die Seiten 103--152 davon, dass dieselben eine blosse Abschrift sind: augenscheinlich lag Herba ein spanisches Original- werk vor, aus dem er die Idee der Buch-Anlage schöpfte und 65 Seiten abschrieb.
Diese Hypothese erscheint um so wahrscheinlicher, wenn man bedenkt, dass das Verbindungsglied zwischen den Itiner- arien der spätrömischen und denen der neueren Zeit gerade in Spanien zu suchen ist; so teilen z. B. spanische Urkunden noch aus den Jahren 1177, 1035, 947 und 829 über verschiedene Königsreisen ein genaues Routenverzeichnis mit ("pergit per illa vereda antiqua" heisst es u. a. in der Urkunde von 829 s. Matthias, über Posten 1832 S. 173).
Das spanische Original war, wie ich vermute, ursprünglich ein Wallfahrtsbüchlein für Santjago die Compostela, und wurde in späteren Auflagen mehr und mehr erweitert. Bis jetzt habe ich es noch in keiner Bibliothek aufzuspüren vermocht; es findet sich z. B. auch nicht in der Bibliothek des Prinzen Eugen der Wiener Hofbibliothek. Ich lege ihm, da die Route der Reit- boten sich in der Hauptsache doch an die alten Römerstrassen hielt, auch eine Bedeutung für die historische Geographie bei, insofern sich aus ihm -- im Zusammenhalt mit den gesammelten Inskriptionen -- der namhafteste Abmangel der Peutinger-Tafel ergänzen und das römische Strassennetz für Spanien rekon- struieren liesse.
III.
Ich erwähnte schon oben die philologische Bedeutung des Herba'schen Büchleins. Zu jener Zeit nämlich vollzieht sich die Verlegung der Hauptseite des Postwesens von dem Boten- ritt in die Bureauthätigkeit, und demgemäss der Gebrauch des Wortes "posta" im tropischen Sinne. Die Juristen jener Tage neigen dazu, das Wort aus dem französischen abzuleiten, um eine Anlehnung an das Regal Ludwigs XI. zu gewinnen; so sagt z. B. Johann Calvinus in seinem 1622 zu Köln er- schienenen "Lexicon juridicum", den cursus nenne man "voce gallica postas". Etymologisch allerdings ist es wohl richtiger, das Wort aus dem Lateinischen abzuleiten: "positae" (scil. man-
die Seiten 103—152 davon, dass dieselben eine blosse Abschrift sind: augenscheinlich lag Herba ein spanisches Original- werk vor, aus dem er die Idee der Buch-Anlage schöpfte und 65 Seiten abschrieb.
Diese Hypothese erscheint um so wahrscheinlicher, wenn man bedenkt, dass das Verbindungsglied zwischen den Itiner- arien der spätrömischen und denen der neueren Zeit gerade in Spanien zu suchen ist; so teilen z. B. spanische Urkunden noch aus den Jahren 1177, 1035, 947 und 829 über verschiedene Königsreisen ein genaues Routenverzeichnis mit (»pergit per illa vereda antiqua« heisst es u. a. in der Urkunde von 829 s. Matthias, über Posten 1832 S. 173).
Das spanische Original war, wie ich vermute, ursprünglich ein Wallfahrtsbüchlein für Santjago die Compostela, und wurde in späteren Auflagen mehr und mehr erweitert. Bis jetzt habe ich es noch in keiner Bibliothek aufzuspüren vermocht; es findet sich z. B. auch nicht in der Bibliothek des Prinzen Eugen der Wiener Hofbibliothek. Ich lege ihm, da die Route der Reit- boten sich in der Hauptsache doch an die alten Römerstrassen hielt, auch eine Bedeutung für die historische Geographie bei, insofern sich aus ihm — im Zusammenhalt mit den gesammelten Inskriptionen — der namhafteste Abmangel der Peutinger-Tafel ergänzen und das römische Strassennetz für Spanien rekon- struieren liesse.
III.
Ich erwähnte schon oben die philologische Bedeutung des Herba’schen Büchleins. Zu jener Zeit nämlich vollzieht sich die Verlegung der Hauptseite des Postwesens von dem Boten- ritt in die Bureauthätigkeit, und demgemäss der Gebrauch des Wortes »posta« im tropischen Sinne. Die Juristen jener Tage neigen dazu, das Wort aus dem französischen abzuleiten, um eine Anlehnung an das Regal Ludwigs XI. zu gewinnen; so sagt z. B. Johann Calvinus in seinem 1622 zu Köln er- schienenen »Lexicon juridicum«, den cursus nenne man »voce gallica postas«. Etymologisch allerdings ist es wohl richtiger, das Wort aus dem Lateinischen abzuleiten: »positae« (scil. man-
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die Seiten 103—152 davon, dass dieselben eine blosse Abschrift
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werk vor, aus dem er die Idee der Buch-Anlage schöpfte und
65 Seiten abschrieb.
Diese Hypothese erscheint um so wahrscheinlicher, wenn
man bedenkt, dass das Verbindungsglied zwischen den Itiner-
arien der spätrömischen und denen der neueren Zeit gerade in
Spanien zu suchen ist; so teilen z. B. spanische Urkunden noch
aus den Jahren 1177, 1035, 947 und 829 über verschiedene
Königsreisen ein genaues Routenverzeichnis mit (»pergit per
illa vereda antiqua« heisst es u. a. in der Urkunde von 829 s.
Matthias, über Posten 1832 S. 173).
Das spanische Original war, wie ich vermute, ursprünglich
ein Wallfahrtsbüchlein für Santjago die Compostela, und wurde
in späteren Auflagen mehr und mehr erweitert. Bis jetzt habe
ich es noch in keiner Bibliothek aufzuspüren vermocht; es findet
sich z. B. auch nicht in der Bibliothek des Prinzen Eugen der
Wiener Hofbibliothek. Ich lege ihm, da die Route der Reit-
boten sich in der Hauptsache doch an die alten Römerstrassen
hielt, auch eine Bedeutung für die historische Geographie bei,
insofern sich aus ihm — im Zusammenhalt mit den gesammelten
Inskriptionen — der namhafteste Abmangel der Peutinger-Tafel
ergänzen und das römische Strassennetz für Spanien rekon-
struieren liesse.
III.
Ich erwähnte schon oben die philologische Bedeutung
des Herba’schen Büchleins. Zu jener Zeit nämlich vollzieht sich
die Verlegung der Hauptseite des Postwesens von dem Boten-
ritt in die Bureauthätigkeit, und demgemäss der Gebrauch
des Wortes »posta« im tropischen Sinne. Die Juristen jener
Tage neigen dazu, das Wort aus dem französischen abzuleiten,
um eine Anlehnung an das Regal Ludwigs XI. zu gewinnen;
so sagt z. B. Johann Calvinus in seinem 1622 zu Köln er-
schienenen »Lexicon juridicum«, den cursus nenne man »voce
gallica postas«. Etymologisch allerdings ist es wohl richtiger,
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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/202>, abgerufen am 07.07.2024.
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