Kurfürsten, später auch auf die übrigen Territorialherrn über- gegangen: "nicht Wiederherstellung des römischen Postservituts, sondern förmlichen Verzicht der Könige auf diese prätendierten Gerechtsame der alten Imperatoren verlangten die geistlichen und weltlichen Vasallen je für ihre Person und ihre Gebiete" (s. Ockel c. Hörnigk: "den italienischen Skribenten ist wenig zu trauen; die Gerechtsame der deutschen Fürsten und Stände liessen sich mit dem lateinischen Rechte nicht vergleichen"; Beust cit. II. S. 453). Dieselbe Exemtion, auf welche der Kaiser für seine Erblande vorsorglich in den Bestallungsbriefen hinwies -- "doch uns der Posten halber, so wir selbst besolden und unterhalten, unvorgrifflich" (Bestallung von 1563, ähnlich 1615) -- dieselbe Exemtion stand sämtlichen Reichsständen mit gleichem Rechte zu, und wurde auch von ihnen bei jeder Gelegenheit geltend gemacht.
Allerdings bekommt das Patent Karls V. in seiner Bestä- tigung durch Ferdinand I. im Jahre 1563 schon eine aggressivere Form dadurch, dass sich dieselbe nicht mehr bloss an die Kaiserl. Beamten und Unterthanen, sondern auch an die Kur- fürsten und Reichsstände wendet; es könnte sich fragen, ob nicht diese Bestätigung des deutschen Kaisers wenigstens eine staatsrechtliche Dienstbarkeit geschaffen hat. Aber wenn der deutsche Kaiser Ferdinand ein bisher unbestritten spanisch- niederländisches Amt zu einem Reichsamt hätte erheben wollen, so hätte er dies auch irgendwie zum Ausdruck bringen müssen, und sich nicht auf den gleichen Wortlaut des von Karl V. aus- gestellten Patents beschränken können. Die darin gebrauchte diplomatische Redewendung, die Reichsstände möchten dem Leonhard von Taxis alle die Dienste und Hilfeleistungen ge- währen, welche schon Karl V. angeordnet hat, und (wie Beust, II. T. S. 944 mit Recht hervorhebt), auch der Wort- laut des Bestallungsbriefs von 1563 ("den Reichsposten so gemelter König Philipp I. allein besoldet") beweist, dass die Taxis'sche Post damals nur eine spanisch-niederländische ge- wesen, und also dieses Generalpostmeisteramt auch nur so weit zu verstehen ist.
Bleibt noch das Ersuchen der Kurfürsten von 1570. Aller-
Kurfürsten, später auch auf die übrigen Territorialherrn über- gegangen: »nicht Wiederherstellung des römischen Postservituts, sondern förmlichen Verzicht der Könige auf diese prätendierten Gerechtsame der alten Imperatoren verlangten die geistlichen und weltlichen Vasallen je für ihre Person und ihre Gebiete« (s. Ockel c. Hörnigk: »den italienischen Skribenten ist wenig zu trauen; die Gerechtsame der deutschen Fürsten und Stände liessen sich mit dem lateinischen Rechte nicht vergleichen«; Beust cit. II. S. 453). Dieselbe Exemtion, auf welche der Kaiser für seine Erblande vorsorglich in den Bestallungsbriefen hinwies — »doch uns der Posten halber, so wir selbst besolden und unterhalten, unvorgrifflich« (Bestallung von 1563, ähnlich 1615) — dieselbe Exemtion stand sämtlichen Reichsständen mit gleichem Rechte zu, und wurde auch von ihnen bei jeder Gelegenheit geltend gemacht.
Allerdings bekommt das Patent Karls V. in seiner Bestä- tigung durch Ferdinand I. im Jahre 1563 schon eine aggressivere Form dadurch, dass sich dieselbe nicht mehr bloss an die Kaiserl. Beamten und Unterthanen, sondern auch an die Kur- fürsten und Reichsstände wendet; es könnte sich fragen, ob nicht diese Bestätigung des deutschen Kaisers wenigstens eine staatsrechtliche Dienstbarkeit geschaffen hat. Aber wenn der deutsche Kaiser Ferdinand ein bisher unbestritten spanisch- niederländisches Amt zu einem Reichsamt hätte erheben wollen, so hätte er dies auch irgendwie zum Ausdruck bringen müssen, und sich nicht auf den gleichen Wortlaut des von Karl V. aus- gestellten Patents beschränken können. Die darin gebrauchte diplomatische Redewendung, die Reichsstände möchten dem Leonhard von Taxis alle die Dienste und Hilfeleistungen ge- währen, welche schon Karl V. angeordnet hat, und (wie Beust, II. T. S. 944 mit Recht hervorhebt), auch der Wort- laut des Bestallungsbriefs von 1563 (»den Reichsposten so gemelter König Philipp I. allein besoldet«) beweist, dass die Taxis’sche Post damals nur eine spanisch-niederländische ge- wesen, und also dieses Generalpostmeisteramt auch nur so weit zu verstehen ist.
Bleibt noch das Ersuchen der Kurfürsten von 1570. Aller-
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Kurfürsten, später auch auf die übrigen Territorialherrn über-
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Gerechtsame der alten Imperatoren verlangten die geistlichen
und weltlichen Vasallen je für ihre Person und ihre Gebiete«
(s. Ockel c. Hörnigk: »den italienischen Skribenten ist wenig
zu trauen; die Gerechtsame der deutschen Fürsten und Stände
liessen sich mit dem lateinischen Rechte nicht vergleichen«;
Beust cit. II. S. 453). Dieselbe Exemtion, auf welche der
Kaiser für seine Erblande vorsorglich in den Bestallungsbriefen
hinwies — »doch uns der Posten halber, so wir selbst besolden und
unterhalten, unvorgrifflich« (Bestallung von 1563, ähnlich 1615) —
dieselbe Exemtion stand sämtlichen Reichsständen mit gleichem
Rechte zu, und wurde auch von ihnen bei jeder Gelegenheit
geltend gemacht.
Allerdings bekommt das Patent Karls V. in seiner Bestä-
tigung durch Ferdinand I. im Jahre 1563 schon eine aggressivere
Form dadurch, dass sich dieselbe nicht mehr bloss an die
Kaiserl. Beamten und Unterthanen, sondern auch an die Kur-
fürsten und Reichsstände wendet; es könnte sich fragen, ob
nicht diese Bestätigung des deutschen Kaisers wenigstens eine
staatsrechtliche Dienstbarkeit geschaffen hat. Aber wenn der
deutsche Kaiser Ferdinand ein bisher unbestritten spanisch-
niederländisches Amt zu einem Reichsamt hätte erheben wollen,
so hätte er dies auch irgendwie zum Ausdruck bringen müssen,
und sich nicht auf den gleichen Wortlaut des von Karl V. aus-
gestellten Patents beschränken können. Die darin gebrauchte
diplomatische Redewendung, die Reichsstände möchten dem
Leonhard von Taxis alle die Dienste und Hilfeleistungen ge-
währen, welche schon Karl V. angeordnet hat, und
(wie Beust, II. T. S. 944 mit Recht hervorhebt), auch der Wort-
laut des Bestallungsbriefs von 1563 (»den Reichsposten so gemelter
König Philipp I. allein besoldet«) beweist, dass die Taxis’sche
Post damals nur eine spanisch-niederländische ge-
wesen, und also dieses Generalpostmeisteramt auch nur so weit
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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/220>, abgerufen am 07.07.2024.
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