet die Geschichte der Post der Republik
Venedig nach Rom und deren Verhältnis zu der päpstlichen
Post, die der Hansapost Mecklenburg gegenüber, die der Dan-
ziger Botenanstalt gegenüber dem Kurfürstentum Brandenburg,
die im 18. Jhh. nach Dresden eingerichtete preussische Post
u. s. f. Alle diese Botenanstalten sind von dem betreffenden

1) Wie die Boten der meisten Handelsstädte, so bezogen auch die
Taxis ein fixes Aversum; die Mitnahme von Privatbriefen war, wie wir oben
dargelegt haben, nur ein geduldeter Neben-Erwerb »zur Verbesserung ihres
Einkommens«, wie es in der Breslauer Botenordnung heisst. Einige ver-
legen allerdings die Fixierung von Kurs und Porto auf einen früheren Zeit-
punkt. So geht z. B. Dr. Ennen davon aus, dass die Taxis’sche Post,
frühzeitig, (dem Ansuchen der Antwerpener Kaufleute entsprechend) die für
Deutschland, Frankreich und Spanien bestimmte Handelskorrespondenz gegen
eine genau tarifierte Beförderungsgebühr zur Besorgung angenommen und
für die Sammlung dieser Korrespondenz Kontore errichtet habe, (»Zeitschrift
f. Deutsche Kulturgeschichte«, N. F. II. 1873, S. 434—445). J. H. Cremer
(»De cursu publico«, Amsterdam 1837, S. 142) und Cubières-Palméze-
aux (»Chamousset ou la poste aux lettres«, Paris 1816, S. 24) nehmen als
Zeitpunkt für diese Neuerung das Jahr 1559 an: in diesem Jahre nämlich
habe Philipp II. den bisherigen Monatsgehalt für die Taxis gestrichen, wor-
aus hervorgehe, dass damals die sonstigen Einnahmen aus dem Betrieb
namhaft erhöht worden seien. Indes sind beide Hypothesen zu wenig sub-
stanziiert; dass wenigstens vor 1542 diese Organisierung nicht erfolgt ist,
geht aus dem obenerwähnten Missglücken des Cölnischen Projekts hervor;
auch für das Jahr 1559 kann Cubières keine näheren Belege beibringen.
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[210/0226] erst nach 1595 nachgewiesen werden 1), der vorherige Betrieb, wie er 1595 monopolisiert wurde, umfasste lediglich 1) die direkte Weltroute Brüssel-Mantua, nicht ein von dieser Haupt-Arterie abzweigendes und sich verästelndes Netz von Botenzügen und 2) lediglich die transitierenden Ausland-Briefe, nicht auch die Unterwegspost. Das geht auch aus dem ebenerwähnten Fugger’- schen Gutachten (S. 14) hervor, das lediglich die Abtrennung dieser Transitroute von der niederländischen Post und die Zu- weisung des von Cöln ab anfallenden Portos an den kaiserlichen Generalpostmeister behandelt. Den letzten Zweifel endlich über die Rechtsauffassung jener Zeit oder über das, was die verschiedenen Patente und Erklärungen wirklich gewollt haben, benimmt ein Blick auf die analoge Entwicklung anderer gleichzeitiger Transitposten. Beispiele hiefür bietet die Geschichte der Post der Republik Venedig nach Rom und deren Verhältnis zu der päpstlichen Post, die der Hansapost Mecklenburg gegenüber, die der Dan- ziger Botenanstalt gegenüber dem Kurfürstentum Brandenburg, die im 18. Jhh. nach Dresden eingerichtete preussische Post u. s. f. Alle diese Botenanstalten sind von dem betreffenden 1) Wie die Boten der meisten Handelsstädte, so bezogen auch die Taxis ein fixes Aversum; die Mitnahme von Privatbriefen war, wie wir oben dargelegt haben, nur ein geduldeter Neben-Erwerb »zur Verbesserung ihres Einkommens«, wie es in der Breslauer Botenordnung heisst. Einige ver- legen allerdings die Fixierung von Kurs und Porto auf einen früheren Zeit- punkt. So geht z. B. Dr. Ennen davon aus, dass die Taxis’sche Post, frühzeitig, (dem Ansuchen der Antwerpener Kaufleute entsprechend) die für Deutschland, Frankreich und Spanien bestimmte Handelskorrespondenz gegen eine genau tarifierte Beförderungsgebühr zur Besorgung angenommen und für die Sammlung dieser Korrespondenz Kontore errichtet habe, (»Zeitschrift f. Deutsche Kulturgeschichte«, N. F. II. 1873, S. 434—445). J. H. Cremer (»De cursu publico«, Amsterdam 1837, S. 142) und Cubières-Palméze- aux (»Chamousset ou la poste aux lettres«, Paris 1816, S. 24) nehmen als Zeitpunkt für diese Neuerung das Jahr 1559 an: in diesem Jahre nämlich habe Philipp II. den bisherigen Monatsgehalt für die Taxis gestrichen, wor- aus hervorgehe, dass damals die sonstigen Einnahmen aus dem Betrieb namhaft erhöht worden seien. Indes sind beide Hypothesen zu wenig sub- stanziiert; dass wenigstens vor 1542 diese Organisierung nicht erfolgt ist, geht aus dem obenerwähnten Missglücken des Cölnischen Projekts hervor; auch für das Jahr 1559 kann Cubières keine näheren Belege beibringen.

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/226>, abgerufen am 22.11.2024.